Der Spagat zwischen ESG-Risiken und SDG-Wirkungen
20.10.2025

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Green und Social Bonds sind beliebt, da mit diesen Anleihen konkrete nachhaltige Projekte finanziert werden, die messbare positive Wirkungen auf Nachhaltigkeitsziele erreichen. Wir zeigen, warum es für Emittenten wichtig ist, relevante Standards einzuhalten und worauf Investoren achten sollten.
Die ICMA (The International Capital Market Association) hat mit den Green Bond Principles bereits 2014 weltweit gültige und effektive Standards gesetzt. Es folgten die Social Bond Principles (SBP) und Sustainability Bond Guidelines (SBG) im Jahr 2017. In 2020 wurden die Sustainability-Linked Bond Principles (SLBP) veröffentlicht. Die Green Bond Principles (GBP) sollen Emittenten bei der Finanzierung umweltverträglicher und nachhaltiger Projekte unterstützen. Mit der Vorgabe, dass Emittenten über die Verwendung der Erlöse aus grünen Anleihen Bericht erstatten, fördern die GBP-Transparenz und erleichtern somit die Verfolgung der Mittelverwendung. Weiterhin wird ein besserer Einblick in die geschätzten Auswirkungen der Projekte ermöglicht.¹
2023 führte das Europäische Parlament die EU Green Bond Standards ein.² Diese basieren auf der EU-Taxonomie. Die finanzierten Projekte müssen einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem der Umweltziele der Taxonomie leisten. Diese Ziele sind Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, die Reduktion oder besser Vermeidung von Verschmutzung und Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme. Darüber hinaus dürfen die Akteure und Projekte keinen erheblichen Schaden anrichten, müssen ein Mindestmaß an sozialen Standards bieten und technische Prüfkriterien wie Emissionsgrenzen erfüllen.³ Eine soziale EU-Taxonomie fehlt noch immer. Investoren orientieren sich in diesem Bereich an den Artikel 2 Nt. 17 SFRD, der auch soziale Ziele beinhaltet. Leider fehlen hier die klaren quantitativen Grenzwerte, die Entscheidungen aller Beteiligten erleichtern.
Ein dritter Weg zum Nachweis der Nachhaltigkeit ist die Messung und Berichterstattung zu den sogenannten Principle Adverse Indicators (PAIs). Diese 14 Kennzahlen sind klar definiert, messbar und hoch relevant. Ich kann jedem Emittenten unabhängig von Größe und Standort sehr empfehlen, schnellstmöglich mit der Messung und Berichterstattung dieser PAIs zu beginnen. Zusätzlich zu diesen Standards wird empfohlen, Experten heranzuziehen, um Anwendungsfehler zu vermeiden, die zu Greenwashing-Vorwürfen führen können. Zu diesen Experten gehören (Green Bond) Rating Agenturen, aber auch Ersteller unabhängiger Second Party Opinions (SPOs) und geeignete Prüfer.⁴
Wie kann ein Investor einen eigenen Impact nachweisen? Reicht es aus, beispielsweise einen Green Bond hoher Qualität zu erwerben? Zielführend ist die Zeichnung von Neuemissionen, da hier mit „frischem Geld“ neue Projekte ermöglicht werden. Anspruchsvoll ist der Nachweis der Additionalität. Wäre dieses Projekt auch ohne diesen Investor finanziert worden und zustande gekommen? Ein Indiz könnte die Überzeichnung der Anleihe sein. Bei Überzeichnung der Anleihe ist der Anspruch auf eine erzielte Additionalität zweifelhaft.
Green Bond Neuemissionen aus Entwicklungsländern könnten eine Lösung sein, da diese häufig nicht überzeichnet sind oder sogar Mühe haben, das angestrebte Emissionsziel zu erreichen. Probleme bei diesen Emissionen sind häufig die schwache Bonität des Emittenten und des Herkunftslandes sowie möglicherweise Korruption und mangelnde Transparenz. Die angestrebten Projekte werden offensichtlich hohe positive Wirkungen auf die Nachhaltigkeitsziele erzielen, weisen aber oftmals leider geringe ESG-Qualitäten und Kontroversen auf. Es ist daher besonders wichtig, erfahrene und glaubwürdige Partner für derartige Emissionen zu finden. Dazu zählen u. a. Investmentbanken, die auch den Prospekt erstellen und Investoren suchen. Ratingagenturen, Second Party Opinion Provider und Wirtschaftsprüfer sollten auch nach der Emission das Projekt verfolgen und die Berichterstattung unterstützen bzw. prüfen und mögliche Schwächen aufzeigen. Mit diesen Kenntnissen könnten Investoren konstruktive Engagements starten und das Projekt möglicherweise zu einer noch besseren Nachhaltigkeit verhelfen.
Die Kosten für diese Partner sind notwendig, um die Qualität der Anleihe zu sichern, sind aber für viele dieser Emittenten zu hoch. Aufgrund dessen geht Vertrauen oftmals verloren oder kann nicht erst aufgebaut werden. Vielleicht könnten Entwicklungs- und Förderbanken nicht nur wirkungsvolle Anleihen selbst zeichnen, sondern sich auch an diesen Emissions-(Folge)-Kosten beteiligen. Das hilft, Informationsasymmetrien abzubauen und Marktfähigkeit zu schaffen. Damit könnten besonders wirkungsvolle Projekte auch in „exotischen“ Regionen mit erheblichem Kapitalmangel aufgrund dysfunktionaler lokaler Kapitalmärkte ermöglicht werden und interessierte Anleger in außergewöhnliche neue wirkungsvolle Projekte investieren, die Menschen und der Umwelt sehr zugutekommen.
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¹ICMA, https://www.icmagroup.org/sustainable-finance/theprinciples-guidelines-and-handbooks/green-bond-principlesgbp/, abgerufen am 23.6.2025.
²Europäische Union, 2023/2631, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L_202302631, abgerufen am 23.6.2025.
³ICMA Green Bond Principles vs. EU Green Bond Standard, https://bank.rbinternational.com/en/regulatory-fastlane/home/rbi-regulatory-fastlane/regulatory-learning1/sustainable-finance/Article-N6.html, abgerufen am 23.6.2025.
⁴ICMA,Guidelines-for-GreenSocialSustainability-and-Sustainability-Linked-Bonds-External-Reviews-February-2021-170221.pdf,https://www.icmagroup.org/assets/documents/Sustainable-finance/Guidelines-for-GreenSocialSustainability-and-Sustainability-Linked-Bonds-External-Reviews-February-2021-170221.pdf, abgerufen am 23.6.2025.
Ein Beitrag von Christoph Klein, Gründer und Managing Partner. ESG Portfolio Management GmbH

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