Raiffeisen: Ungarn macht diffuse Wirtschaftspolitik zu schaffen
13.02.2013
Plattensee und Palatschinken – dies sind nur Stichwörter, die wir mit Ungarn verbinden. Aber die Realität ist derzeit weit von der „Sonnenseite" entfernt. Den Wirtschaftskurs bemängeln viele Experten, so auch Ronald Schneider, Leiter der Abteilung Global Emerging Markets und Eastern Europe (Fixed Income) bei Raiffeisen Capital Management.
(fw/ah) „Die umstrittene Wirtschaftspolitik der Regierung Viktor Orbans manövriert Ungarn bei internationalen Investoren zusehends ins Abseits. Dabei hätte das Land, das nun schon im zwei-ten Jahr in Folge in einer Rezession steckt, Investitionen dringend nötig. Während die In-landsnachfrage nun schon seit sechs Jahren praktisch im Stillstand verharrt, schwächelt jetzt – aufgrund der Wirtschaftseintrübung in der Euro-Zone, dem wichtigsten Exportmarkt Ungarns – auch der Auslandskonsum merklich. Internationale Banken ziehen aufgrund steuerlicher Nachteile kontinuierlich Geld ab. Einzig bei den Budgetzahlen – das Defizit liegt unter 3 % – zeigt sich Ungarn als einer der regionalen Musterschüler. Während internationale Marktplayer ebenso unabsehbar wie radikal mit Steuern oder Marktregulierungsmaßnahmen belegt werden – wie zuletzt (ausländische) Energieversorger mit der Vorschreibung von Strom- und Gas-preissenkungen bei Haushalten um rund 10 % – versucht die Regierung, Sparprogramme im Inland aus mangelnder Popularität tunlichst zu vermeiden. Deshalb gibt es auch keinen Fortschritt in den Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF), bei denen es für Ungarn um ein Stand-by-Abkommen von 15 bis 20 Mrd. Euro geht und die vorläufig auf-grund mangelnder Kompromissbereitschaft Ungarns auf Eis gelegt wurden. Für die Refinan-zierung seiner Auslandsverbindlichkeiten setzt das Land nun auf internationale Investoren und wie sich zeigt, erweist sich das aktuelle Marktumfeld als dafür günstig, denn Staatsanlei-hen-Investoren sind auf der Suche nach attraktiven Renditen. Über den Verkauf der ersten Bonds in einer ausländischen Währung hat Ungarn vor wenigen Tagen 3,25 Mrd. Dollar eingesammelt, und auch bevorstehende Emissionen könnten vom Markt gut angenommen werden. Sorgen bereitet den Marktteilnehmern vor allem das Risiko einer deutlich expansiveren Geldpolitik, zu der es unter einem neuen Notenbank-Gouverneur kommen könnte. Bereits in den letzten Wochen hat sich die Währung deutlich abgeschwächt. Eine gewisse wirtschaftliche Stabilität ist für Ungarn aber unerlässlich und bei einer massiven Verschlechterung des internationalen Risikosentiments wird auch die Währung wieder unter Druck geraten. Eine schwache Währung hätte aber unter dem Gesichtspunkt vieler offenstehender Fremdwährungskredite negative Rückkoppelungseffekte auf das Wirtschaftswachstum. Das ist auch den Notenbänkern Ungarns klar, deren Spielraum, die Leitzinsen bei einem aktuellen Stand von 5,50 % weiter zu senken, zusehends enger wird. Ein gutes Einvernehmen zwischen Notenbank und Regierung wäre einer positiven Wirtschaftsentwicklung sicher förderlich. Die Wahrscheinlichkeit, dass die im März anstehende und öffentlich heftig diskutierte Nachbesetzung des Gouverneurs, aus dem (erweiterten) Umfeld Viktor Orbans erfolgt, gilt als ausgemacht.
Mit der nun erfolgten Anleihenplatzierung konnte ein Teil des Schuldendienstes gesichert werden, doch bleibt Ungarn aufgrund des geringen Vertrauens langfristiger Investoren stark den Stimmungsschwankungen der Kapitalmärkte exponiert. Sollte es eng werden, werden Orban wenig Alternativen zur Wiederaufnahme der Verhandlungen mit dem IWF bleiben."

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