Aktien: Das Inflationsgespenst

29.06.2021

Dr. Marc-Oliver Lux, Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG / Foto: © Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG

Beispiel Logistik: Im Zuge der Pandemie wurden die Schiffskapazitäten massiv reduziert. Jetzt fährt die Welt wieder überall gleichzeitig hoch. Der Warenfluss ist jedoch durch unterschiedliche Quarantäne-Vorschriften weiterhin gestört, gerade zwischen China, Europa und USA. Container befinden sich am falschen Ort. Die Reeder suchen händeringend Schiffkapazitäten. All dies treibt die Preise für den Transport.

Beispiel Bau: Die Kosten für Baumaterialien, insbesondere Holz, haben sich zum Teil vervielfacht. Handwerker waren schon vor der Pandemie knapp. Jetzt ist es nicht nur schwierig, einen Handwerkertermin zu bekommen, sondern auch noch teurer.

Beispiel Tourismus: Sobald einzelne Ferienregionen nicht mehr als Corona-Risikogebiet eingestuft werden, schießen die Buchungszahlen hoch. Die Flugkapazitäten Richtung Mallorca und Griechenland liegen mittlerweile sogar über dem Vor-Krisen-Niveau. Doch anders als in anderen Branchen haben die Airlines nichts davon: es herrscht ein Preiskampf und gleichzeitig sind die Kerosinpreise gestiegen.

In den kommenden Monaten müssen sich Investoren und Verbraucher wohl generell auf höhere Preise einstellen. Dennoch: Für Inflationspanik gibt es vor allem in Europa keinen Anlass. Wenn die Lager erst mal gefüllt sind und die Unternehmen ihre Produktion hochfahren, sollten die Engpässe überwunden sein - und damit auch die verbundenen Preiseffekte. Entscheidend für die langfristige Inflation ist die Entwicklung der Löhne. Erst wenn sie deutlicher steigen, ist mit dauerhaft höheren Preisen zu rechnen. Bislang ist davon aber wenig zu spüren. Im Gegenteil: Durch die Pandemie ist die Arbeitslosigkeit in Europa gestiegen. Geschäfte, Restaurants, Hotels, Fluggesellschaften - viele Branchen haben massiv unter der Pandemie gelitten.

Noch verdeckt die Kurzarbeit die Folgen, aber die Arbeitslosigkeit steigt. Solange sie hoch ist, sind deutlich höhere Löhne kaum denkbar. Das gilt vor allem für Euro-Länder wie Italien, Spanien und Griechenland, wo die Arbeitslosigkeit schon vor der Corona-Pandemie bei zehn Prozent und mehr lag.

Etwas anders ist die Situation in den USA. Dort stützt die Regierung von Präsident Joe Biden die Wirtschaft mit einem riesigen Konjunkturpaket. Zudem war die Arbeitslosigkeit schon vor der Pandemie geringer. Daher ist in den USA eher mit steigenden Löhnen und einer dauerhaft höheren Inflation zu rechnen. Noch aber zeichnen sich auch dort keine deutlich höheren Löhne ab. Im April sind weit weniger neue Jobs entstanden, als Ökonomen erwartet hatten.

Für Investoren ist die Entwicklung in den USA wichtig, weil sie den Takt für die internationalen Kapitalmärkte vorgibt. Doch selbst wenn es dort ein Inflationsproblem geben sollte, muss dies nicht auf Deutschland und Europa herüberschwappen.

Kolumne von Dr. Marc-Oliver Lux, Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München

Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Ihren Meinungen und Online-Anlagestrategien finden Sie auf www.v-check.de