Sommerinterview - finanzwelt im Gespräch mit Martin Siegel
28.07.2025

Martin Siegel - Foto: Copyright Stabilitas
Eine Welt ohne Rohstoffe und Edelmetalle? Undenkbar. Als Portfoliodiversifikator sind Gold&Co. auch zunehmend unverzichtbar. Mit Martin Siegel, Stabilitas GmbH, sprachen wir über die Aussichten des gelben Edelmetalls, Silber und anderer Metalle.
finanzwelt: Herr Siegel, aufregende Wochen am Kapitalmarkt liegen hinter uns. Die Spannung angesichts der geopolitischen Wirrungen bleibt. Jetzt schiebt sich Gold (wieder) an sein Rekordhoch heran. Welche Gründe machen Sie dafür aus?
Martin Siegel: Der Dreh- und Angelpunkt für die Entwicklung des Goldpreises ist das Kaufverhalten der Zentralbanken. Nach dem Einfrieren der russischen Zentralbankgelder haben sich die Zentralbanken der BRICS-Staaten vom Dollar und Euro abgewandt und haben Teile ihrer Währungsreserven in Gold angelegt. Befeuert wurde der Goldpreisanstieg auch durch den US-Präsidenten Donald Trump, der eine Besichtigung der US-Zentralbankreserven angekündigt hat. In der Folge dieser Ankündigung konnten große physische Goldlieferungen aus Europa in die USA beobachtet werden. Nachdem Trump bei der Sanierung des US-Haushalts eingeknickt ist und den Verschuldungskurs der demokratischen Vorgängerregierung wieder aufgenommen hat, sind die USA darauf angewiesen, in den nächsten Jahren eine jährliche Neuverschuldung von etwa 2.000 Mrd $ zu finanzieren. In diesem Umfeld ist es um die Besichtigung der US-Goldreserven durch Trump sehr ruhig geworden – mutmaßlich um die fragilen Finanzmärkte nicht noch mehr unter Druck zu setzen. Langfristig werden diese aus der Verschuldung resultierenden inflationären Kräfte die Preise aller Sachwerte weiter steigen lassen und auch den Goldpreis weiter in die Höhe treiben. Nach dem starken Anstieg des Goldpreises in den letzten Jahren, sind jedoch auch immer Phasen mit Gewinnmitnahmen zu erwarten.
finanzwelt: Werden wir nach Ihrer jetzigen Meinung weiter steigende Notierungen bei Gold bis Jahresende sehen?
Siegel: Eine Prognose des Goldpreises über wenige Monate ist nicht seriös, da das Kaufverhalten der Zentralbanken nicht transparent ist. Deals zwischen den Zentralbanken im Umfeld einer Friedenslösung im Ukrainekonflikt könnten vorübergehend zu einem deutlichen Rückgang des Goldpreises führen. Eine Besichtigung der US-Zentralbankreserven durch Trump bei der sich herausstellt, dass umfangreiche Goldreserven verliehen sind und physisch nicht vor Ort sind, könnte andererseits zu einem sprunghaft steigenden Goldpreis führen. Fast sicher kann dagegen ein langfristiger Goldpreisanstieg vorhergesagt werden. Falls sich die US-Staatsverschuldung wie erwartet bis 2030 um etwa 30 % erhöhen wird, kann ein Goldpreisanstieg in ähnlicher Größenordnung zu erwartet werden.
finanzwelt: In jüngster Zeit blickte man verstärkt auf den Silberpreis. Eine imposante Rallye. Geht diese weiter, obwohl die Weltwirtschaft nur bescheiden wächst?
Siegel: Der Silberpreis ist im Juni aus einem längeren Seitwärtstrend ausgebrochen und markiert aus charttechnischer Sicht ein klares Kaufsignal. Da der Silbermarkt sehr klein ist, könnten wenige Käufe den Silberpreis dramatisch steigen lassen. Neue Rekordhochs könnten in wenigen Tagen markiert werden. Im Vergleich zum Goldpreis ist der Silberpreis in den letzten Jahren klar zurückgeblieben und spekulative Käufe könnten sich positiv auswirken. Silber ist aber auch dafür bekannt, charttechnische Fehlsignale zu produzieren und neigt zu einem volatilen Eigenleben, das sehr herausfordernd sein kann. Fundamentale Faktoren wie Minenproduktion oder industrielle Nachfrage spielen bei der Preisentwicklung nur eine untergeordnete Rolle und werden vielfach überschätzt. Maßgeblich entscheidend für die Preisentwicklung ist immer das Verhalten der Investoren.
finanzwelt: „Kupfer wird zum Turbo-Rohstoff des Jahres“, ist zu lesen. Kupfer spielt bei der Energiewende eine Rolle. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Siegel: Kupfer wird seit vielen Jahren als „das Metall“ der ökologischen Wende gehandelt. Für die vielen Hoffnungen, die in das Metall gesetzt wurden, hat der Preis eher enttäuscht. Die Nachfrage ist jedoch solide, das Angebot begrenzt und die Inbetriebnahme neuer Minen hat eine lange Vorlaufzeit. Ein moderater Preisanstieg kann daher in den nächsten Jahren erwartet werden.
finanzwelt: Zum Schluss – Rohstoffe als Diversifikator im Portfolio. Bleibt es dabei und wie sollten sich Anleger positionieren?
Siegel: Die aktuelle Lage der Finanzmärkte favorisiert nach wie vor die Sachwerte Immobilien, Aktien, Edelmetalle und bedingt auch Rohstoffe, wie Buntmetalle und Öl. Während der Goldpreis im langfristigen Vergleich eher hoch notiert, hat Silber ein klares spekulatives Nachholpotential. Platin ist zurückgeblieben und aus fundamentaler Sicht langfristig unterbewertet. Die Goldminenaktien sind im Vergleich zum physischen Goldpreis sehr fair bewertet. Das spekulativste Segment des Marktes sind kleine Silberproduzenten, die jetzt einen Turnaround vollziehen und ein gewaltiges Aktienkurspotential haben.

WisdomTree: Analyse der EZB-Zinspause
