Franke und Bornberg: So regulieren BU-Versicherer

03.06.2025

Michael Franke, Gründer und Geschäftsführer der Franke und Bornberg GmbH. Foto: © Marc Theis, Hannover

Noch nie haben sich so viele BU-Versicherer in die Karten schauen lassen. Die aktuelle BU-Leistungspraxisstudie von Franke und Bornberg basiert auf den Daten von 16 Anbietern. Sie untersucht BU-Leistungsanträge, die im Jahr 2023 entschieden wurden. Neben der Datenanalyse setzt Franke und Bornberg auf Stichproben vor Ort. Die Analysten ziehen mindestens 125 Schadenakten je Gesellschaft heran, um sicher zu sein, dass überall die gleichen Messgrößen verwendet werden.

„Rund um die BU-Schadenbearbeitung gibt es immer noch viel Halbwissen und manches Gerücht“, konstatiert Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg. „Wir bringen Licht in die Blackbox BU-Regulierung, denn wir übernehmen gemeldete Daten nicht einfach, sondern überprüfen und plausibilisieren sie. Auf diese Weise machen wir die Regulierungspraxis transparent und liefern Benchmarks für den Markt“, so Franke.

Wie häufig lehnen BU-Versicherer eine Leistung ab?

Die Antwort ist komplizierter, als es auf den ersten Blick scheint. Denn häufig fällt die Entscheidung aus, weil Versicherte die erforderlichen Nachweise nicht erbringen („Mitwirkungspflichten verletzt“) oder ihren BU-Antrag aktiv zurückziehen. Das betrifft mittlerweile mehr als die Hälfte aller „Nicht-Leistungen“.

„Zum ersten Mal seit dem Start unserer Untersuchung entscheiden Versicherer über weniger als die Hälfte aller gemeldeten BU-Fälle“, berichtet Michael Franke. Ein Grund für verfrüht beantragte Leistungen sei, dass Versicherte keine Fristen versäumen wollen. Zudem werde Berufsunfähigkeit mit vorübergehender Arbeitsunfähigkeit verwechselt, so Franke.

Die gute Nachricht: Nahezu 80 % aller Entscheidungen treffen die teilnehmenden Versicherer zugunsten der Anspruchsteller. Abhängig von Alter und Krankheit fällt die Quote aber sehr unterschiedlich aus.

Welche Krankheiten machen berufsunfähig?

Gut 29 % aller Leistungsfälle gehen auf psychische Erkrankungen zurück; Frauen sind davon besonders betroffen. BU-Ursache Nummer zwei sind Krankheiten des Muskel-Skelettsystems (19,4 %). Diese treffen Männer überproportional häufig. Bösartige Neubildungen (Krebs) liegen mit 17,8 % an dritter Stelle. Das liegt nicht zuletzt daran, dass fast 95 % aller Anträge mit der Diagnose Krebs 2023 zur Leistung führen. Unfälle und Verletzungen sind hingegen nur für jede 13. Berufsunfähigkeit verantwortlich.

Wie alt Versicherte bei Beginn der Berufsunfähigkeit sind, hängt stark von ihrer Erkrankung ab. Während psychische Krankheiten oder ein Unfall schon in jungen Jahren zum Aus im Job führen können, machen Krankheiten des Kreislaufs eher im fortgeschrittenen Alter berufsunfähig. Besonders häufig wird die BU-Rente zwischen dem 49. und 59. Lebensjahr bewilligt. Bei jungen Erwachsenen liegt die Ablehnungsquote besonders hoch. Die Hälfte aller Ablehnungen wegen Verstoßes gegen die vorvertragliche Anzeigepflicht (VVA) werden bis zum Alter 35 ausgesprochen.

Die teilnehmenden Versicherer zahlen jede zweite Leistung bis zum Ende der vertraglichen Leistungsdauer. Für rund 30 % der Versicherten endet die Leistung vor Vertragsablauf, weil sich ihr Gesundheitszustand verbessert. Nur drei von hundert Leistungsempfängern werden auf eine Tätigkeit verwiesen, die dem Gesundheitszustand und dem erreichten Status entspricht.

Wie groß ist das Problem „Verweisung“ in der (Leistungs-)praxis?

