Wie geht es den deutschen Lebensversicherern?
04.09.2025

Foto: Julia Wiens, Exekutivdirektorin Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht © BaFin/Matthias Sandmann
BaFin-Exekutivdirektorin Julia Wiens hat beim Handelsblatt Strategiemeeting Lebensversicherung am 4. September 2025 die Lage der deutschen Lebensversicherer bewertet. Sie stellte dabei am 4. September 2025 auch die aktuellen Prioritäten der Aufsicht vor.
Bisher sehe die BaFin keine wesentlichen Auswirkungen des volatilen Marktumfelds auf die Risikotragfähigkeit der Unternehmen, betonte Julia Wiens. In den letzten Jahren sei jedoch deutlich geworden, wie stark sich Veränderungen der Marktzinssätze auf die Lebensversicherer auswirken können. „Trotzdem ist die Lage aktuell insgesamt robust – und in vielen Fällen sogar gut“, erklärte die Exekutivdirektorin für Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht.
Kundennutzen bleibt im Fokus der BaFin
Neben der wirtschaftlichen Lage der Lebensversicherer adressierte Wiens das Thema Kundennutzen und ging auf das vorgeschriebene Produktfreigabeverfahren ein. Dabei müssten Produkthersteller den Zielmarkt ihrer Produkte definieren; also die Kundinnen und Kunden, an die ein Produkt vertrieben werden soll. Wiens erläuterte, dass manche Unternehmen sehr breite Definitionen verwenden, die annähernd alle Menschen umfassen. „Wer seinen Zielmarkt so weit definiert, muss sicherstellen, dass sein Produkt solch unterschiedlichen Bedürfnissen Rechnung trägt. Nur dann kann es einen angemessenen Kundennutzen bieten.“ Stellten Versicherer fest, dass viele Kundinnen und Kunden des Zielmarkts ihren Vertrag frühzeitig auflösen möchten, müssten sie den Zielmarkt oder das Produkt anpassen.
Des Weiteren kündigte Wiens an, dass sich die BaFin auch mit dem Kundennutzen in der Rentenbezugsphase befasse. Hier stelle sich unter anderem die Frage, ob die gezahlten Rentenleistungen in einem angemessenen Verhältnis zum aufgewendeten Kapital stehen.
Künstliche Intelligenz braucht adäquate Governance
Weit oben auf der Agenda der Versicherungsaufsicht steht auch das Thema Künstliche Intelligenz. „Die Technik entwickelt sich rasend schnell. Und auch die Regulierung macht Fortschritte. Mit der KI-Verordnung haben wir in Europa einen weiteren regulatorischen Rahmen, der Rechtssicherheit schaffen soll“, sagte Wiens. Auf europäischer Ebene würden gerade Hilfestellungen für die praktische Umsetzung der KI-Verordnung erarbeitet, daran sei auch das Digital Finance Steering Committee der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung EIOPA beteiligt, das Wiens seit Juli leitet. „Bei unserer Arbeit geht es unter anderem darum, offene Aspekte der KI-Verordnung zu klären. Und darum, KI-Systeme auch in die bestehende Regulierung wie Solvency II oder DORA einzuordnen“, erläuterte die Aufseherin. Die aktuellen Regelwerke seien bereits eine gute Basis für die Aufsicht über KI.
Ein Thema war Wiens besonders wichtig: „Nämlich, dass Unternehmen für all ihre KI-Systeme eine adäquate Governance und ein adäquates Risikomanagement haben.“ Sie unterstrich: „Wir stehen Innovationen positiv gegenüber – Innovationen, die die Finanzstabilität nicht gefährden. Und die Kundinnen und Kunden nutzen. Das haben wir auch in unseren Zielen für die Jahre 2026 bis 2029 festgehalten.“
BaFin begrüßt Erleichterungen für kleinere Versicherer
Die Leiterin der Versicherungsaufsicht begrüßte zudem, dass der Solvency-II-Review das Proportionalitätsprinzip stärker berücksichtigt. „Das ist gerade für den deutschen Versicherungssektor sehr wichtig.“ Sie erklärte, dass künftig alle Versicherer Erleichterungen in Anspruch nehmen könnten, die als sogenannte Small and Non-Complex Undertakings (SNCUs) klassifiziert sind. Andere Unternehmen, die nicht als SNCU eingestuft sind, könnten ebenfalls Erleichterungen anwenden – vorausgesetzt ihr Risikoprofil lasse das zu. Wiens unterstrich, dass die BaFin den Spielraum nutzen werde, den die überarbeitete Richtlinie eröffne. „Solvency II bietet einige Möglichkeiten der prinzipienbasierten Aufsicht. Diese wollen wir grundsätzlich stärker ausschöpfen.“
Hier die vollständige Rede von Julia Wiens

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