„Es besteht die Gefahr, dass die US-Notenbank zu lange zögert“

07.08.2025

Beat Thoma. Foto: © Fisch Asset Management.

Die seit Jahresbeginn stark gestiegene Liquidität hat dazu beigetragen, dass sich die globalen Aktienmärkte seit dem von Donald Trump ausgerufenen ‚Liberation Day‘ Anfang April, an dem der US-Präsident umfassende Zölle angedroht hatte, in einer bemerkenswerten Rallye rasch wieder erholt haben.

Mit der Aufhebung der Schuldenobergrenze in den USA entfällt nun ein positiver Liquiditätsfaktor, da das US-Finanzministerium sein Konto bei der US-Notenbank Federal Reserve (‚Treasury General Account‘) bis Ende September wieder um rund 500 Milliarden US-Dollar auffüllt. Dies entzieht dem Geldmarkt direkt Bankreserven und wirkt liquiditätsmindernd.

Aus globaler Sicht überwiegen jedoch weiterhin die positiven Faktoren. Allein die chinesische Zentralbank People’s Bank of China hat die Geldmenge in den letzten sechs Monaten um rund 1.500 Milliarden US-Dollar ausgeweitet. Zudem setzt das US-Treasury verstärkt auf kurzlaufende T-Bills, die als ‚geldähnlich‘ gelten und die Liquidität erhöhen. Rund 60 Prozent der Zentralbanken weltweit befinden sich weiterhin in einem Lockerungszyklus, was risikoreiche Anlagen stützt.

Der US-Arbeitsmarkt hat sich allerdings zuletzt spürbar abgekühlt. Das Jobwachstum konzentriert sich auf wenige Bereiche wie Gesundheit und Bildung. Für künftige Zinsentscheidungen der Fed wird die Arbeitslosenrate entscheidend sein. Deren weitere Entwicklung hängt davon ab, ob die sinkende Arbeitsnachfrage das rückläufige Arbeitsangebot – unter anderem durch die restriktive Einwanderungspolitik – auf- oder überwiegt. Frühindikatoren zeigen jedoch zunehmende Schwierigkeiten bei der Jobsuche – ein weiterer Anstieg der Arbeitslosenrate ist wahrscheinlich.

Die US-Inflation, die in den kommenden Monaten weiter anziehen dürfte, bleibt ebenfalls ein Risikofaktor. Umfragen zeigen, dass Firmen die höheren Importpreise mehrheitlich an die Konsumenten weitergeben werden – mit entsprechend inflationärer Wirkung. Die Fed steht damit vor einem Zielkonflikt, sollte jedoch ihr Beschäftigungsmandat priorisieren: Während der US-Arbeitsmarkt nachhaltig unter Druck geraten dürfte – Unternehmen müssen sich über Jahre an die neuen Zolltarife anpassen – wirkt der durch die Zölle ausgelöste Preisdruck temporär. Er wird zusätzlich durch sinkende Realeinkommen und eine nachlassende Wirtschaftsdynamik gedämpft. Die Kosten einer zu restriktiven Geldpolitik steigen somit rasch – eine Zinssenkung im September erscheint angemessen.

Beat Thoma, Chief Investment Officer bei Fisch Asset Management.