Stärkt die Aktienkultur!

06.03.2014

**Die Meldung des Deutschen Aktieninstituts (DAI) diese Woche hat aufschrecken lassen. Unter dem Strich seien demnach zum Jahresende 2013 rund 600.000 Menschen weniger als noch im Jahr 2012 in Aktien investiert gewesen. Vor diesem Hintergrund beklagt **Daniel Zindstein, Portfoliomanager des unabhängigen Finanzdienstleisters GECAM AG, das Verhalten der politischen Klasse.

(fw/ah) „Strukturell verblüfft, dass der Rückgang vor allem durch weniger Anleger in Aktienfonds, also eine breit diversifizierende Anlageform, erfolgt ist. Im Gegenzug dazu ist die Zahl der direkten Aktionäre konstant geblieben.

Die Gründe sind vielfältig. Erstens diskriminiert unser Steuersystem die Aktienanlage. Während Aktienerträge mit rund 48 Prozent besteuert werden, sind es bei festverzinslichen Anlagen nur rund 26 Prozent. Grund hierfür ist, dass sich Aktiengewinne aus Unternehmensgewinnen speisen, die bereits auf Ebene des Unternehmens besteuert worden sind. Zweitens sind die Rahmenbedingungen für die Aktien-/Wertpapierberatung in den vergangenen Jahren sukzessive verschlechtert worden. Beratungs-, Dokumentations- und Haftungspflichten führen dazu, dass kaum mehr Banken eine fundierte Beratung zu einzelnen Aktien anbieten bzw. Anleger vor der Anlage zurückschrecken. Drittens mangelt es in Deutschland massiv an ökonomischer Allgemeinbildung, was die Menschen in Bezug auf das Thema Geldanlage stark verunsichert. So verfestigt sich der Eindruck, dass es sich bei der Aktienanlage um eine hochriskante Spekulation handelt, von der man besser die Finger lässt.

Richtig ist, dass die einzige Anlageform, die nach Inflation langfristig einen echten Vermögenszuwachs erbracht hat, die Beteiligung an unternehmerischer Wertschöpfung war. Mit den Schwankungen richtig umgehen zu lernen, wäre Aufgabe der Schulen und Banken, was jedoch politisch nicht gewollt wird. Die Deutschen werden ökonomisch dumm gehalten.

Die Folgen sind massiv. Zwar sind die Deutschen traditionell fleißige Sparer und legen rund 10 Prozent ihres verfügbaren Einkommens bei Seite, jedoch sind sie auch traditionell schlechte Anleger. Sie suchen Sicherheit in Sparanlagen und Lebensversicherungen, die aber keine Rendite bringen. Echter Wertzuwachs aus unternehmerischer Leistung in Form von Aktien ist nur wenig gefragt. Länder mit echter Aktienkultur, wo die Aktienanlage verstanden und von breiten Bevölkerungsschichten als integraler Bestandteil der Vermögensanlage und Altersversorgung gesehen wird, stehen deshalb beim Nettogeldvermögen viel besser da als die Deutschen. So können die Schweizer auf ein Nettogeldvermögen von rund 141.000 Euro und die US-Amerikaner auf rund 100.000 Euro pro Kopf zurückblicken. Bei den angeblich reichen Deutschen dagegen liegt es nur bei knapp 42.000 Euro.

