Ist der US-Dollar noch ein sicherer Hafen

02.06.2025

Rolf Ehlhardt - Foto: © I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH

Seit dem Ende des 2. Weltkrieges hat sich der US-Dollar zur Weltreserve-Währung entwickelt. Die USA hatten die größte Wirtschaftskraft, die größte militärische Macht und solide Finanzen, da die Schulden an den Goldbesitz gekoppelt waren. Seit Beginn dieses Jahrhunderts haben sich zumindest die Finanzen recht negativ entwickelt. Da dies auch in fast allen Ländern der Welt der Fall ist, würde eine Wirtschafts- und Finanzkrise in den USA eine weltweite Krise auslösen.

Mit der Loslösung der Schulden vom Gold 1971 (Bretton Woods) wurde der Sicherheitsgurt gelöst. Allzu viele Annehmlichkeiten wurde von da ab mit Krediten finanziert. Und weil dies recht angenehm war, wurden Schuldenaufnahmen zur Selbstverständlichkeit. Da nie getilgt wurde, summierten sich die Staatsschulden zu immer höheren Beträgen. Anfangs war dies problemlos, aber mit den Jahren war die Verschuldung so hoch, dass ein immer größerer Teil der Steuereinnahmen für den Zinsaufwand verwendet werden musste. Das hätte zu Streichungen im Haushalt geführt, so dass man bequemerweise auch die Zinszahlungen finanziert hat. Auf der positiven Seite hat die „Schuldenmacherei“ zu höherem Wirtschaftswachstum beigetragen, so dass auch das BIP gestiegen ist. Allerdings prozentual weniger als die Schulden.

Wie im privaten Leben auch, kommt dann irgendwann der Tag, an dem diese Entwicklung zum Problem wird. So war die USA bei der Präsidentschaftsübernahme von George Bush jun. im Jahr 2001 mit 5,6 Bill. US-Dollar verschuldet. Als Barack Obama 2009 das Zepter übernahm, hatten sich die Verbindlichkeiten auf 12,5 Bill. mehr als verdoppelt. Als Donald Trump erstmals Präsident wurde, stand Amerika schon mit 20,7 Bill. US-Dollar im Soll. Bei der Wahl von Joe Biden in 2021 hatten sich die Schulden mit 29,5 Bill. Dollar in 20 Jahren mehr als verfünffacht. Nun übergab er das Amt an Donald Trump mit einem Kontostand von minus 37,6 Bill. Dollar. Damit beträgt die Verschuldung rund 124 Prozent zum BIP. Viel zu viel für eine Währung, die Sicherheit darstellen soll, zumal die Tendenz weiter steigend ist. Gemäß Schätzungen wird Amerika im kommenden Jahr mit rund 40 Bill. in der Kreide stehen. Weitere Schätzungen signalisieren, dass die 50 Bill.-Dollar-Grenze im Jahr 2030 erreicht sein wird.

Verstärkt wird diese negative Entwicklung dadurch, dass die Amerikaner seit 2001 mit einem Haushaltsdefizit abschließen. Mit den Schulden ist auch das Haushaltsloch gewachsen und liegt seit 2020 jährlich (Ausnahme 2022 „nur“ 1 Bill.) über der 2 Bill.Dolalr-Grenze. Während der Fedzins 2001 bei sechs Prozent lag, wurden die Notenbankzinsen permanent nach unter „geschleust“ und lagen von 2008 bis 2022 (Ausnahme 2018/19 bis 2,5 Prozent) unter einem Prozent, zum Großteil unter 0,5 Prozent. So blieb der Zinsaufwand trotz steigenden Schulden relativ konstant. Der derzeitige Durchschnittszins für die Verbindlichkeiten wird mit 3,3 Prozent angegeben (nach 3,1 Prozent). So errechnet sich ein Zinsaufwand im US-Haushalt mit 1,24 Bill. Dollar. Bei einem Zins von sechs Prozent wie 2001 steigen die Zinszahlungen auf 2,25 Bill. Dolalr, was auch bedeuten würde, dass das Defizit ebenfalls um 1 Bill. Dollar steigen würde. Diese würden wahrscheinlich auch finanziert, was die Schulden erhöhen und den Zinsaufwand und die Schulden und ... ?

Die derzeit unberechenbare Politik von Donald Trump mit einem chaotischen Hin und Her erschwert die Einschätzungen und die Investitionen der Unternehmen in der Welt, und in den USA selbst. Des Weiteren auch die Handlungen der Notenbanken und der Konsumenten. So wird die amerikanische Notenbank erst einmal abwarten, was Trump letztendlich tut, und wie sich seine Entscheidungen auf Wirtschaft und Inflation auswirken könnten. Zumindest die Zölle sprechen für eine hoch bleibende oder sogar steigende Geldentwertung, so dass sich die Leitzinsen nicht oder sehr, sehr langsam verbilligen. Die Zurückhaltung von Industrie und Konsumenten dürften das Wachstum einschränken, mit der Gefahr in die Rezession abzurutschen. Eine Rezession bedeutet aber auch einen Rückgang der Steuereinnahmen und damit ein noch höheres Defizit im Haushalt. Die Staatsfinanzierung könnte dadurch ein Problem werden, da große USAGläubiger wie China, Indien, Brasilien und Saudi-Arabien Mitgliedsstaaten der BRICS sind, denen die Dominanz der US-Währung ein Dorn im Auge ist. Auch die eher ausländerfeindliche Politik Trump´s gilt eine weitere Belastung.

Das Szenario steigende Verschuldung bei schwächerem Wachstum, aber hoch bleibender Inflation könnte die Märkte belasten. Zum einen dürfte ein schwacher Dollar die Dollar-Nachfrage einschränken, denn eine nachgebende Währung würde den Zinsertrag „auffressen“, zumal die Zinsen trotzdem zu versteuern wären. Die Fed könnte sich zu deutlich expansiverer Geldpolitik gezwungen sehen, was die Attraktivität des USDollars weiter einschränkt. Ironischerweise sogar dann, wenn die Renditen der Treasuries steigen, weil die Märkte ein höheres Risiko einpreisen. Ein Überspringen der Renditen von zehnjährigen Laufzeiten der Fünf-Prozent-Marke (aktuell 4,4 Prozent), dürften zum Problem zunächst für die Wirtschaft werden und damit für die Renten-, Aktien- und Immobilienmärkte. Steigende Kreditzinsen beeinflussen die Investitionen, die Konsumentenkredite und die Immobilienbesitzer, wenn bei Ablauf der niederen Festzinsen sich die Prolongation deutlich verteuert.

Nach dem Motto „des einen Leid, des anderen Freud“ könnte eine solche Entwicklung den Goldpreis zu deutlich höheren Preisen katapultieren, was dann sicherlich auch den Kursen der Goldaktien zugutekommen würde.

Marktkommentar von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH.