"Widerstandsfähigkeit, die den Sektor zu einer besonders defensiven Anlageklasse macht"

12.06.2025

Prabal Sidana - Foto: Copyright Partners Group

Exklusiv

Prabal Sidana, Leiter des Geschäftsbereichs Liquid Private Markets und Portfoliomanager bei Partners Group, geht im exklusiven finanzwelt-Interview darauf ein, was den Charme von Listed Infrastructure ausmacht. Auch beantwortet er die Frage, wie sich das Sondervermögen der Bundesregierung auf diese Assetklasse auswirken könnte. 

finanzwelt: Welche Impulse sind vom Sondervermögen der Bundesregierung für den Bereich Listed Infrastructure zu erwarten?

Prabal Sidana: Zwar werden die Einzelheiten sowie die konkrete Mittelverwendung des Sondervermögens der Bundesregierung derzeit noch ausgearbeitet, doch zeichnet sich bereits eine erste Schwerpunktsetzung ab. So sollen rund 20 Prozent des Volumens – etwa 100 Milliarden Euro – in die Energiesicherheit und den Ausbau erneuerbarer Energien investiert werden. Geplant sind unter anderem Investitionen in den Aufbau intelligenter Netze sowie die Modernisierung bestehender Infrastrukturen. Auch Unternehmen, die sich auf den Bau und Betrieb von Energieinfrastrukturen wie Batteriespeichern spezialisiert haben, sollen von diesen Mitteln profitieren. Ein weiterer Investitionsschwerpunkt des Sondervermögens liegt in den Bereichen Verkehr und digitale Infrastruktur. In diesen Segmenten sind wir beispielsweise über Beteiligungen an europäischen Mautstraßen, Flughäfen, Datenzentren und Kommunikationstürmen engagiert – Infrastrukturen, die in besonderem Maße von den angekündigten Maßnahmen profitieren dürften. Mit Vinci und Elia halten wir zudem zwei Unternehmen im Portfolio, bei denen wir davon ausgehen, dass sie unmittelbar von den Investitionen der Bundesregierung positiv betroffen sein werden.

finanzwelt: Wie beeinflussen Geldpolitik und Inflation die Entwicklung von Listed Infrastructure?

Sidana: Tatsächlich stellen die globalen Zinsperspektiven einen wichtigen Schlüsselfaktor für das Segment dar. Infrastrukturprojekte sind typischerweise in der Angangsphase kapitalintensiv und stark fremdfinanziert, weshalb Veränderungen im Zinsumfeld unmittelbare Auswirkungen auf die Bewertung haben können. Sinkende Zinsen wirken sich dabei positiv auf die Finanzierungskosten aus und entfalten eine überproportional starke Wirkung auf langfristige Vermögenswerte – dazu zählt auch Listed Infrastructure. Gleichzeitig zeigen historische Daten, dass Listed Infrastructure auch in Zeiten steigender Zinsen eine bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit bewiesen hat. Als langfristig orientierte Anlageklasse verfügen viele Infrastrukturunternehmen über erhebliche Preissetzungsmacht, die es ihnen ermöglicht, inflationsbedingte Kostensteigerungen in der Regel an die Endkunden weiterzugeben.

Zwar haben Phasen steigender Zinsen in der Vergangenheit häufig zu einer verstärkten Allokation in Anleihen geführt, dennoch bleibt Listed Infrastructure mit seinen stabilen Cashflows und inflationsgeschützten Ertragsprofilen eine widerstandsfähige Anlagealternative. Auch bei einer steigenden Inflation gelten Investitionen in Listed Infrastructure als eine solide Absicherung.

finanzwelt: Worin liegen die zentralen Stärken von Listed Infrastructure im Vergleich zum breiten Aktienmarkt?

Sidana: Eine der zentralen Eigenschaften von Listed Infrastructure ist ihre ausgeprägte Widerstandsfähigkeit, die den Sektor zu einer besonders defensiven Anlageklasse macht. Unabhängig von kurzfristigen Markttrends oder technologischen Umbrüchen bleibt die Nachfrage nach essentiellen Infrastrukturen – etwa in den Bereichen Wasser, Strom und Schienenverkehr – dauerhaft stabil. Zurzeit sind auch die Bewertungen innerhalb dieser Anlageklasse sehr attraktiv.