Mütterrente, Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren, Mindestlohn. Das sind die Schlagworte und die in den ersten Zügen angegangenen politischen Ziele der großen Koalition. Vielfältige Gründe werden herangezogen, um die Empfänger- und Wählerklientel zu bedienen: Gerechtigkeit ist jedoch das alles überlagernde Argument. Was ist jedoch daran gerecht, Mütter nach wie vor unterschiedlich zu behandeln, je nachdem wann sie geboren sind bzw. wann sie Kinder bekommen (haben). Wie die jüngste Vergangenheit gezeigt hat, taugt auch das Instrument der anrechenbaren Kindererziehungszeiten kaum dafür, dass Eltern in der Zukunft mehr Kinder bekommen. Es hat lediglich dazu geführt, dass der Anreiz für die Zukunft in die Vergangenheit zurückextrapoliert wurde - natürlich aus Gerechtigkeitsgründen. Noch fataler ist in einer schrumpfenden und alternden Gesellschaft, dass die Leute nun unter bestimmten (willkürlich gewählten) Bedingungen mit 63 Jahren wieder früher abschlagsfrei in Rente gehen können. Auch das soll vorwiegend gerecht sein, denn wer 45 Jahre hart gearbeitet hat, habe einen Anspruch darauf – fünf Jahre Arbeitslosigkeit dürfen auch dabei gewesen sein. Es erschließt sich einem nur sehr schwer, wieso in einer alternden Gesellschaft mit vielen gesunden und leistungsfähigen älteren Menschen ein früherer Renteneintritt sinnvoll sein soll, während man den Jüngeren die Rente mit 67 und später mit 70 in Aussicht stellt. Jüngsten Studien zufolge beträfe die neue Regelung insbesondere handwerkliche Berufe. Der Bekämpfung der Schattenwirtschaft und der Förderung von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (ob zu Mindestlohn oder nicht) wird damit ganz sicher ein Bärendienst erwiesen. Populismus und Bedingung eigener Wählerklientel ja, ökonomisch sinnvolle und nachhaltige Entscheidungen für die Zukunftsfähigkeit unseres Landen nein!

Grundsätzlich sehen wir Sanktionen, die die Wirtschaftsbeziehungen von Menschen, Unternehmen und Ländern betreffen sehr kritisch, da sie meistens eben die Zivilbevölkerung treffen und nicht unmittelbar und in erster Linie die politisch Verantwortlichen. In einer globalisierten und vernetzten Welt sind solche Sanktionen ohne unmittelbare Folgen für die eigene Wirtschaft nicht mehr zu vollziehen. Schaut man sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland 2013 an, so stellt man fest, dass wir Exportgüter im Wert von rund 36 Mrd. Euro nach Russland ausgeführt haben. Das bedeutet Russland ist unser elft wichtigstes Exportland. Dagegen haben wir Güter über 40 Mrd. Euro eingeführt, was die Russische Föderation an die siebte Stelle der Importnationen setzt. Betrachtet man nun noch die Struktur der von uns importierten Güter, nämlich vorwiegend Öl und Gas so wird die gegenseitige Abhängigkeit schnell deutlich. Wobei Russland wohl zunächst länger damit leben könnte, kein Öl und Gas nach Deutschland zu exportieren, als wir damit, keines mehr zu erhalten.

In einer Welt, in der alle auf ein wachstumsfreundliches Wirtschaften untereinander angewiesen sind, werden aus unserer Sicht Wirtschaftssanktionen als Instrument immer unwirksamer. Politiker wie Barack Obama, die keine ökonomische Ausbildung erhalten haben, mögen solche Maßnahmen ins Feld führen. Damit lenken sie jedoch eher von der politischen Handlungsunfähigkeit ab.

Die oftmals fehlende ökonomische Intelligenz der politischen Klasse kann man beklagen oder nicht. Wichtig ist sie zu erkennen und die nötigen Schlüsse daraus zu ziehen. Die Rentenbeschlüsse der Bundesregierung zementieren den bereits rechenbaren Stress in der Rentenkasse bereits zum Ende dieses Jahrzehnts. Steigende Beiträge und sinkende Renten werden die Folge sein. Man hat nun zwei Möglichkeiten, erstens man entzieht sich der Rentenkasse durch Selbständigkeit, wozu die meisten jedoch keine Gelegenheit haben. Zweitens, die private Vorsorge über z.B. Ansparpläne in Investmentfonds mit hohem Aktienanteil wird alternativlos. Gerade für junge Leute muss diese massiv ausgeweitet und intensiviert werden, um Altersarmut zu vermeiden."

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