Neue ESG-Kategorisierung für Investmentfonds geplant
12.06.2025

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Die EU will die ESG-Kriterien für Investmentfonds verbessern und hierfür die Offenlegungsverordnung reformieren. Es sollen verstärkt Assets, die sich in einer ESG-Transformationsphase befinden, berücksichtigt werden. Warum vor allem Immobilien-Investments davon profitieren würden.
Die Offenlegungsverordnung, die seit 2021 die ESG-Klassifizierung von Fonds regelt, soll verbessert werden. Ziel ist, eine offizielle und präzisere Kategorisierung zu schaffen. Das könnte das Ende der verbreiteten Klassifizierung nach Artikel 6, Artikel 8 und Artikel 9 bedeuten. Ersetzt werden soll sie unter anderem durch Fonds-Kategorien, die Kapital in Wirtschaftsaktivitäten lenken, die derzeit noch nicht als umweltverträglich gelten („braun“), sich allerdings auf einem Transformationspfad hin zu nachhaltigem Wirtschaften („grün“) befinden.
Mit der Einführung der EU-Offenlegungsverordnung wurden Standards geschaffen, welche Nachhaltigkeitsinformationen von Investmentfonds offenzulegen sind. Die drei Kategorien – Artikel 6 (ohne ESG-Anspruch), Artikel 8 (mit ESG-Merkmalen) und Artikel 9 (mit nachhaltigem Anlageziel) – entwickelten sich ungewollt am Markt zusätzlich zu Nachhaltigkeit-Labels. Weil es allerdings bislang kein offizielles System für die Nachhaltigkeitsbewertung gibt, verbreiteten sich diese Bezeichnungen gemäß den Artikel-Nummern rasch.
Weitere Verbesserungen für Investments in Transformationsbranchen
Neben einer neuen Begrifflichkeit soll die Reform der Offenlegungsverordnung weitere Verbesserungen bringen. Das betrifft insbesondere zwei Bereiche.
Erstens: Die bisherige Systematik begünstigt Fonds, die bereits heute in nachhaltiges Wirtschaften investieren. Sie lassen aber die Vielzahl an Unternehmen außer Acht, die sich Dekarbonisierungspläne gegeben haben und beispielsweise in ihrer Produktion den Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien planen. Diese Lücke zeigt sich auch in der Immobilienwirtschaft, wo der größte Hebel für eine nachhaltige Entwicklung weniger im Neubau, als vielmehr in der Transformation des Gebäudebestandes liegt („Manage to green“). Mit der Reform sollen wichtige Investments in solche Transformationsunternehmen ermöglicht werden.
Zweitens ist der regulatorische Aufwand für Artikel-9-Fonds erheblich. Die Anforderungen sind so hoch, dass unter anderem für Immobilienfonds diese Klassifizierung oft unpraktikabel ist. Das Resultat: Eine geringe Zahl an Artikel-9-Produkten. Dies ist ein großes Missverhältnis: Denn gleichzeitig sind auf dem Investmentmarkt viele Anleger unterwegs, die in nachhaltige Produkte investieren wollen.
Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission Ende 2023 offene Beratungen zur
Überarbeitung der Offenlegungsverordnung gestartet mit der Frage, an welchen Stellen man diese verbessern und praxistauglicher gestalten soll. Die sogenannte EU-Plattform wurde beauftragt, Vorschläge für eine Neustrukturierung der Produktkategorien zu entwickeln. Ende 2024 legte das Gremium erste Reformvorschläge vor. Das neue System sieht wieder drei Fondskategorien vor. Für jeden Bereich soll es Mindeststandards geben:
„Sustainable“: Nachhaltige Investments
Diese Kategorie soll Finanzprodukte erfassen, die Kapital gezielt in bereits als nachhaltig klassifizierte Wirtschaftsbereiche investieren. Die EU-Taxonomie soll hierbei eine wichtige Rolle spielen.
„Transition“: Transformationsfonds
Neu ist die geplante Einführung einer eigenen Kategorie für Fonds, die in Wirtschaftsaktivitäten investieren, die sich auf einem glaubwürdigen Transformationspfad von „braun“ zu „grün“ befinden. Voraussetzung ist ein überprüfbarer Übergangsplan mit konkreten Zielen, Maßnahmen und Zeitachsen. Diese Kategorie soll helfen, die Kapitalallokation in Übergangssektoren zu fördern – etwa in Industrien mit hohem CO₂-Fußabdruck, die eine stringente Dekarbonisierung verfolgen.
„ESG-Collection“: nicht eindeutig zuordenbare Fonds mit ESG-Ausrichtung
Der Begriff ESG-Collection ist ein Arbeitstitel. In dieser Kategorie sollen Strategien zusammengefasst werden, die nicht in die ersten beiden Kategorien passen, die aber gleichwohl Nachhaltigkeitsaspekte verfolgen. Ferner bietet dieser Bereich die Möglichkeit, Fonds zu integrieren, die aufgrund ihrer Struktur oder Anlagestrategie nicht eindeutig als Subtainable- oder Transition-Fonds bezeichnet werden können. Darunter fallen beispielsweise Dachfonds oder Multi-Asset-Produkte.
Reform ist überfällig
Die geplante Reform ist aus unserer Sicht überfällig. Viele weitere Marktteilnehmer sehen das ähnlich. Das bisherige Klassifizierungssystem bildet die Vielfalt nachhaltiger Anlagestrategien nur unzureichend ab, der Transformationsgedanke ist unterrepräsentiert. Die neue Transition-Kategorie könnte hier für entscheidende Weichenstellungen sorgen, um Kapital gezielt in diese Bereiche zu lenken. Bis es soweit ist, ist jedoch weiter Geduld nötig. Die EU-Kommission will im zweiten Halbjahr 2025 einen konkreten Vorschlag zur Überarbeitung der Offenlegungsverordnung vorlegen. Bis zur Umsetzung dauert es dann vermutlich weitere drei Jahre.
In der Zwischenzeit sollten Asset-Manager und Produktanbieter die Entwicklung aufmerksam verfolgen und ihre ESG-Strategien auf mögliche regulatorische Änderungen hin überprüfen. Insbesondere für Fonds mit Transformationsanspruch könnte die künftige Klassifizierung neue Perspektiven eröffnen, sowohl bei der Kapitalakquise als auch bei der strategischen Positionierung.
Autoren: Peter Lenz, Geschäftsführer Ypsilon GmbH Steuerberatungsgesellschaft und Christian Eder, Geschäftsführer Ypsilon Consulting GmbH & Co. KG

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