Dies wird besonders deutlich beim Vergleich der Bewertungsspanne zwischen breit diversifizierten Indizes wie dem S&P 500 und dem Kernsegment börsennotierter Infrastruktur, die derzeit viermal unter dem EV/EBITDA-Multiplikator des S&P 500-Index liegt und damit den höchsten Abstand seit Beginn des Jahrhunderts markiert.

Zu den weiteren überzeugenden Merkmalen von Listed Infrastructure zählen eine hohe Ertragstransparenz, ein stabiler Free-Cashflow, ein verlässliches Dividendenwachstum sowie operativ starke hohe Margen im Vergleich zu anderen Sektoren.

finanzwelt: Worauf sollten Anleger bei Investments in börsennotierte Infrastrukturanlagen besonders achten?

Sidana: Da es sich bei börsennotierten Infrastruktur Unternehmen in der Regel um regionale Monopole handelt, sollten Investoren immer auch die regulatorischen sowie politischen Risiken im Auge behalten. Denn hier können sich Veränderungen besonders stark auf den Sektor auswirken. Gleichzeitig gelten börsennotierte Infrastrukturanlagen aufgrund ihrer stabilen Cashflows als langfristig ausgerichtete Investments. Kurzfristige Marktschwankungen – etwa infolge steigender Zinsen – sollten daher nicht überbewertet werden.  Wie bei allen Assetklassen ist zudem eine breite Diversifikation über unterschiedliche Sektoren sowie Regionen sinnvoll. So entfallen in unserer Listed Infrastructure Strategie ein Großteil der Investments traditionell auf Nordamerika, Westeuropa und UK. Zugleich sind wir aber auch in verschiedenen Schwellenländern und Australien allokiert. Eine solch breite Diversifikation kann aktiv dazu beitragen, regionale Volatilität aufzufangen und minimiert das Klumpenrisiko.

finanzwelt: Welche Teilbereiche der Listed Infrastructure – etwa Versorger, Transport, Telekommunikation oder soziale Infrastruktur – gelten derzeit als besonders attraktiv?

Sidana: Die Kommunikationsinfrastruktur ist aktuell besonders interessant. Obwohl die Erträge weiterhin stabil gewachsen sind, verlief die Performance in diesem Bereich in den letzten anderthalb Jahren eher schwach. Der Ausbau von 5G-Netzen sowie zunehmende Investitionen in Rechenzentren bieten vielversprechende Wachstumschancen, zumindest für das nächste Jahrzehnt. Auch spezialisierte Infrastrukturbereiche wie Bahninfrastruktur und Abfallwirtschaft – insbesondere in den USA – bleiben interessante Segmente für Investoren. Darüber hinaus bieten erneuerbare Energien und klassische Energieinfrastrukturen weiterhin vielversprechende Anlagemöglichkeiten, nicht zuletzt im Kontext geopolitischer Entwicklungen wie dem Krieg in der Ukraine oder politischer Maßnahmen, wie dem Sondervermögen der Bundesregierung. Von einem seit der Pandemie gesteigerten Reiseaufkommen im privaten Bereich profitieren zudem Mautstraßen- und Flughafenbetreiber. Diese beiden Subsektoren hatten erheblich unter den strengen Corona-Auflagen und dem Rückgang der Mobilität zu leiden, erleben aber aktuell wieder steigende Aufträge. Im Öl- und Gassektor ist Vorsicht geboten; Investoren sollten ihren Fokus bevorzugt auf „Midstream“-Unternehmen legen, die die essenziellen Pipelines für den Transport von Rohöl und Gas betreiben. Diese Firmen schließen normalerweise langfristige Transportverträge mit den Energiekonzernen ab – meist über rund 15 Jahre. Dadurch sind ihre Umsätze weitgehend unabhängig von kurzfristigen Schwankungen der Fördermengen oder Energiepreise. Zudem werden diese Verträge regelmäßig an die Inflation angepasst, was zusätzliche Planungssicherheit gewährleistet. (ah)