Anders, als viele Veröffentlichungen vermuten lassen, spielt die Verweisung auf eine andere Tätigkeit in der Praxis kaum eine Rolle. „Als Ablehnungsgrund sind Verweisungen nur in homöopathischen Dosen nachweisbar“, kommentiert Michael Franke. Mit einer Quote von 0,12 % beziehungsweise sieben Leistungsfällen aus dem Altbestand eigne sich der Verzicht auf abstrakte Verweisung als Differenzierungsmerkmal längst nicht mehr. Das gelte auch für die Forderung nach Umorganisation des Unternehmens, die in weniger als 0,16 % zu einer Ablehnung geführt habe. In Summe sind Verweisung und Umorganisation bei den teilnehmenden Gesellschaften für weniger als 1 % aller Ablehnungen verantwortlich.

Franke und Bornberg - Leistungspraxisstudie 2025 - Ablehnungen - Verweisungs- und Umorganisationsquote

Wie lange brauchen BU-Versicherer für ihre Entscheidung?

Die Faustformel hat sich bewährt: Vom Eingang des Antrags auf BU-Leistungen bis zur Entscheidung vergehen ungefähr sechs Monate. In der aktuellen Erhebung mit Daten aus dem Jahr 2023 dauerte es mit insgesamt 190 Tagen etwas länger. Für Ablehnungen nehmen sich Versicherer mehr Zeit (197 Tage) als für eine positive Entscheidung (179 Tage). Bei psychischen Erkrankungen und bei Unfällen ist ihr Zeitbedarf besonders hoch, weil Regulierer oft auf ärztliche Gutachten oder Berichte von Polizei und Staatsanwaltschaft warten müssen. Vergleichsweise schnell fällt die Entscheidung bei Krebs.

Fachkräftemangel in der Leistungsprüfung: Wann kommt Kollege KI?

Die teilnehmenden Versicherer setzen auf veränderte Abläufe, um die Regulierungszeit zu verkürzen. Dazu zählen aktive telefonische Kontakte zum Kunden (Stichwort: sprechen statt schreiben) ebenso wie Hilfen beim Ausfüllen des Fragebogens. Denn allein dafür benötigen Versicherte bislang durchschnittlich 35 bis 45 Tage. Auch die systematische Kategorisierung von Leistungsfällen, die von spezialisierten Teams bearbeitet werden, zeigt positive Ergebnisse. Digitale Tracking-Systeme für Versicherte und Sachbearbeiter beschleunigen die Leistungsbearbeitung ebenfalls.

Weitere Fortschritte und damit schnellere Regulierungen scheitern jedoch am Fachkräftemangel. „Der Markt für BU-Schadenregulierer ist leergefegt. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden, wenn überhaupt, nur mit großem Aufwand und für teures Geld akquiriert“, erläutert Philipp Wedekind, Leiter Ratings Vorsorge und Nachhaltigkeit bei Franke und Bornberg. Bietet künstliche Intelligenz (KI) einen Ausweg? „Eine KI-generierte Entscheidung von Leistungsfällen können sich die Verantwortlichen bislang nicht vorstellen“, so Wedekind. Dass eine KI über ihre Leistung entscheide, sei auch für viele Kunden nur schwer vermittelbar. Hinzu kämen hohe Hürden beim Datenschutz.

Trotzdem beobachten die Analysten vielversprechende Ansätze für den Einsatz von künstlicher Intelligenz und großen Sprachmodellen (LLM). In diesen Fällen ersetzt KI den Menschen nicht, kann ihm aber assistieren, zum Beispiel Korrespondenz auswerten oder umfangreiche Arztberichte und Krankenakten zusammenfassen. Und vielleicht wird KI in Zukunft auch Versicherten beim Ausfüllen des Fragebogens zur Seite stehen. Denn auch in Deutschland steigt unter Verbrauchern die Akzeptanz für KI-gestützte Prozesse, wie Umfragen zeigen.

Fazit und Ausblick

Mit jetzt 16 Teilnehmern, darunter die größten BU-Versicherer der Branche, wächst die Aussagekraft der Studie nochmals. Vier von fünf Entscheidungen fallen zugunsten der Versicherten aus. Über die Hälfte aller „Nicht-Leistungen“ sind keine Ablehnungen. Sie werden weggelegt, weil Versicherte Mitwirkungspflichten verletzt oder ihren Antrag zurückgezogen haben.

Psychische Krankheiten bleiben die wichtigste BU-Ursache, gefolgt von Krankheiten des Muskel-Skelettsystems und Krebs. Mit dem Alter steigt die Aussicht auf eine Leistung. Abstrakte und konkrete Verweisungen fallen bei den Ablehnungen kaum ins Gewicht. Im Durchschnitt dauert eine BU-Regulierung noch immer sechs Monate plus x. Fachkräftemangel verhindert kürzere Bearbeitungsdauern, trotz einiger Fortschritte bei den Arbeitsabläufen.

Ein Beitrag von Franke und Bornberg.

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