Die Zeit ist reif

19.03.2024

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Kaum eine Generation sorgt so sehr für Gesprächsstoff wie die Generation Z. Für die einen sind sie die Gesichter der verhassten Klimakleber-Bewegung, die anderen sehen in diesen jungen Menschen eine vielversprechende Zukunft mit einem unverzichtbaren Skill-Set. Es ist ein Generationenkonflikt, der seinesgleichen sucht: Es scheint kein Entweder/Oder zu geben, nur gespaltene Lager. Bedenkt man allerdings, dass die Generation der Babyboomer in den kommenden 15 Jahren in Rente gehen wird (DeStatis, September 2023), wird die Arbeitswelt sich mit Arbeitnehmern anfreunden müssen, die kein Blatt vor den Mund nehmen.

Die Generation Z scheut nicht davor zurück, für sich selbst und ihre Werte einzustehen. Sie ist vernetzter als vernetzt und das in einer Gesellschaft, deren Bundesnetzagentur im Januar 2023 noch einen neuen Fax-Dienstleister für die nächsten fünf Jahre gesucht hat. Arbeitgeber müssen also mehr auf das Silbertablett legen als nur den Obstkorb und das Job-Ticket. Eine Studie des Job-Portals Stepstone (September 2023) zeigt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich ihres Vorteils auf diesem sich wandelnden Arbeitsmarkt bewusst sind: 44 % der Befragten sehen für sich bessere Jobchancen, während 2020 gerade einmal 17 % dieser Ansicht waren. Der Arbeitnehmermarkt ist längst da und bedeutet auch im Fall von Gen Z, dass sie sich des Werts ihrer Arbeitskraft bewusst ist. Buchautor und Keynote Speaker Felix Behm hat sich auf diese Generation spezialisiert und weiß als ehemaliger Personaler in der Führungsebene auch, was ein Unternehmen ihr bieten können muss, um sie – sowie ihr Skill-Set – für sich zu gewinnen. In einem Vortrag mit dem Titel „Generation Z: Die Abrechnung! Oder doch Chance?“ thematisiert er die größten Ängste der Gen Z. Darunter Krieg und Terror, der Verlust eines Familienmitgliedes und unglücklich zu sein. Behm leitet daraus ab: „Glücklich zu sein, heißt auch Spaß zu haben. Spaß bei der Arbeit, beispielsweise.“ Die Arbeit müsse heutzutage Spaß machen, sonst wollen wir sie nicht ausüben. Im weiteren Verlauf des Vortrages heißt es, wer Leistung wolle, müsse Sinn bieten. Das ist ein ausschlaggebender Faktor in der Arbeit mit einer Generation, die sich mit den neuesten technischen Standards und mithilfe der weitreichenden sozialen Medien schneller und einfacher sozial engagieren kann. Das international agierende Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte zeigt in seinem Gen Z and Millennial Survey 2023 unter anderem: 43 % der Gen Z in Deutschland hat sich innerhalb eines Monats häufiger um den Klimawandel Sorgen gemacht. Diese 43 % stehen im Vergleich zu den 60 % der Gen Z weltweit, die dieser Aussage zustimmen. Entsprechend sind 49 % in Deutschland, beziehungsweise 60 % weltweit dazu bereit, mehr Geld zu bezahlen, wenn das Produkt nachhaltig ist. Klischees, wie die Gen Z sei faul, verwöhnt und verweichlicht können da nur auf die Generation zurückzuführen sein, die nicht unter denselben Umständen aufwächst – oder aufgewachsen ist – wie sie es heute tun.

Was ist so schlimm an dem Konzept der Work-Life-Balance? Anders formuliert: Warum ist die Gen Z gleich faul, nur weil sie anders arbeitet und mehr Zeit für die Familie und Freunde haben will? Es ist nichts neues, dass die ältere Generation die jüngere aufgrund ihrer Ansichten antagonisiert. Es gehört zum Lauf der Dinge, so ist es nun einmal mit Veränderung. Sie ist gewöhnungsbedürftig, aber man gewöhnt sich eines Tages auch daran und dann ist sie wieder Routine. Um die Gen Z als Arbeitnehmer oder Kunde für das Unternehmen zu gewinnen, muss Raum für sie geschaffen werden. Sie müssen sich ernst- und vor allem wahrgenommen fühlen. Klare Kommunikationswege und Transparenz sowie die Einbindung in Entscheidungen sind hier das Mittel der Wahl. Es geht schließlich um sie und ihre Meinung, es wäre also nur klug, ihnen die entsprechenden Kanäle zu bieten. Instant Feedback und kurze Wartezeiten auf eben dieses wäre ein Beispiel für besagte Kanäle.

In seinem Buch Generation Z – Ganz anders als gedacht listet Felix Behm außerdem erfolgreiche Branding-Wege auf, die Gen Z ansprechen, denn sie mache inzwischen 30 % der Konsumenten aus und kaufe vorwiegend online ein. „Marken, die klare gesellschaftliche und politische Standpunkte haben, sind bei Z-lern beliebter.“ Darunter fallen auch Punkte wie Tier- oder Umweltschutz, obwohl der Kaufpreis letztendlich nicht ganz außer Acht gelassen werden kann. Außerdem kann man heutzutage alles googlen, bevor man eine fundierte Entscheidung trifft. Und wenn es jemanden gibt, der sich digital zurechtfinden kann, dann die Gen Z. Sie heißen nicht umsonst Digital Natives. Unternehmen sind dazu verpflichtet, mit der Zeit zu gehen, wenn sie bestehen bleiben wollen. Mehr denn je bedeutet das auch, sich die Frage zu stellen: Was kann ich meinen Arbeitnehmern bieten und wie kann ich dafür sorgen, dass sie sich in meinem Unternehmen wohlfühlen? Für diesen Perspektivenwechsel muss man allerdings auch dazu bereit sein, seinem jüngeren Gegenüber entgegenzukommen und vielleicht seine vertraute Komfortzone für einen kurzen Augenblick zu verlassen. Am Ende können beide Seiten nur profitieren: Die neue Generation vom Mentoring und die vorangegangene von frischem Wind. (ml)