Es muss nicht immer Metropole sein

25.07.2013

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In Zeiten des Wohnungsmangels lohnt es sich, außerhalb der ausgetretenen Pfade der Millionenmetropolen auch kleinere Standorte unter Anlage- und Renditeaspekten zu prüfen. Wir stellen Ihnen hier einige erfolgversprechende Städte und Regionen vor.

Berlin, München, Hamburg: In den größten deutschen Städten sind die Voraussetzungen für Kapitalanleger derzeit ähnlich positiv. Es wird erwartet, dass sich der Wohnraum weiter verteuern wird, ohne dass eine Preisblase droht. Das Manko: Hohe Renditen lassen sich nicht erzielen, denn diese Städte zählen zu den teuersten Investmentmärkten. Eine Alternative sind kleinere und mittelgroße Standorte, an den Wohnimmobilien vergleichsweise günstig erworben werden können und die hervorragende wirtschaftliche Perspektiven bieten. Repräsentativ bieten sich Baden-Baden, der Bodensee, Göttingen, Ingolstadt, Jena und Leipzig an, ohne außer Acht zu lassen, dass es viele vergleichbare Standorte in Deutschland gibt. Wie sind die Perspektiven dieser Städte und Regionen unter den Gesichtspunkten Arbeitsmarkt, Kaufkraft, Freizeitwert und Standortpolitik zu beurteilen?

Baden-Baden

Die kleinste kreisfreie Stadt Baden-Württembergs hat rund 52.000 Einwohner. Die Nachfrage nach Wohnimmobilien ist in allen Segmenten hoch, von Ein-Zimmer-Wohnungen bis hin zu Villen. „Als Kapitalanlage sind nach wie vor Mehrfamilienhäuser sehr gefragt. Wohnungen und Häuser werden derzeit teilweise mit überzogenen Preisen angeboten", sagt Dirk Fischer, Immobilienberater der Planet Home AG. Nach Einschätzung von Jürgen B. Schmidt, Vorstandsvorsitzender der örtlichen Projektdata Immobilien AG, kann davon ausgegangen werden, dass der Standort wirtschaftlich stabil bleiben wird. Seiner Ansicht nach hat sich Baden-Baden vorbildlich verhalten, weil man Gebäude und Grundstücke nicht Spekulanten zukommen ließ, sondern die Stadt diese Flächen selbst gekauft und langsam wieder in den Immobilienmarkt gegeben habe. Dadurch sei kein Überangebot entstanden und die Preise für Immobilien stabil geblieben. „Deshalb ist Baden-Baden bei Immobilien ein guter Investitionsstandort", so Schmidt.

Bodensee

„Wir erleben den Bodensee als einen sehr anspruchsvollen Immobilienmarkt mit geradezu explodierender Nachfrage", sagt Curt-Rudolf Christof, Vorstand Deutsche Sachwert Kontor AG. In Lindau errichtet das Unternehmen derzeit ein Häuser-Ensemble mit Seeblick. Insgesamt sollen 17 Eigentumswohnungen von 113 und 274 m² entstehen. Die „sehr guten wirtschaftlichen Möglichkeiten in der Region" sind laut Christof der Hauptgrund für die hohe Nachfrage. Neben arrivierten Kunden treffe man zunehmend auf Zuzügler oder Pendler im Dreiländereck. „Daneben gibt es sehr kaufkräftige private Investoren aus der Schweiz", so Christof. Es sei festzustellen, dass Schweizer Kapitalkraft in die deutschen Bodenseegebiete hineinstrahlt und den Immobilienmarkt beeinflusst. Besonders die Städte bieten aus Sicht von Roman Heidrich, Analyst beim Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle (JLL), in Zukunft eine überdurchschnittliche Entwicklung. Die Stärken der Region seien aber nicht flächendeckend vorhanden.

Göttingen

Die sechstgrößte Stadt Niedersachsens hat rund 116.000 Einwohner. Dirk Günther, Geschäftsführer Prohyp GmbH, erwartet in Göttingen eine stabile wirtschaftliche Entwicklung und damit gute Rahmenbedingungen für Immobilieninvestitionen: „Göttingen bietet viele Arbeitsplätze im Bildungsbereich und in der Medizin. Die Uniklinik Göttingen befindet sich auf dem Wachstumspfad. Daneben gibt es Industrie im Bereich Feinmechanik und Medizintechnik und Aluminium." Die Kaufkraft schätzt er als relativ hoch ein, ebenso den Freizeitwert von Göttingen als Universitätsstadt. „Zudem gilt Göttingen als das Oberzentrum von Südniedersachsen und hat damit gute Förderchancen", so Günther. Im Juni ist die Arbeitslosenquote in Südniedersachsen erstmals im Jahr 2013 unter die 7%-Marke gesunken und liegt derzeit bei 6,9 %. Im Bereich der Stadt Göttingen sind derzeit ca. 6.100 Menschen arbeitslos. Die Arbeitslosenquote liegt bei 7 %.

