Systematisch zum Erfolg: Warum strukturierte Anleihe-Strategien an Bedeutung gewinnen

20.06.2025

Scott Di Maggio - Foto: Copyright AllianceBernstein

Immer mehr Investoren erkennen das Potenzial systematischer Anlagestrategien für den Anleihemarkt. Statt auf subjektive Einschätzungen zu setzen, nutzen diese Ansätze datenbasierte, KI-gestützte Modelle, um gezielt Wertpapiere mit Outperformance-Potenzial zu identifizieren. Was sich dahinter verbirgt, welche Vorteile – aber auch Herausforderungen – systematische Strategien mit sich bringen, und worauf Investoren bei der Managerauswahl achten sollten, beleuchtet Scott DiMaggio, Head Fixed Income bei AllianceBernstein in seinem Marktkommentar.

[Copy Text]  Investoren entdecken zunehmend systematische Anlagestrategien im Anleihenmarkt für sich. Bei diesem neuen Ansatz trifft ein dynamischer Multifaktor-Prozess die Anlageentscheidungen – basierend auf prädiktiven Faktoren, deren Zusammenhang mit einer Outperformance nachgewiesen ist. Ein quantitativer, KI-gestützter Entscheidungsprozess bewertet jede Anleihe im Markt nach ihrer Übereinstimmung mit diesen Faktoren – mit dem Ziel, durch eine Bottom-Up-Auswahl der Wertpapiere Alpha zu erzielen. Das unterscheidet sich deutlich von traditionellen aktiven Anleihefonds, die in der Regel auf die Steuerung von Duration, Kreditrisiko (Beta) und Sektor-Allokation fokussieren.

Geringere Volatilität in unruhigem Marktumfeld Ein Vorteil für Anleger: Systematisches Investieren in Anleihen stellt einen anderen und ergänzenden Ansatz zu herkömmlichem aktivem Bond-Investing dar. Es kann attraktive, konsistente Überrenditen liefern und weist laut unserer Analyse sowohl eine geringe Korrelation zu traditionellen Strategien als auch eine geringere Volatilität auf. Bisher stellten diese neuen Strategien Asset Manager jedoch vor Herausforderungen: Systematisches Fixed-Income-Investing erfordert spezielles Know-how und Ressourcen, die schwer aufzubauen sind und Jahre in der Entwicklung benötigen. Drei Erfolgsfaktoren sind dabei besonders wichtig:

§  Umfassende und verlässliche Daten

§  Kompetenz im Umgang mit Faktoren

§  Moderne Tools zur Liquiditätsanalyse und zum Handel

Wenn Anleger in diesem Bereich investieren wollen, ist die fundierte Auswahl des Asset-Managers entscheidend. Sieben zentrale Fragen, die bei der Entscheidungsfindung helfen können:

1. Wird das Faktor-Management dynamisch betrieben – und wie viele Faktoren kommen zum Einsatz? Die Auswahl und Gewichtung der prädiktiven Faktoren sind entscheidend für die Performance. Da sich die Wirksamkeit einzelner Faktoren im Zeitverlauf verändert, müssen Investmentmanager ihre Fähigkeit zum dynamischen Faktor-Management nachweisen. Strategien, die viele Faktoren flexibel gewichten, sind oft erfolgreicher als solche mit wenigen, statischen Faktoren.

2. Ist eine Liquiditätsanalyse in den Anlageprozess integriert? Systematische Manager, die schnell und effizient Anleihen handeln können, haben einen klaren Vorteil. Der Handel mit Anleihen ist weitaus komplexer und weniger liquide als der mit Aktien. Erfolgreiche systematische Ansätze binden Liquiditätsdaten direkt in das Modell ein, um gezielt handelbare Anleihen auszuwählen. Einfache Ansätze hingegen senden nur eine Liste von Kriterien-erfüllenden Anleihen an das Trading-Desk – auch wenn diese nicht optimal zum Modell passen.

3. Wie umfassend ist die Datengrundlage? Große, saubere und über Jahre hinweg gepflegte Datensätze sind das Fundament robuster, systematischer Strategien. Vorsicht ist geboten bei Managern mit kurzer Datenhistorie oder minderwertigen Datenquellen.

4. Wie ist Künstliche Intelligenz in den Prozess integriert? Machine Learning kann in vielen Bereichen eines systematischen Ansatzes Mehrwert schaffen – von effizienter Mustererkennung und Lückenfüllung bis hin zur Optimierung der Faktoranalyse. Manager, die das Potenzial von KI nicht nutzen, werden schnell abgehängt.

5. Ist der Investmentansatz rein quantitativ? Die Kombination aus quantitativen Experten und erfahrenen aktiven Fixed-Income-Profis – etwa Portfoliomanagern und Händlern – bietet erhebliche Vorteile. Sie verbessert die Handelsausführung, senkt Kosten und ermöglicht einen breiteren Blick auf Märkte, Risiken und Chancen, die Modelle allein oft nicht erfassen.

6. Inwiefern arbeitet das angewendete Modell als Black Box? Systematisches Anleihen-Investieren ist kein Selbstläufer: Es erfordert laufende menschliche Eingriffe – von der Auswahl und Überwachung der Faktoren bis hin zur Anpassung des Portfolios bei veränderten Marktbedingungen. Manager sollten zeigen, dass sie sowohl bestehende als auch neue Faktoren kompetent bewerten und einsetzen können.

7. Wie beschreibt der Asset-Manager seine Ergebnisse? Investoren dürfen erwarten, dass robuste, systematische Strategien geringere Kreditrisiken aufweisen als traditionelle aktive Produkte. Durch den Fokus auf Wertpapierauswahl und eine strenge Steuerung von Kredit- und Sektorrisiken sind Upside-Potenziale höher, Downside-Risiken begrenzter – und die Informationsquoten entsprechend hoch.

Die Bewertung eines so andersartigen Prozesses erfordert eine individuell angepasste Analyse. Doch der Aufwand lohnt sich: Systematisches Fixed-Income-Investing bietet nicht nur Potenzial für konsistentes Alpha, sondern auch für mehr Diversifikation durch neue Ertragsquellen im Portfolio – eine sinnvolle Ergänzung zu traditionellen aktiven Anlagestrategien.