Allianz Trade Studie: Unternehmen verschieben Handelsströme wegen Zöllen
11.09.2025

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Keine (Sommer-)Pause für den Handelskrieg: Auch wenn sich die Europäische Union (EU) und die USA zuletzt auf ein Abkommen geeinigt haben, schießen in anderen Märkten und Branchen neue Zollankündigungen aus dem Boden. Der effektiv erhobene durchschnittliche US-Zollsatz fiel im Juli mit 10 % zwar niedriger aus als erwartet (13 %), dürfte aber in Zukunft auf durchschnittlich etwa 14 % steigen nach den aktuellen Schätzungen des weltweit führenden Kreditversicherer Allianz Trade. Dass dieser Zollsatz nicht noch höher ausfällt liegt dem Versicherer zufolge daran, dass die Unternehmen neue Wege gehen und die Diversifizierung ihrer Lieferketen vorantreiben.
„Die ständigen Veränderungen bei den Zöllen hält die Unternehmen weltweit in Atem und die Unsicherheit ist gekommen, um zu bleiben“, sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Allerdings sitzen die Unternehmen nicht untätig da, sondern suchen aktiv nach alternativen Lösungen. Dadurch verschieben sich Handelsströme und Lieferketten.“
US-Unternehmen importierten beispielsweise deutlich weniger aus China (9 % der Gesamtimporte im Juli 2025 gegenüber 14 % im Jahr 2024) und dafür deutlich mehr aus Märkten mit niedrigeren US-Zöllen wie Südostasien, Indien und Taiwan (zusammen 24 % im Juli 2025 gegenüber 17 % im Jahr 2024). Infolgedessen war der effektive Zollsatz im Juli niedriger als erwartet. Diese Entwicklung dürfte sich nach Erwartungen von Allianz Trade fortsetzen, so dass im September ein durchschnittlicher effektiver Zollsatz von 14 % anfallen dürften. Ohne die Diversifizierung der Unternehmen läge dieser indes bei 17 %.
„Allerdings ist der Spielraum für eine weitere Diversifizierung der Lieferketten ohne größere Investitionszusagen begrenzt“, sagt Ana Boata, Head of Economic Research bei Allianz Trade. „Außerdem stehen weitere Produkte auf der US-Untersuchungsliste. Sollten bei diesen bis zum Jahresende deutlich höhere Zölle beschlossen werden, könnte der durchschnittliche US-Zinssatz noch weiter steigen. Schon jetzt ist es eine große Belastung für die Unternehmen – und eine Verschnaufpause ist nicht abzusehen.“
Der effektive US-Zollsatz für Importe aus der EU liegt derzeit bei 13 % (gegenüber 10 % im Juni und 1 % im Jahr 2024). Er dürfte auf durchschnittlich 12 % sinken, sobald die Zölle auf EU-Autos gesenkt werden (von dem für die meisten Länder geltenden Satz von 27,5 % auf 15 %). Dies hängt wiederum von der Genehmigung des Abkommens im Europäischen Parlament ab und davon, dass die EU die Zölle auf US-Industriegüter abschafft und einer breiten Palette von Agrar- und Meeresfrüchteprodukten einen bevorzugten Marktzugang gewährt – wozu einige Mitgliedstaaten bereits Bedenken geäußert haben.
„Es bleibt also spannend“, sagt Boata. „Die Genehmigung des Abkommens dürfte den europäischen Unternehmen möglicherweise helfen, die in diesem Jahr bisher verlorenen Marktanteile in den USA (-2 Prozentpunkte) zurückzugewinnen, insbesondere bei Flugzeugen und Flugzeugteilen sowie Halbleiterausrüstung. Vor allem aber für die europäischen Automobilhersteller wäre es eine große Erleichterung, da die wirtschaftliche Unsicherheit und die neuen Zölle in der ersten Hälfte des Jahres 2025 zu einem deutlichen Rückgang der europäischen Autoexporte geführt hatten.“
Laut der jüngsten Branchenrisikoanalyse von Allianz Trade sind die Risiken im Automobilsektor weltweit im ersten Halbjahr 2025 gestiegen. Die deutschen Autoexporte in die USA gingen im ersten Halbjahr 2025 um 7 % gegenüber dem Vorjahr zurück. Trotz der Senkung auf 15 % bleiben die Zölle jedoch deutlich höher als der zuvor geltende Satz von 2,5 %, was für die Automobilhersteller weiterhin einen erheblichen Verlust bedeutet. (mho)

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