Ingolstadt

Die kreisfreie Stadt in Bayern hat rund 128.000 Einwohner. Mit Firmen wie Audi, der Metro-Tochtergesellschaft Media-Saturn-Holding sowie EADS gehört Ingolstadt zu den wirtschaftlich stark wachsenden Regionen und verzeichnet hohe Zuzüge von Erwerbstätigen. Dies wirkt sich auch auf den Immobilienmarkt aus: „Die Nachfrage nach Miet- und Kaufobjekten ist hoch – vor allem nach Wohnungen mit zwei bis drei Zimmern. Für Kapitalanleger sind das prinzipiell gute Aussichten, denn die Risiken von Leerstand und Mietausfall sind gering, ein Wiederverkauf schnell realisierbar", sagt Thomas Kral, Immobilienberater bei Planet Home. Im Gegensatz zur Landeshauptstadt München müsse für den Quadratmeter auch nicht ganz so tief in die Tasche gegriffen werden. Der Ingolstädter Immobilienmarkt ist laut Kral auch für Eigentümer ideal: „Wer jetzt verkauft, hat gute Chancen, eine Wertsteigerung zu realisieren".

Jena

Die kreisfreie Großstadt in Thüringen hat rund 107.000 Einwohner. Die Wohnungspreise in Thüringer Ballungszentren sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, teilweise um bis zu 20 %. Dabei spielt Jena eine Sonderrolle. „Jena hat in der Vergangenheit mit über 3 % p. a. eine der höchsten Wachstumsraten bei der Beschäftigung erzielt und ist wirtschaftlich mit der optischen, der biotechnologischen und der pharmazeutischen Industrie zukunftssicher und diversifiziert aufgestellt", sagt JLL-Analyst Heidrich. Den hohen Anteil von Arbeitsplätzen in hochqualifizierten Bereichen und die hohe Akademikerquote in Stadt und Umland hebt auch Nils Wiegert vom Saaletal-Immobilien-Service im thüringischen Weißbach hervor. Die Friedrich-Schiller-Universität gilt als deutsche „Leuchtturm-Uni" und gehört zu den universitären Exzellenzzentren. Stephan Höfig vom Thüringer Maklerverband IVD schränkte in der „Thüringer Allgemeinen" mit Blick auf die Wohnungspreise allerdings ein: „Im Durchschnitt sind die Preise gefallen. Lediglich in wenigen sich positiv entwickelnden Standorten sind Nachfrage und Preise gestiegen. Hier allerdings extrem."

Leipzig

Die kreisfreie Großstadt in Sachsen hat rund 520.000 Einwohner. „Wir sehen seit einem guten Jahr, dass die Investitionen in Mehrfamilienhäuser in Leipzig und Umgebung deutlich zugenommen haben, auch die Nachfrage nach Eigentumswohnungen in guten Lagen ist gestiegen", erklärt Christian Schreiber, Leiter der örtlichen Interhyp-Niederlassung. Auch im Umland steigen die Immobilienpreise, dort entstehen derzeit viele neue Wohngebiete. „Wirtschaftlich gesehen ist der Standort Leipzig stabil und wir erwarten eine weiterhin gute Entwicklung. Wichtige Branchen sind der Groß- und Einzelhandel sowie die Automobilindustrie mit Porsche und BMW", ergänzt Schreiber. Laut Candy Jähnert, Immobilienberater bei Planet Home, investieren bevorzugt Auswärtige in der Stadt, nur 6 % der Wohnimmobilien im Segment Neusanierung (Denkmalsanierung mit Sonderabschreibung) und Neubau „bleiben in Leipzig". Er hält die Kaufpreise im Vergleich zu anderen deutschen Städten für relativ günstig, sodass sich hohe Renditen erzielen lassen.

(Kim Brodtmann)

Kleinere und mittelgroße Standorte - Printausgabe 04/2013

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