Follow-up zum Informationsanspruch nach § 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG)

30.10.2020

Peter A. Gundermann Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH / Foto: ©TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Weitere Einschränkungen des aufsichtsrechtlichen Geheimnisses

Die BaFin führte im Prozess Baumeister/BaFin vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof am 03.03.2020 u. a. wie folgt aus:

„Während die Beklagte (gemeint ist die BaFin, Anm. d. Verfassers) noch im Jahr 2006 vortragen konnte, dass die streitbefangenen Unterlagen unter den Schutz des §§ 11 FinDAG i.V.m. § 9 KWG bzw. § 8 WpHG fallen, weil diese neben Betriebs- und/oder Geschäftsgeheimnissen der Beigeladenen (gemeint ist hier das überwachte Unternehmen, Anm. d. Verfassers) auch schützenswerte aufsichtsinterne Informationen enthielten, kann dies im jetzigen Verfahrensstadium nicht mehr vorgetragen werden. Die Aufsicht über die Finanzdienstleistungswirtschaft hat insbesondere durch die starke europäische Harmonisierung nach der Finanzkrise eine derart gravierende Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen erfahren, dass die Beklagte im Jahr 2020 nicht ohne weiteres auf Aufsichtsstrategien und Aufsichtsmethoden zurückgreifen können, welche bis zum Jahr 2006 angewandt wurden. Die ursprünglichen schützenswerten Aufsichtsstandards, -methoden und -strategien haben infolge der überlangen Verfahrensdauer und des damit einhergehenden Zeitablaufs ihre Schutzbedürftigkeit in diesem Verfahren für die Finanzaufsicht verloren.“

Damit steht fest, dass sich wegen geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen frühere Methoden, Standards und Strategien der aufsichtsrechtlichen Überwachung im Zeitablauf ändern können und zur Wahrung einer effektiven Überwachung angepasst werden müssen, so dass die ursprünglichen „Werkzeuge“ der BaFin und daraus gewonnene Informationen nicht mehr schutzwürdig sind. Somit ist eine angeblich aktuell noch fortbestehende Schutzbedürftigkeit in der Vergangenheit eingesetzter Instrumentarien der BaFin und daraus erlangter Informationen stets sehr kritisch zu hinterfragen.

Praxistipp

Bei Sachverhalten, die einige Jahre zurückliegen und/ oder auch zwischenzeitlich eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen vorliegt, besteht für überwachte Unternehmen die konkrete Gefahr, dass sich die Finanzaufsicht nicht mehr auf das aufsichtsrechtliche Geheimnis beruft bzw. sich auch nicht mehr erfolgversprechend auf die Wahrung des aufsichtsrechtlichen Geheimnisses berufen kann. Dies ist zu bedenken.

Umgekehrt ist bei erst kürzlich, aufgrund aktueller rechtlicher Rahmenbedingungen der BaFin anvertrauten Unterlagen das aufsichtsrechtliche Geheimnis eher schützenswert.

Kein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis des Informationssuchenden trotz bereits eingetretener zivilrechtlicher Verjährung

Selbst nach Ablauf der zivilrechtlichen Verjährungsfristen fehlt es dem Informationssuchenden laut Hessischem VGH nicht am Rechtsschutzbedürfnis, denn das reine Informationsinteresse des Bürgers zur Kontrolle staatlichen Handelns besteht auch nach Ablauf zivilrechtlicher Verjährungsfristen weiter fort.

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