Weißt Du wieviel Sternlein stehen?

29.04.2019

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In vielen Fällen vergeben anonyme Nutzer ohne Begründung nur schlechte Schulnoten oder einen von mehreren Sternen, um ein Unternehmen oder dessen Produkte negativ zu bewerten. Das zieht erst einmal den Bewertungsschnitt und damit die Reputation eines Unternehmens nach unten. Grundsätzlich sind derartige Bewertungen zulässige Meinungsäußerungen. Im Einzelfall kann jedoch eine Rechtsverletzung begründet sein. So hatte das Landgericht Hamburg Google verurteilt, eine unkommentierte Ein-Stern-Bewertung eines Restaurants zu löschen, weil Google seiner Pflicht nicht nachgekommen sei zu klären, ob tatsächlich ein Restaurantbesuch stattgefunden hat, auf den die Bewertung hätte gestützt werden können. Ähnlich sah es das Landgericht Lübeck. Hier war wieder ein Arzt erfolgreich, der beanstandet hatte, dass Google nicht geprüft habe, ob der anonyme Nutzer tatsächlich als Patient Leistungen des Arztes in Anspruch genommen hatte. In beiden Fällen hatte Google seine Prüfpflicht verletzt. Tauchen negative Bewertungen im Internet auf, dann sollte dem nachvollziehbaren Bedürfnis nach dem schnellen Schuss nicht nachgegeben werden. Wer etwa auf der Plattform selbst Bewertungen sogleich unmittelbar kommentiert, läuft Gefahr, eine Spirale zu provozieren, an deren Ende der Reputationsschaden nur noch größer ist. Gleichermaßen sollte vermieden werden, Bewertungen bei dem Betreiber des Portals pauschal zu beanstanden, ohne im Detail auszuführen, woraus eine Rechtsverletzung abgeleitet werde. Das begründet keine Prüfpflichten und kann dazu führen, dass die Möglichkeit, im einstweiligen Rechtsschutz eine schnelle gerichtliche Entscheidung zu erlangen, abgeschnitten wird. Entscheidend ist, dass der Betreiber einer Plattform so zügig und so ausführlich und wohl begründet wie möglich darüber informiert wird, warum eine Bewertung Rechte verletzt. Erst dann entstehen dessen Prüfpflichten und erst dann können gegebenenfalls Rechte gegen ihn selbst schnell und erfolgreich durchgesetzt werden.

Wenn eine inkriminierte Bewertung zugleich strafrechtliche Relevanz hat, kann es im Einzelfall zwar zeitintensiv, aber erfolgsversprechend sein, Strafanzeige zu erstatten, um im Wege der Einsicht in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft die Identität eines anonymen Nutzers in Erfahrung zu bringen. Dann könnte parallel gegen den Nutzer und gegen den Betreiber der Plattform vorgegangen werden.

Autor: Philipp von Mettenheim, Anwalt für Medienrecht, CBH Rechtsanwälte