Abenomics - Chance für Japan?
06.08.2013
**Japan befindet seit zwei Jahrzehnten in einer Deflation. Ministerpräsident Abe will nun seit einigen Monaten immens gegensteuern und das Schiff wieder flottmachen. "finanzwelt" sprach mit *Jonathan Greenhill, Fondsmanager des Baring Japan Growth. finanzwelt:* Japanische Aktienfonds konnten im 1. Quartal 2013 Mittelzuflüsse einstreichen. Die ersten Zeichen der neuen Regierungspolitik unter Ministerpräsident Abe sahen vielversprechend aus. Kehrt nun wieder Ernüchterung ein?
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Greenhill:** Man kann sagen, dass wir nach einer immens positiven Marktreaktion auf die Anfangsphase der neuen Regierung nun gemischte Wochen, inmitten von Gewinnmitnahmen und Enttäuschung über die fehlenden Details zum neuen Wachstumsplan der Regierung, gesehen haben. Dies ist im Wesentlichen ein Konflikt zwischen der Entwicklungsgeschwindigkeit, die der Markt gerne sehen würde, und dem Tempo, dass von der politischen Realität bestimmt wird. In Anbetracht bevorstehender Wahlen und aufgrund der derzeit hohen Beliebtheit von Ministerpräsident Abe war es von vornherein recht unwahrscheinlich, dass er zu diesem Zeitpunkt allzu sehr ins Detail gehen würde, doch der Markt zeigte sich ungeduldig. Nach den Oberhauswahlen, wenn wir nähere Informationen über das Programm für die nächste Legislaturperiode erhalten, sollte ein geeigneterer Zeitpunkt sein, um die Entwicklung der Regierung zu beurteilen.
*finanzwelt:* Wie würden Sie die „Abenomics" charakterisieren und wie erfolgsversprechend ist diese Strategie? Wie schätzen Sie die Gefahr einer Abwertungsspirale asiatischer Währungen ein (Korea)?
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Greenhill:** Abenomics, wie man die Wirtschaftsstrategie der Regierung weitläufig nennt, ist ein klarer Versuch, der langen Deflationsphase und dem fehlenden Wirtschaftswachstum in Japan ein Ende zu setzen. Sie gliedert sich darum, was Abe als seine drei Pfeile beschreibt. Pfeil eins ist eine aggressiv expansive Geldpolitik, wie sie kürzlich von der Bank of Japan beschlossen wurde. Pfeil zwei ist eine flexible Fiskalpolitik, die neben der Haushaltsdisziplin kurzfristig expansive Ausgaben ermöglicht, damit das Wachstum aufholen kann. Der dritte Pfeil bezieht sich auf den Wachstumsplan, der verschiedene Themen umfasst, wie die Deregulierung, eine Arbeitsmarktreform und die Förderung von Freihandelsabkommen. Dieser letzte Pfeil stellt nun den Blickpunkt für die Märkte und die größte Herausforderung für die neue Regierung dar.
Ein Ergebnis dieser politischen Maßnahmen, insbesondere von Pfeil eins, ist ein schwächerer Yen. Dies könnte bedeuten, dass andere Länder eine Währungsabwertung zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit anstreben. Japan erlebte viele Jahre mit Währungsaufwertung und die jüngste Phase, wo dies nicht der Fall war, fiel aus historischer Sicht ziemlich kurz und moderat aus. Außerdem sind die genannten politischen Maßnahmen die gleichen, denen man auch anderswo nachgeht und, was ein entscheidender Punkt ist, sie scheinen die Unterstützung und Befürwortung der USA zu haben.
*finanzwelt:* Das Bewusstsein für die Staatsverschuldung ist auch bei Japanern gestiegen, die „Staatsgläubigkeit" könnte bröckeln. Wer soll künftig die Schuldtitel kaufen (auch im Hinblick auf eine älter werdende Bevölkerung)?
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Greenhill:** Bei dem Versuch, das Wachstum zu steigern und die Inflation zu erhöhen, entsteht natürlich eine Begleiterscheinung in Form eines zunehmenden Risikos am Markt für japanische Staatsanleihen, insbesondere aufgrund der außerordentlich hohen Staatsschuldenstände und der sehr niedrigen derzeitigen Zinssätze. Die Regierung setzt darauf, dass ein größeres Wirtschaftswachstum die Steuereinnahmen stärker erhöht, als die zusätzlichen Kosten für höhere Zinsen ausmachen würden. In Kombination mit ausgeprägten Anleihekäufen durch die Bank of Japan könnte dies einen allzu steilen Rückgang am Rentenmarkt verhindern. Das wird ein sehr heikler Balanceakt werden, jedoch ist die Regierung offensichtlich der Meinung, dass sie das Risiko eingehen muss und es keine Alternative dazu gibt.
(Das Interview führte Alexander Heftrich)

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