Zwischen Leistungswettbewerb und Zugangskrise

12.08.2025

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Der Markt für Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) präsentiert sich auf Hochleistungsniveau und mit weit über 600 Tarifkombinationen äußerst ausdifferenziert. Und doch war es nie schwieriger, den Zugang zur Absicherung fair, verständlich und bezahlbar zu halten. Zwischen Wettbewerb um Zusatzkomponenten, steigender Komplexität und neuen Kundenerwartungen braucht der Markt mehr denn je Orientierung und Klarheit.

Der Zugang muss fair bleiben

Die häufigsten BU-Leistungsursachen sind nach wie vor psychische Erkrankungen mit steigender Tendenz (33,7 %), gefolgt von Erkrankungen des Bewegungsapparats (20,4 %) und Krebs (17,6 %). Damit wächst auch die gesellschaftliche Verantwortung: Wie können Versicherungsmodelle so gestaltet werden, dass Menschen mit psychischen Vorerkrankungen – etwa ADHS im Kindesalter – nicht systematisch vom Schutz ausgeschlossen werden? Auch körperlich Tätige oder Personen mit Vorbelastung stehen oft vor Hürden. Es braucht Lösungen, die zwischen Risikoprüfung, Solidarität und Marktfunktion vermitteln.

Junge Zielgruppen, lange Laufzeiten – neue Anforderungen

Ein Blick in die aktuellen POS-Auswertungen von MORGEN & MORGEN (über 500.000 Berechnungen pro Jahr) zeigt: Die Zielgruppe wird jünger, die Vertragslaufzeiten länger. 58 % der Abschlüsse erfolgen mittlerweile vor dem 30. Lebensjahr, über 7 % sogar unter 18 Jahren. Schüler und Studierende machen rund 9 % der Berechnungen aus. Gleichzeitig wünschen sich 70 % der Anfragenden eine Absicherung bis zum 67. Lebensjahr. Der Markt reagiert mit Angeboten für diese Zielgruppen: vereinfachte Gesundheitsfragen, reduzierte Anfangsbeiträge, flexible Nachversicherungsmöglichkeiten. Doch mit wachsender Vielfalt steigen auch die Anforderungen an Vergleich und Beratung.

Orientierung statt Leistungswettbewerb: Was Ratings leisten müssen

Ein fundiertes Rating trägt eine hohe Verantwortung. Es muss einerseits die zentralen Leistungsmerkmale der BU verlässlich abbilden – andererseits darf es nicht zum Treiber eines Marktes werden, in dem immer neue Zusatzbausteine und Sonderklauseln den Zugang zu essenzieller Absicherung verteuern oder erschweren. Gerade bei der Berufsunfähigkeitsversicherung ist dieser Balanceakt entscheidend. Denn wer die Relevanz aus dem Blick verliert, riskiert eine Entwicklung, bei der sich Produktvielfalt zulasten von Verständlichkeit, Vergleichbarkeit sowie Bezahlbarkeit und letztlich der Versicherten auswirkt.

MORGEN & MORGEN begegnet dieser Herausforderung mit einem klaren Fokus. Das M&M Rating Berufsunfähigkeit bewertet ausschließlich die relevanten Leistungsanforderungen und verzichtet bewusst auf die Bewertung optionaler Ergänzungen, die nicht für alle Zielgruppen gleichermaßen bedeutsam sind. Ziel ist nicht ein „Wettbewerb um immer mehr“, sondern die Orientierung an dem, was den Kern guter Absicherung ausmacht. Das Rating umfasst vier transparent dokumentierte Bewertungskategorien – Bedingungen, Antragsfragen, Beitragsstabilität und Kompetenz des Versicherers – und aggregiert diese zu einem Gesamtergebnis. Die Ergebnisse sind frei zugänglich und schaffen damit eine breite Markttransparenz für Vermittler, Versicherer und Verbraucher. Ergänzend bewertet ein weiteres MORGEN & MORGEN Rating die Vertragsflexibilität – in Bezug auf Nachversicherungsgarantien. Damit tragen wir dem Fokus auf junge Zielgruppen Rechnung. Hier ist es besonders relevant, dass der Versicherungsschutz an veränderte Lebensumstände angepasst werden kann. Oberste Priorität haben die Transparenz der Bewertungskriterien sowie die kostenfreie Erstellung der einzelnen Bewertungen. Auch wenn Versicherer im Nachgang Siegel erwerben können, ist der Weg zum Ergebnis immer gebührenfrei und damit unabhängig.

Beratung im Wandel: Komplexität beherrschbar machen

Die meisten BU-Tarife erfüllen heute die zentralen Leistungsanforderungen – mit teils unterschiedlichen Ausprägungen. Der Wettbewerb verlagert sich zunehmend auf zusätzliche Komponenten, die für bestimmte Zielgruppen interessant, aber nicht zwingend notwendig für alle sind. Diese Entwicklung birgt Risiken: Zusätzliche Leistungen können die Produkte verteuern und die Zugänglichkeit für bestimmte Berufsgruppen erschweren. Gleichzeitig steigt der Anspruch an die Beratung. Vermittler müssen Tarife fachlich durchdringen und mit individuellen Lebensmodellen, gesundheitlichen Voraussetzungen und finanziellen Möglichkeiten abgleichen. Die Komplexität wächst – ebenso wie der rechtliche und ethische Anspruch an eine passgenaue Empfehlung. In diesem Umfeld wird Orientierung zur zentralen Ressource. Vergleichstools wie M&M Office ermöglichen es, über das Rating hinaus gezielt individuelle Leistungsmerkmale zu analysieren – ohne die Vergleichbarkeit zu verzerren. Für die strukturierte Prüfung und kontinuierliche Optimierung bestehender Verträge unterstützt zudem der M&M Tarifoptimierer – ein hilfreiches Tool für zeitgemäße Empfehlungen auf Basis objektiver Daten.

Orientierung schafft Zugang und Differenzierung

Die BU bleibt auch 2025 der Goldstandard der Einkommensabsicherung – doch sie steht unter Druck. Zwischen Innovationsanspruch, Individualisierung und steigenden Zugangshürden braucht der Markt klare Orientierungspunkte. Unabhängige Ratings und smarte Vergleichstools sind dabei kein Selbstzweck, sondern Grundlage für fundierte Entscheidungen und faire Beratung. Für Vermittler entsteht daraus ein echtes Differenzierungspotenzial. Wer Qualität erkennt, Transparenz schafft und Produkte verständlich macht, wird auch in einem zunehmend komplexen Umfeld erfolgreich BU-Lösungen platzieren – gerade für die junge Generation mit langen Vertragsdauern und vielen offenen Fragen.

Ein Beitrag von Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik & Rating, MORGEN & MORGEN GmbH