Der Bürokratie-Wolf im Schafspelz
24.11.2025

Martin Klein, Vorstand, Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V. / Foto: © Votum
3. Neue technische Regulierung-Standards für Risikominderungsstrategien
Die Überarbeitung der Verordnung zeigt erneut deutlich, dass die EU-Kommission weiterhin dem Irrglauben aufsitzt, dass sie und die Aufsichtsbehörden die besseren Produktentwicklern sind und offenbart hier erneut ein tiefes Mistrauen in die Lösungskompetenz der privaten Anbieter.
Mit einer neuen Definition wird der Begriff der „Lebenszyklus-Anlagestrategie“ eingeführt. Dies „bezeichnet eine Anlagestrategie, bei der das mit den Anlagen verbundene Risiko gemäß einem vorab festgelegtem Gleitpfad angepasst wird, um das Anlagerisiko zu mindern und ein angemessenes Maß an langfristiger Bewertung unter Berücksichtigung des Alters oder des Renteneintrittsdatums der Person und ggfls. des Auszahlungsprofil des Produkts, um das Risiko großer Verluste zu minimieren.“(Artikel 1 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 35 neu).
Es überrascht nicht, dass einer solcher Definition die Ermächtigung folgt, dass deren Vorgaben und Kontrolle nach Auffassung der EU-Kommission zwingend von den Aufsichtsbehörden mit technischen Regulierungsstandards festgelegt werden müssen. So findet sich dann auch in Artikel 46 Abs. 3 neu die Ermächtigung der EIOPA, Mindestqualitätskriterien in der Form technischer Regulierungsstandards festzulegen, wie diese Risikominderungstechniken erfüllt werden. Diese technischen Standards sollen von der EIOPA 6 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung vorgestellt werden.
Es zeigt sich hier ein erneutes Beispiel, dass von Bürokratieabbau bei dem neuen Verordnungsentwurf der EU-Kommission tatsächlich nicht ansatzweise die Rede sein kann. Es finden sich vielmehr erneut diverse Ermächtigungen, um weitere technischen Regulierungsstandards vorzugeben und damit dem Zuwachs neuer Bürokratie Tür und Tor zu öffnen.
4. Kostendeckel weg, alles gut?
Man könnte meinen, dass durch die Abschaffung der Verpflichtung, ein Basis-PEPP vorzuhalten nunmehr die große Produktgestaltungsfreiheit ausbricht und die Anbieter sich freudig auf die Möglichkeit stürzen, sogenannte komplexere PEPPs anzubieten, für die sodann sowohl der provisionsbasierte Vertrieb möglich ist als auch ein Kostendeckel nicht beachtet werden muss. Diese Erwartungshaltung wäre naiv.
Tatsächlich greift die EU-Kommission auch hier in der Verordnung bereits den von ihr antizipierten Ergebnissen des RIS-Trilogs vor. Der neu gestaltete Artikel 25 sieht vor, dass die PEPP-Anbieter im Rahmen ihres Produktgenehmigungsverfahrens für die Bewertung des Preis-Leistungsverhältnisses „die einschlägigen aufsichtsrechtlichen Benchmarks“ nutzen. Selbstverständlich wird die Kommission auch hier ermächtigt, weitere Delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die Produktkriterien und Benchmarks für PEPP-Produkte festzulegen.
Die EU-Kommission geht hier fest davon aus, dass sie zukünftig diejenige Behörde ist, die zusammen mit der EIOPA konkrete Preis-Leistungs-Benchmarks für versicherungsbasierte Anlageprodukte festlegt. Wer also glaubt, dass der starre Kostendeckel der Basis-PEPPs, der bisher die Entwicklung dieser Produkte eingeschränkt hat, ersatzlos wegfällt, irrt. Es wird vielmehr mit der neuen Verordnung der Kommission das Recht eingeräumt, ihrerseits für alle PEPP-Produkte Kostengrenzen in Form von Benchmarks festzulegen. Wie diese Festlegung erfolgt, wird sich zukünftig der politischen Kontrolle weitestgehend entziehen.
Unter dem Deckmantel der Abschaffung von augenscheinlichen Kostenbegrenzungen erleben wir hier ein klassisches vom Regen in die Traufe mit einem nochmaligen Zuwachs erheblicher Bürokratie.
Im Ergebnis ist diese Verordnungsentwurf nicht zustimmungsfähig. Das gesamte Gebaren der EU-Kommission ist hier tatsächlich mehr als kritikwürdig. Sie hat im Jahr 2019 mit der PEPP-Verordnung einen überbürokratischen Ansatz gewählt, dessen erwartetes Scheitern von allen Marktteilnehmern vorhergesehen wurde. Der neue Vorschlag ist die Fortsetzung dieses Irrwegs mit anderen Mitteln.
Ein Gastbeitrag von RA Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des VOTUM Verbands

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