Berufsunfähigkeit wegen Alkoholsucht?

23.09.2025

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke. Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Probleme bei der Antragsstellung: Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht

Ein häufiger Streitpunkt im Zusammenhang mit Berufsunfähigkeit wegen Alkoholsucht ist die sog. vorvertragliche Anzeigepflicht. Beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist der Versicherungsnehmer in der Regel verpflichtet, alle ihm bekannten, gefahrerheblichen Vorerkrankungen – darunter auch eine frühere oder bestehende Suchterkrankung – wahrheitsgemäß anzugeben.

Wurde (zum Beispiel) eine Alkoholsucht verschwiegen und stellt sich dies im Leistungsfall heraus (zum Beispiel mittels ärztlicher Unterlagen), kann der Versicherer den Vertrag im Einzelfall anfechten oder vom Vertrag zurücktreten – selbst, wenn die Berufsunfähigkeit auf einer anderen Ursache beruht. Auch frühere Entzugsbehandlungen oder psychotherapeutische Maßnahmen müssen im Zweifel angegeben werden (näher hierzu: Arglistige Täuschung durch Nichtangabe einer Alkoholerkrankung (OLG Celle)).

Risikoausschluss: Eine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles?

Grundsätzlich besteht die Leistungspflicht in der Berufsunfähigkeitsversicherung unabhängig davon, wie es zu der Berufsunfähigkeit gekommen ist. Jedoch versuchen Versicherer bei Berufsunfähigkeit wegen Alkoholsucht oft, sich auf Risikoausschlüsse zu berufen. Hier ist insbesondere auf den weit verbreiteten Risikoausschluss der vorsätzlichen Herbeiführung eines Versicherungsfalles einzugehen. Versicherer tragen bei Alkoholsucht oftmals vor, der Versicherungsfall sei vorsätzlich herbeigeführt worden. Das Argument lautet häufig: „Der Betroffene habe durch anhaltenden Alkoholkonsum seine Berufsunfähigkeit selbst verschuldet.“ Zumindest bei Beginn der Sucht trifft in der Regel der Vorsatz- oder grobe Fahrlässigkeitsvorwurf auf das reine Konsumieren zu. Allerdings muss sich der Vorsatz auf die Herbeiführung der Berufsunfähigkeit, nicht nur auf die zugrunde liegende Gesundheitsbeeinträchtigung richten. Und genau dieser Aspekt liegt regelmäßig nicht vor. Die Gerichte betonen häufig, dass ein suchtbedingter Kontrollverlust vorliegt. In diesen Fällen fehlt es in der Regel an dem für Vorsatz erforderlichen bewussten und gewollten Herbeiführen des Versicherungsfalls. Auch obliegt dem Versicherer der Beweis für ein entsprechendes Verhalten des Versicherungsnehmers, wenn er sich auf den Ausschluss beruft.

Fazit und Handlungsempfehlung

Berufsunfähigkeit wegen Alkoholsucht kann – wie viele andere schwere Erkrankungen – im Einzelfall zur Berufsunfähigkeit führen. Der Weg zur Anerkennung der Leistungsverpflichtung durch die Berufsunfähigkeitsversicherung ist jedoch besonders herausfordernd, nicht selten langwierig. Neben der medizinischen Nachweisführung ist ebenso die Darlegung der Tätigkeit als auch die entsprechenden Einschränkungen maßgeblich. Um Ansprüche aus der Berufsunfähigkeit wegen Alkoholsucht nicht zu gefährden, sollte frühzeitig rechtliche Beratung durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt zurückgegriffen werden, damit bestenfalls keine Ansprüche vereitelt werden.

Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke, Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.

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