Glück mit Pleiten, Pech und Pannen

02.05.2025

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Eine Versichererinsolvenz kann auch Versicherungsmakler hinunterziehen. Die Kundschaft verliert den Schutz und benötigt neue Risikoträger. Geraten noch offene Schadenfälle in einen insolvenzbedingten Leistungsstopp, stehen die Betroffenen vor erheblichen Leistungskürzungen sowie verspäteten Regulierungen. Von wenigen hundert Euro bis in den Millionenbereich reichen die Schutzlücken. Ebenso Aufmerksamkeit verdienen Fusionen und Run-offs, damit die Versicherungsnehmer nicht auf der Strecke bleiben. Experten zufolge unterschätzen Versicherungsmakler oftmals die Kardinalspflicht, bei Bestandsverträgen auch in puncto Versicherersolvenz auf dem Laufenden zu bleiben.

Ab in die Verlustzone

Bisher waren die Versicherer gegen Insolvenzen gut gewappnet, denn die Finanzaufsicht hält die Aufsichtsleine kurz. So sind Jahresabschlüsse der Bundesanstalt für Finanz-dienstleistungsaufsicht (BaFin) einschließlich Wirtschaftsprüfertestat vorzulegen. Die BaFin darf bei eklatantem Missstand in den Geschäftsbetrieb des Versicherers eingreifen. In schweren Fällen droht sogar die Vorstandsentmachtung. In der Vergangenheit entzog die BaFin in begründeten Einzelfällen die Geschäftsbetriebszulassung mit Fristsetzung. Versicherungsmakler konnten sich in Ruhe nach neuen Risikoträgern für die betroffenen Kunden umsehen und Schutzlücken vermeiden. Insolvenzen hatten bisher noch Seltenheitswert. Der plötzliche Schutzentfall schafft in den Maklerbüros erhebliche Mehrarbeiten mit unangenehmen Kundengesprächen, Deckungsanfragen bei Versicherern und umfassenden Beratungsrisiken. Denn die Neuabsicherungsgründe, Vergleiche von altem mit neuem Schutz und passenden Empfehlungen sollen sich in Kundengesprächen und deren Dokumentation wiederfinden. Vergleichbare Aufwendungen treffen die Makler, sofern Assekuradeure, Pools oder Deckungskonzepte wegfallen. Während sich ertragsreiche Kundenverträge beispielsweise zur Hausrat- oder Unfallversicherung noch relativ leicht umplatzieren lassen, sorgen hohe Risiken wie z. B. aus Cyber- oder Elementargefahren für schwierigere Verhandlungen mit Versicherern. Bleiben die betroffenen Kunden für länger schutzlos, wird es im Schadenfall auch für den Makler eng.

Vor der Bindung prüfen

Leistungsfälle zeigen die Risikoträgerqualität. Damit die Kundschaft nicht wegen Ausfallerscheinungen auf der Strecke bleibt, sollten Makler die Versicherer sorgfältig auswählen. Zuvor festgelegte Kriterien für Digitalisierung, Erfahrung, Finanzstärke, Reputation, Risikomanagement etc. erweitern den Blick auf die Versicherer, Pools und Konzeptanbieter über Tarife und Provisionen hinaus. Finanzstabile Versicherer mit langjähriger Marktpräsenz und guten Bewertungen sind eine gute Grundlage für die langfristig verlässliche Risikotragung. Zum mittlerweile wichtigen Faktor avancierte die Daten- und IT-Sicherheit der Versicherer, die Cyber-Kriminelle wie ein Magnet anziehen. Die Daten mit Kundenadressen, Bankkonten oder auch lukrativen Einbruchsobjekten samt dortiger Sicherheitsvorkehrungen sind gefragt. Blockiert eine Ransomware einen Versicherer über Tage oder Wochen, sind Lösegelder nur eine Einnahmequelle. Ebenso interessant sind uneingeschränkte Zugriffe auf sensible Daten. Verwischen Cyber-Kriminelle die Downloadspuren mit Erfolg, wiegen sich Versicherer, Vermittler und Kunden noch etliche Jahre nach dem Cyber-Angriff in trügerischer Sicherheit. Eventuell erfolgen weiterhin verdeckte illegale Datennutzungen. Wie die Insolvenzen kappen erfolgreiche Cyber-Attacken die vertrauensvollen Dreiecksbeziehungen zwischen Kunden, Makler und Versicherer.

Mehr Tempo aufnehmen

Tauchen am Horizont erste Probleme auf der Deckungsanbieterseite auf, ist Eile geboten. Beispielsweise hohe Schaden- und Kostenquoten, dauerhafte versicherungstechnische Verluste, der Rückzug aus Geschäftsbereichen sowie restriktivere Leistungsabteilungen erfordern kritische Aufmerksamkeit. Ein Verfahren zur Früherkennung von Warnsignalen sollte unter anderem Bonitätsprobleme, Cyber-Attacken, Fusionen, Übernahmen sowie Run-off-Bestrebungen erfassen, um frühzeitig Kundengespräche und Gegenmaßnahmen einzuleiten. Die üblichen Produkt- und Unternehmensratings für Versicherer und Tarife sind dabei hilfreich, sofern solche Bewertungen neutral und unabhängig erfolgen. Cyber-Angriffe und Insolvenzen lassen sich nicht immer verhindern. Die Negativfolgen im Bestand können Makler reduzieren. Schlägt das Frühwarnsystem an, sind konsequente Gegenmaßnahmen gefragt. Das kann sich vom klärenden Gespräch mit dem Versicherer bis zur Suche nach neuen Risikoträgern erstrecken. Für Kunden wirken rechtzeitig getroffene Maßnahmen professioneller als unausweichliche Notfallaktivitäten. Das Warnsystem sollte ebenso langfristige Entwicklungen wie z. B. Run-offs in der Lebensversicherung im Blick behalten. Entscheiden sich Kunden, den Run-off-Weg mitzugehen, ist es nicht sicherer, denn auch hier sind Insolvenzen möglich. Makler sind durch ihr breitgefächertes Versicherungsangebot per se besser vorbereitet. Während die Vertreter notleidender Anbieter wenig Ausweich-möglichkeiten haben, können Makler deren unzufriedene Kunden gut auffangen. Im Maklerbestand gehen notwendige Umdeckungen gewöhnlich mit Übergangslösungen und Vertragsneuordnungen zu besseren Bedingungen, höheren Summen und mehr Beitragser-lösen einher. Unterm Strich bleiben Versicherungsmakler mit gutem Risikomanagement trotz drohender Widrigkeiten auf der Gewinnerseite. (gg)