Der Bürokratie-Wolf im Schafspelz
24.11.2025

Martin Klein, Vorstand, Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V. / Foto: © Votum
Im Einzelnen:
1. EU-Kommission will den Begriff der unabhängigen Beratung allein definieren
Vorbei an den parlamentarischen Prozessen für maßgebliche Richtlinien, insbesondere der IDD, beabsichtigt die Kommission über die Verordnung zum PEPP den Begriff „unabhängige Beratung“ auch für die Versicherungsvermittlung zu definieren. Dies unternimmt sie, indem sie in der Liste der Begriffsbestimmungen in Artikel 2 der PEPP Verordnung eine Ziffer 34 wie folgt anfügt:
„Unabhängige Beratung“ eine Beratung, bei der der PEPP-Anbieter oder PEPP-Vertreiber:
a) eine ausreichend große Zahl von auf dem Markt verfügbaren privaten Altersvorsorgeprodukten bewertet, die hinsichtlich ihrer Art und ihrer Produktanbieter ausreichend diversifiziert sind, um sicherzustellen, dass die Ziele des potenziellen PEPP-Sparers angemessen erreicht werden können, und sich nicht auf private Altersvorsorgeprodukte beschränkt, die von Unternehmen angeboten oder bereitgestellt werden, die enge Verbindungen zum PEPP-Anbieter oder PEPP-Vertreiber haben;
b) nimmt keine Gebühren, Provisionen oder sonstigen monetären oder nicht monetären Vorteile an, die von Dritten oder im Namen Dritter im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistung für potenzielle PEPP-Sparer gezahlt oder gewährt werden;“
Es ist eindeutig, dass die EU-Kommission hiermit versucht, der aktuellen Diskussion im Rahmen der Retail Investment Strategie vorzugreifen. Dort wird gerade darüber diskutiert, ob der Begriff der unabhängigen Beratung auch im Bereich der Versicherungsvermittlung ausschließlich auf die Tätigkeit als Honorarberater beschränkt werden kann. Hierzu hat es bisher keinerlei Konsens gegeben und die EU-Kommission unternimmt nunmehr mit der PEPP-Verordnung den Versuch, die Begrifflichkeit der „unabhängigen Beratung“, die wenn überhaupt in einer Richtlinie definiert werden muss, auf dem kurzen Dienstweg festzuzurren. Dies wohl auch, weil sie gemerkt hat, dass sie im Rahmen der Diskussion zur RIS Widerstand nicht nur aus dem europäischen Parlament, sondern insbesondere auch aus den Ländervertretungen erfahren hat.
Es soll an dieser Stelle nicht erneut die Diskussion vertieft werden, ob die Vergütung auf Grundlage des marktüblichen Courtagemodells die Unabhängigkeit des Maklers beeinträchtigt. Der VOTUM Verband sieht dies keineswegs so. Wenn es hier jedoch im Rahmen der Versicherungsvermittlung zu einer Definition dessen kommen soll, was unabhängig bedeutet, so kann diese Definition nicht in einer Delegierten Verordnung erfolgen, sondern allenfalls in der übergeordneten Richtlinie IDD.
2. Keine Beratung bei Basis-PEPPs durch Versicherungs- und Finanzanlagevermittler
Gänzlich unverständlich wird das Agieren der EU-Kommission beim sogenannten Basis-PEPP. In der geltenden Verordnung ist das Vorhalten eines Angebots für ein Basis-PEPP, die Grundlage dafür, dass derselbe Anbieter auch weitere Produktvarianten anbieten kann. Diese Verpflichtung soll nunmehr wegfallen, jedoch vereinfacht dies den Vorgang tatsächlich nicht. Basis-PEPPs sollen zukünftig ausschließlich für das beratungsfreie Geschäft konzipiert werden. Der Vertrieb soll ausdrücklich bevorzugt ohne Beratung stattfinden. Es wird klar festgelegt, dass eine Verpflichtung zur Beratung vor Abschluss eines Basis-PEPPs nicht besteht.
Das Angebot zu einer Beratung bei Abschluss dieser Verträge wird sogar erschwert, in dem festgelegt wird, dass diese Beratung nur auf „unabhängiger Basis“ stattfinden darf. D.h., immer auf der Grundlage eines umfassenden Marktüberblicks mit dem Vergleich verschiedener PEPP Anbieter und ohne Provisionsvergütung, sondern nur mit einem vom Interessenten gezahlten Honorar.
Damit ist ausgeschlossen, dass zukünftig eine Beratung bei der Vermittlung von Basis-PEPPs durch die Ausschließlichkeitsorganisationen der Versicherungsgesellschaften oder durch Mehrfachagenten erfolgt. Auch Versicherungsmakler und Finanzanlagevermittler, die auf Provisionsbasis tätig werden, werden zukünftig keine Beratung bei der Vermittlung von Basis-PEPPs anbieten können. Im Ergebnis führt dies dazu, dass Versicherungsgesellschaften und auch Fondsgesellschaften wenig Anlass haben werden, sich Gedanken darüber zu machen, ein Basis-PEPP zu konzipieren, da ihnen - anders als offensichtlich der EU-Kommission - bekannt ist, dass Altersvorsorgeprodukte ohne Beratung tatsächlich keine Verbreitung finden.
Bei der Komplexität der Entscheidung, wie die beste Altersvorsorge gelingt, ist jeder Verbraucher in der EU gut beraten, wenn er dies auf Basis einer fundierten Beratung entscheidet. Erst dann kann bspw. in Deutschland das Ineinandergreifen der drei Säulen aus gesetzlicher Rente, betrieblicher- und privater-Vorsorge, dem angestrebten Erwerb einer eigenen Immobilie, die Absicherung von Angehörigen, der eigenen Arbeitsleistung sowie aufgebauter eigener Werte in einen schlüssigen Konsens gebracht werden. Der Altersvorsorge breiter Bevölkerungsschichten ist nicht dadurch gedient, beratungsfreies Geschäft auf Online-Plattformen vorzuhalten.
Man muss kein Hellseher sein, dass unter diesen Vorgaben, dem Basis-PEPP das gleiche Schicksal beschieden ist, wie dem derzeitigen nicht vorhandenen PEPP-Angebot.

AfW und BFV betonen gesetzlich verankerte Stellung









