Ein Blick auf die Transformation

14.12.2023

Die Immobilienbranche verändert sich. Die Immobilienblase in China ist geplatzt, während in Deutschland Wohnungsnot herrscht und auch in Dublin die Miet- oder Kaufpreise die Decke zu sprengen scheinen. Wie entwickeln sich die Dinge anderswo rund um die Welt? finanzwelt wirft einen Blick auf die Transformation.

„Kein Mensch ist eine Insel“, erklärte bereits der Geistliche John Donne in seiner Predigt im 17. Jahrhundert. Das Sprichwort zeigt bis heute genau das auf: Nichts geschieht abgeschieden vom großen Ganzen und alles steht miteinander in Verbindung. Auf die Finanzbranche bezogen ist die große, weite Welt im Grunde genommen ein gigantischer Markt. Die Märkte haben Einfluss aufeinander und dank des Internets ist nichts mehr zwingend geografisch begrenzt. Die Inflation hat sich entsprechend nicht nur in Deutschland festgebissen. Genauso wenig, wie das mit der Immobilienkrise der Fall ist. Nur schleppend lässt sich die Rückkehr eines gewissen Gleichgewichts in den Zinsen erkennen. Sie bleiben allerdings weiterhin hoch und die Wunsch-Immobilie wird sich ein wenig gedulden müssen. Es sei denn, man akzeptiert den Stand der Dinge und entscheidet sich dennoch für das Traumhaus.

Die Schockstarre

„Wir erleben spannende Zeiten an den Immobilienmärkten“, weiß Klaus Speitmann, Leiter Vertrieb der Swiss Life Kapitalverwaltungsgesellschaft. Gerade in solchen Zeiten ergäben sich interessante Chancen für Anleger. Der Anstieg der Zinsen im Rekordtempo im Jahr 2022 führte zu realen Konsequenzen für die Assetklasse der Immobilien. Speitmann beschreibt die Lage an den Transaktionsmärkten als relative Schockstarre. „Käufer und Verkäufer müssen preislich erst wieder zusammenfinden.“ Bis dahin sprechen die Zahlen: Die Immobilien-Umfrage von Universal-Investment (Oktober 2023) zeigt, dass sich 69 % der Immobilien in institutionellen Bestandsportfolios in Deutschland befinden. Es ist zu erwarten, dass dieser Satz um 12 Prozentpunkte, also auf 57 % sinken wird. Im europäischen Ausland liegen 23 % der bestehenden Immobilien, in Nordamerika sind es 5 % und in der Asien-/Pazifik-Region 3 %. Im europäischen Ausland, so das Ergebnis der Umfrage, wird künftig mit einer Allokation von 26 % gerechnet. In Nordamerika und Asien/Pazifik soll die Zahl auf jeweils 9 % und 6 % steigen, beziehungsweise ausgebaut werden. Das Interesse an Schwellenländern fürs Portfolio bleibt dagegen weiterhin sehr gering. „In einer der herausforderndsten Marktphasen der letzten Dekade bleiben Immobilien ein wichtiges Fundament der meisten institutionellen Portfolios“, kommentiert Axel Vespermann, Head of Real Estate von Universal-Investment die Zahlen. Die Fondsinitiatoren müssten sich auf einen Megatrend einstellen, da das europäische Ausland weiter an Gewicht gewinne. Es gelte, die „bunteren Portfolios“ und die damit einhergehende Komplexität professionell zu managen – sei es durch hauseigene oder durch gezieltes Heranziehen externer Expertise. Das betreffe Transaktionen, laufendes Asset Management sowie auch Strukturierungs- und Steuerfragen.

Klaus Speitmann glaubt sogar, Bestandshalter profitierten von der derzeitigen Lage und das Zinsniveau sei nicht per se problematisch. Es habe in vergangenen Zeiten deutlich höher gelegen, weshalb Bestandsimmobilien entsprechend gut mit dem neuen Zinsumfeld umgehen könnten. „Weniger zusätzliches Flächenangebot bedeutet eine stabilisierende Wirkung auf die Mietcashflows bestehender Immobilien – und damit den Wert der Investments von Anlegern.“

Der Cashflow

Ein diversifiziertes Portfolio ist das A und O. Es bietet Sicherheit und hält die Investition in Bewegung, so dass die Wahrscheinlichkeit für eine gute Rendite höher ist. Auch die Swiss Life Kapitalverwaltungsgesellschaft investiert das Geld ihrer Anleger europaweit diversifiziert. Skandinavien, die Niederlande, Irland und Frankreich werden beispielsweise gerade für Ankaufs-Möglichkeiten zu günstigeren Preisen geprüft. „Gewohnt wird bekanntlich immer, und gerade in Ballungsräumen fehlt eigentlich in allen OECD-Ländern Wohnraum“, so Speitmann über das resiliente Wohnungssegment. So resilient wie das Segment, so robust die Mietpreisentwicklung. Insbesondere Teilsegmente des Marktes würden zunehmend interessant, wie etwa studentisches Wohnen. Diese stark wachsende Nische brauche eine zentrale Lage und einen speziellen Flächenzuschnitt und andere Standortfaktoren. „Entsprechende Objekte sind noch viel zu rar gesät und damit enorm nachgefragt.“ Die Umfrage von Universal-Investment platziert das Bürosegment als in der bestehenden Allokation am gefragtesten unter den Teilnehmern in diesem Jahr. Mit durchschnittlich 40 % liegt es nur leicht unter dem Vorjahreswert von 41,4 %. Es folgt die Nutzungsklasse Einzelhandel mit 18 %, Wohnen mit 16,3 % und Logistik mit 13 %.

Für künftige Investitionen verschieben sich die Zahlen zugunsten des Wohnsegments mit einem Plus von 7,7 Prozentpunkten, ähnlich verhält es sich bei beispielsweise Ärztehäusern mit sieben Prozentpunkten. Büroobjekte verzeichnen ein Minus von zwölf Prozentpunkten und Einzelhandel ein Minus von vier Prozentpunkten. Der Vorjahreswert der durchschnittlich erwarteten Rendite von 3,85 % liegt heute bereits bei 4,1%. Entsprechend bleibt für 61 % die Cashflow-Rendite die wichtigste Kennzahl. „Die mehrfachen Zinsanhebungen in den letzten zwölf Monaten sorgen für attraktiver werdende Alternativen im Vergleich zu Immobilienanlagen – etwa im Bereich der Anleihen“, meint Vespermann zu den Zahlen. Entsprechend passten Investoren auch am Immobilienmarkt ihre Rendite-Erwartungen nach oben an. Es sei weitgehend schlichtweg eine Normalisierung nach den langen Niedrigzinsjahren. „Die Asset-Klasse Immobilie wird diese neuerliche Konkurrenz mittelfristig gut wegstecken und weiter zentraler Portfolio-Baustein bleiben.“ (ml)

Klaus Speitmann                                                       Axel Vespermann
Leiter Vertrieb                                                             Head of real Estate
Swiss Life Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH          Universal-Investment-Gesellschaft mbH