PKV unter Druck
24.09.2025

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Um Beitragsanpassungen für die Versicherten abzufedern, greifen die privaten Krankenversicherer unter anderem auf die Rückstellungen für Beitragsanpassungen (RfB) zurück. Diese Reserven wirken dämpfend, können die steigenden Kosten aber längst nicht vollständig ausgleichen. Gemessen wird ihre Stärke an der sogenannten RfB-Quote. Diese lag 2023 im Schnitt bei rund 34,5 %, ist 2024 jedoch auf etwa 30 % gesunken – Tendenz weiter fallend. Zudem variiert die Quote erheblich: Während einige Anbieter nur knapp über 10 % vorhalten, liegen andere jenseits der 70-Prozent-Marke. Wie stark die Rückstellungen letztlich wirken, hängt nicht zuletzt vom Geschäftsmix und der Tarifstruktur eines Unternehmens ab. Für Versicherte ist diese Vielzahl an Kennzahlen schwer einzuordnen. Hier setzen gute Ratings an, indem sie aus solchen Finanzdaten ein Gesamtbild ableiten, das die Belastbarkeit eines Anbieters nachvollziehbar macht.
Grundsätzlich entstehen die RfB aus den Überschüssen, die die Versicherer in den Vorjahren erwirtschaftet haben. Dabei zählen zwei Faktoren: Wie gut das eigentliche Versicherungsgeschäft läuft und wie erfolgreich die Kapitalanlage Erträge abwirft. Beide Größen fließen in die RfB ein. Zur Messung dienen Kennzahlen wie die sogenannte Rohergebnisquote, während die Überschussverwendungsquote zeigt, wie viel davon tatsächlich an die Versicherten zurückgegeben wird. Vereinfacht gesagt: Je mehr nach Kosten und Aufwendungen übrigbleibt und je mehr davon an die Kunden zurückgeführt wird, desto stärker sind die Puffer, die Beitragserhöhungen abfedern können.
Hier zeigt sich, dass reine Zahlenwerke für Laien kaum einzuordnen sind. Umso wertvoller sind unabhängige Ratings, die diese Daten in eine verständliche Bewertung übersetzen. Sie verdichten komplexe Finanzstrukturen zu einem klaren Urteil darüber, wie robust und zukunftsfähig ein Anbieter ist, und bieten Versicherten Orientierung in einem Markt, der für viele nur schwer durchschaubar ist.
Da es sich in der Vollversicherung um langfristige Verträge handelt, die versicherungsmathematisch nach Art der Lebensversicherung kalkuliert sind, schreibt der Gesetzgeber hier vor, dass 80 % der Überschüsse an die Versicherten zurückfließen müssen. Viele Unternehmen gehen sogar über diese gesetzliche Vorgabe hinaus und schütten einen noch höheren Anteil aus. Doch entscheidend ist, wie sich Zu- und Abflüsse über die Zeit entwickeln. Werden Rückstellungen entnommen, um Beitragsanpassungen abzufedern, sinkt das Niveau zunächst, bevor neue Zuführungen es wieder anheben können. Bleiben diese Zuführungen jedoch hinter den Entnahmen zurück, sinken die Mittel entsprechend. Genau das erleben wir derzeit. Hinzu kommt ein weiterer Faktor: Da die RfB-Quote die Rückstellungen ins Verhältnis zu den Beiträgen setzt, verändert sich mit steigenden Beitragseinnahmen auch der Nenner der Berechnung, so dass die Quote zusätzlich sinkt. So wirken mehrere entgegengesetzte Einflüsse zusammen, was erklärt, weshalb sich die Quoten bei den einzelnen Unternehmen deutlich unterscheiden..
Steigende Leistungsausgaben und daraus resultierende Beitragsanpassungen sind keine kurzfristige Erscheinung, sondern eine dauerhafte Herausforderung für die PKV. Wer als Versicherter Entwicklungen besser verstehen und vergleichen will, braucht Transparenz. Unabhängige Bewertungen schaffen genau das: Sie machen sichtbar, welche Anbieter ihre Finanzkraft dauerhaft sichern, und stärken damit das Vertrauen in ein System, das auf lange Sicht Sicherheit und gute Leistungen gewährleisten muss.
Ein Gastbeitrag von Abdulkadir Cebi, Bereichsleiter Assekurata Assekuranz Rating-

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