Streit um den „Boomer-Soli“
17.07.2025

Foto: © stock.adobe.com
Ein „Boomer-Soli“ – eine spezielle Sonderabgabe auf alle Alterseinkünfte – könnte eine wichtige Rolle dabei spielen, das Rentensystem in Deutschland zu stabilisieren. Das hat eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) ergeben.
Bei dieser Abgabe würden vor allem Personen mit hohen Renten „moderat“ zur Kasse gebeten, um einkommensschwache Rentnerinnen und Rentner zu unterstützen und somit das Risiko der Altersarmut zu verringern. Das Besondere an diesem Konzept sei, so das DIW, dass die Umverteilung ausschließlich innerhalb der älteren Generation stattfindet. Jüngere müssten also kaum belastet werden – im Gegensatz zu den geplanten Maßnahmen der neuen Koalition, bei denen Rentenbeiträge steigen oder Steuergelder in die gesetzliche Rente fließen sollen, um die Kassen zu stützen.
Peter Haan vom DIW Berlin erklärte: „Die Rentenpolitik hat es in den letzten Jahren versäumt, ausreichend Rücklagen zu bilden. Wenn alle Babyboomer in Rente gehen, wird das System noch stärker unter Druck geraten.“ Stefan Bach, ein weiterer Experte, ergänzt: „Es ist nicht fair, die Lasten des demografischen Wandels vor allem den jüngeren Generationen aufzubürden. Ein Boomer-Soli könnte helfen, die Verteilung gerechter zu gestalten. Es würde vor allem gut versorgte Rentnerinnen und Rentner treffen, denen es nicht allzu schwerfällt, einen kleinen Beitrag zu leisten.“
Die Studie zeigt auf, dass eine Sonderabgabe von zehn Prozent (nach Abzug eines Freibetrags von etwa 1.000 Euro monatlich) auf alle Alterseinkünfte die Haushalte mit den höchsten Einkommen moderat belasten würde. Je nachdem, ob auch Kapitaleinkünfte einbezogen werden, könnten diese Haushalte ein Netto-Einkommen von drei bis vier Prozent verlieren. Das untere Fünftel der Einkommensverteilung würde hingegen profitieren: Dort könnten die Einkommen um zehn bis elf Prozent steigen, was die Armutsrisikoquote im Alter von über 18 Prozent auf knapp 14 Prozent senken würde.
Ein Vorteil des Boomer-Solis sei, dass er eine breite Basis hätte: Es würde nicht nur gesetzliche Renten, sondern auch private und betriebliche Renten, Pensionen von Beamten sowie Vermögenseinkommen erfassen. Damit berücksichtigt es die Tatsache, dass für viele wohlhabende Haushalte die gesetzliche Rente nur eine geringe Rolle spielt und andere Einkünfte wie Betriebsrenten oder Vermögen einen größeren Anteil am Einkommen haben. Das erkläre auch laut DIW, warum eine reine Umverteilung innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung, wie sie etwa der Sachverständigenrat vorgeschlagen hat, weniger zielgerichtet wäre. Rentenpunkte allein sind kein zuverlässiger Indikator für das Haushaltseinkommen, weshalb eine breitere Umverteilung sinnvoller ist.
Die Studienautoren weisen darauf hin, dass die Einführung eines solchen Soli auch Nebenwirkungen haben könnte: Zum Beispiel könnten Menschen, die heute arbeiten und vorsorgen, sich durch die zusätzliche Belastung im Alter weniger motiviert fühlen, weiter zu sparen oder zu arbeiten.
Laut Medienberichten gibt es von Seiten der Union eine klare Ablehnung: Gitta Connemann, die Mittelstandsbeauftragte der Bundesregierung, kritisiert beispielsweise, dass ein „Boomer-Soli“ den Menschen Verlässlichkeit raube, weil er ihnen plötzlich einen Teil ihrer Rente wegnehmen würde. Auch Stefan Nacke, ein Vertreter der CDU/CSU, warnt vor Ungerechtigkeiten, wenn bei der Verteilung nur die Einnahmen der Rentnerinnen und Rentner berücksichtigt werden, aber Vermögen außen vor bleiben.
Kritik am DIW kam auch von DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Einen Vorschlag, der „den Mangel niedriger Renten“ lediglich unter den Rentnern umverteile, brauche niemand. Wer Beitragzahlende entlasten wolle, müsse über mehr Steuergerechtigkeit an hohe Einkommen und Vermögen rankommen. Ein Soli auf Renten lasse „die größten Einkommen im Land“ wie Miet- und Pachteinnahmen, Unternehmensgewinne und Zinsen unangetastet, so Piel. (fw)

Wie KI den Versicherungsvertrieb neu definiert
