„Der Zusammenschluss läuft nach Plan“
18.06.2025

Dr. Guido Bader, Vorsitzender des Vorstands Stuttgarter Versicherungsgruppe / Foto: © Stuttgarter
Im Geschäftsjahr 2024 hat die Stuttgarter ein Rekordergebnis erzielt. Im Interview spricht Dr. Guido Bader, Vorsitzender des Vorstands der Stuttgarter Versicherungsgruppe, über die Wachstumstreiber, positive Effekte der Rechnungszinserhöhung, den Stand der Fusion mit der SDK und deren Auswirkungen auf den Vertrieb.
finanzwelt: Herr Dr. Bader, wie hat sich das Geschäftsjahr 2024 entwickelt?
Dr. Guido Bader: Trotz der wirtschaftlich schwierigen Lage haben wir 2024 in vielen Dimensionen Rekordergebnisse erzielt, worüber ich mich sehr freue. Besonders in der Lebensversicherung lief es stark – das Neugeschäft war mit 2,17 Mrd. Euro Beitragssumme das beste in unserer Geschichte. Auch in der Sachversicherung, vor allem im Unfallbereich,haben wir mit einer Combined Ratio von 81,3 % sowie Beitragswachstum überzeugt. Zudem konnten wir das Eigenkapital unserer Konzernmutter, der Stuttgarter Lebensversicherung a.G., weiter stärken – auf einen neuen Höchststand von 214 Mio. Euro.
finanzwelt: Was waren die Wachstumstreiber? Wo sehen Sie noch Nachholbedarf?
Dr. Bader: Zentrale Wachstumstreiber in der Lebensversicherung waren hybride Altersvorsorgeprodukte in allen steuerlichen Schichten, insbesondere in der bAV. Aber auch in der BU und der Unfallversicherung hatten wir ein starkes Neugeschäft. Dennoch haben wir auch die Auswirkungen von Inflation und Rezession gespürt – wie der gesamte Markt – durch eine höhere Stornoquote. Gerade in der bAV führten Insolvenzen von Trägerunternehmen zu Vertragsabbrüchen, und auch individuelle Jobwechsel trugen dazu bei. Solche Entwicklungen sind natürlich ärgerlich und bringen zusätzlichen Aufwand mit sich.
finanzwelt: Zum Jahreswechsel hat die Stuttgarter eine umfassende neue Tarifgeneration mit angehobenem Höchstrechnungszinses von 1 % eingeführt. Welche Produkte betrifft das vor allem und wie wirkt sich das bisher auf die Nachfrage aus?
Dr. Bader: Am stärksten ist der Effekt bei BU-Produkten. Hier hat die Erhöhung des Höchstrechnungszinses dazu geführt, dass die Produkte spürbar günstiger wurden. Zudem haben wir – als einer von sehr wenigen Anbietern – immer noch ein FFF+-Rating von Franke und Bornberg. Das Neugeschäft in der BU ist daher bei uns nochmals signifikant angesprungen. Im Bereich der Altersvorsorge setzen wir ganz bewusst auf fondsgebundene und hybride Produkte mit abgesenkten Garantien. Viele Kunden verstehen inzwischen, dass sich Renditechancen und Sicherheit kombinieren lassen. Hier führte der neue Höchstrechnungszins vor allem zu steigenden garantierten Rentenfaktoren. Insgesamt sehen wir nach dem Rekordjahr 2024 einen erneuten deutlichen Anstieg des Neugeschäfts. Wir steuern womöglich auf ein neues „All-Time-High“ zu.
finanzwelt: Im Bereich Berufsunfähigkeit haben Sie das Pricing bei vielen Berufen verbessert. Was steht dahinter?
Dr. Bader: Die Rechnungszinserhöhung zum Januar 2025 haben wir – neben der reinen Neukalkulation – auch zum Anlass genommen, unsere Berufsunfähigkeitstarife zu überarbeiten und die Berufsgruppenzuordnung zu verbessern. Im Fokus der Überlegungen standen dabei keine einzelnen Zielgruppen oder Branchen, sondern Berufe, die nachweislich besonders häufig eine BU-Versicherung nachfragen. Hier sehen wir das größte Wachstumspotenzial. Akademische und nichtakademische Berufsgruppen profitieren gleichermaßen von der neuen Kalkulation und von den Berufsgruppenumstufungen. Zusammen mit der Rechnungszinserhöhung sind Prämienersparnisse von bis zu 40 % möglich. Insgesamt profitieren 750 Berufe von einer besseren Berufsgruppeneinstufung und damit geringeren Prämie.
finanzwelt: Wie ist der Stand der Fusion mit der SDK?
Dr. Bader: Der Zusammenschluss läuft nach Plan – wir wollen am 01. Juli 2025 mit dem Gleichordnungskonzern starten. Die Due Diligence ist inzwischen mit positivem Ergebnis abgeschlossen und die notwendigen Gremienbeschlüsse werden vorbereitet. Bis Ende des 3. Quartals wollen wir zudem die Süddeutsche Lebensversicherung a.G. auf die Stuttgarter Lebensversicherung a.G. verschmolzen sowie die Süddeutsche Allgemeine Versicherung a.G. in die Stuttgarter Versicherung AG überführt haben. Auch hier sind die Arbeiten im Plan. Wichtig ist uns, dass der gesamte Prozess auf Augenhöhe erfolgt. Wir schaffen mit Workshops Vertrauen für das Zusammenwachsen.
finanzwelt: Welche Auswirkungen wird der Zusammenschluss auf Ihre Vertriebsstrategie und die Makler haben?
Dr. Bader: Gerade im Vertrieb sehen wir spannende Potenziale: Die SDK ist stark im Süden, wir etwa in Hamburg durch unser bAV-Geschäft. Auch die Vertriebswege ergänzen sich gut – die SDK setzt neben dem Maklervertrieb insbesondere auf die Ausschließlichkeitsorganisation, Banken vor allem mit Genossenschaftsbanken und den Direktvertrieb. Wir hingegen sind bei Maklern und Mehrfirmenvertretern eine etablierte Marke – das verspricht neue Potenziale, zumal unsere Maklerbeziehungen bislang weitgehend disjunkt sind. Dies eröffnet uns ein großes Wachstumspotenzial, das im Mittelpunkt des geplanten Zusammenschlusses steht.
finanzwelt: Die Digitalisierung wird immer mehr zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Wie sind Sie aufgestellt, welche Innovationen haben Sie geplant?
Dr. Bader: Wir müssen zunächst klar unterscheiden zwischen Digitalisierung und KI. Momentan führen wir ein neues Leben-System sowie zahlreiche Umsysteme ein, um uns robust für die Zukunft aufzustellen und insbesondere Prozesse weiter zu automatisieren. Gleichzeitig testen wir erste KI-Anwendungen – etwa bei der E-Mail-Erkennung oder im Callcenter bei der Protokollerstellung. Dabei ist Datenschutz für uns essenziell – alles muss in geschützter Umgebung erfolgen.
finanzwelt: Was ist Ihr wichtigster Appell an die neue Regierung?
Dr. Bader: Also, ich plädiere ganz klar für eine sinnvolle Reform der Riester-Rente. Ein neues Produkt einzuführen, halte ich persönlich für völlig kontraproduktiv. Man hat mit Riester ein Produkt, dem man durch eine gute Reform endlich wieder Rückenwind geben kann. Die Menschen werden doch durch ständig neue Produkte, egal nach welchem Politiker sie jetzt heißen, nur verunsichert.
finanzwelt: Wie ist Ihr Ausblick für den weiteren Geschäftsverlauf für dieses Jahr?
Dr. Bader: Auch wenn die Lage angespannt bleibt, sehen wir starkes Neugeschäft – das zeigt, dass Vorsorge für viele wichtig ist. Unser Fokus liegt auf Bestandswachstum und dem geplanten Zusammenschluss mit der SDK, der weitere Wachstumsimpulse beisteuern wird. Und: Wir setzen weiterhin auf Verlässlichkeit und Stabilität – ständige Produktwechsel schaffen meines Erachtens nur Unsicherheit. (mho)

Vertriebserfolg in Zeiten von Rezession und Inflation
