Das „neue Normal“? Reorganisation am laufenden Band

08.08.2025

Prof. Dr. Georg Kraus, Prof. Dr. Henning Werner. Fotos: © privat/PRofilBerater

Interne und externe Berater verschaffen nur partiell Entlastung

Von den Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten, von denen Führungskräfte an der Befragung teilnahmen (28 Prozent), hatten nahezu alle ein Inhouse-Consulting und/oder ein internes Reorganisationsteam. Deren Existenz bzw. die Zusammenarbeit mit ihnen hat laut Aussagen der Befragungsteilnehmer bei Reorganisationsprojekten folgende Vorzüge:

- eine beschleunigte Entscheidungsfindung aufgrund interner Fach- und Prozesskenntnisse,- ein besseres Verständnis der Unternehmenskultur und -strukturen und- eine höhere Akzeptanz bei den Mitarbeitenden aufgrund der Kollegialität der Berater.

Ungeachtet dessen wurde der Beitrag des InhouseConsultings zum Projekterfolg – erneut auf einer FünferSkala – jedoch nur mit einem Mittelwert von 2,88, also etwas schlechter als voll befriedigend, bewertet.

Als zentrale Aufgaben, die externe Unternehmensberatungen bei Reorganisationen übernehmen sollten, wurden genannt:

- strategische Beratung (29 Prozent),- Analysen liefern (19 Prozent),- operative Unterstützung (25 Prozent) sowie- Change-Management und Coaching (24 Prozent) Ihr Beitrag zum Projekterfolg wurde gemittelt mit einem Wert von 3,35 – also zwischen befriedigend und gut – bewertet.

Erstaunlich positiv wirkten sich die Reorganisationen aus Sicht der Befragten auf die Unternehmenskultur aus (also zum Beispiel auf solche Faktoren wie die Zusammenarbeit, Innovationsfreude und das Vertrauensniveau). 13,1 Prozent stuften diese als „sehr positiv“ und 53,6 Prozent als „eher positiv“ ein; nur 9,3 Prozent hingegen als „eher negativ“ und gar nur 1,1 Prozent als „sehr negativ“.

Hierbei gilt es jedoch zu bedenken, dass an der Onlinebefragung nahezu ausschließlich mittlere und obere Führungskräfte teilnahmen. Dies gilt es auch bei den Antworten auf die Frage zu bedenken „Wie schätzen Sie die Auswirkungen der Reorganisation auf die Mitarbeiterbindung (Fluktuation, Zufriedenheit) ein?“. Diese stuften die Teilnehmer auf einer Fünfer-Skala (1 = deutlich verschlechtert, 5 = deutlich verbessert) mit 3.48 ein – also eher positiv ein.

Charakter der Reorganisationsprojekte verändert sich

Fast die Hälfte der Befragungsteilnehmer erwartet, dass die Zahl der Reorganisationsmaßnahmen und -projekten in ihren Unternehmen in den kommenden zwei Jahren weiter steigt (48 Prozent). Als künftige inhaltliche Schwerpunkte dieser Projekte erachten sie

- Anpassung des Geschäftsmodells (84,2 Prozent),- Kostensenkung und Effizienzsteigerung (73,8 Prozent),- Digitalisierung (67,4 Prozent),- Prozessoptimierungen (62,7 Prozent),- Anpassungen des Organisationsdesigns (54,3 Prozent),- Anpassung des Footprints (z.B. Standortverlagerungen – 32,9 Prozent)

Hierin lässt sich aufgrund der stark veränderten (welt)wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen sowie der rasanten technologischen Entwicklung – nicht nur im IT-Bereich – eine Fokusverlagerung der Reorganisationsprojekte erkennen und zwar weg von einer primär angestrebten Kostensenkung und Effizienzsteigerung hin zu einem Redesign der Geschäftsmodelle der Unternehmen.

Kulturveränderung gewinnt bei Projekten an Bedeutung

Hieraus dürften auch neue Anforderungen an das Change-Management erwachsen, da

- mit diesen Projekten stets auch eine partielle strategische Neuausrichtung der Unternehmen einhergeht und- diese viel stärker auch eine Kulturveränderung erfordern als die klassischen Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprojekte, mit deren Durchführung die meisten Unternehmen schon eine gewisse Routine entwickelt haben.

Entsprechend wichtig ist es, dass bei ihnen die drei Dimensionen Strategie, Struktur und Kultur und deren Wechselwirkungen ausreichend mitbedacht werden, damit sich das System Unternehmen wie gewünscht entwickelt und die Projektziele erreicht werden.

Gastbeitrag von Prof. Dr. Georg Kraus, Inhaber der Unternehmensberatung Kraus & Partner, und Prof. Dr. Henning Werner, Professor für Transformation, Restrukturierung & Sanierung an der SRH Hochschule Heidelberg.