Deutsche Versicherer erzielen deutliche ESG-Fortschritte

19.11.2025

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Die Branchenanalyse zur Nachhaltigkeitsberichterstattung deutscher Versicherer von Zielke zeigt: Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wirkt, selbst in einem Jahr voller regulatorischer Unsicherheiten. Trotz der noch ausstehenden nationalen Umsetzung sowie der Omnibus-Initiative der EU-Kommission haben viele Versicherungsunternehmen bereits inhaltlich auf die neuen Anforderungen umgestellt und ihre ESG-Performance deutlich gesteigert.

Im Berichtsjahr 2024 erreichen die 50 untersuchten Versicherungsunternehmen im Durchschnitt 3,23 Punkte (Vorjahr: 2,97). Alle drei ESG-Dimensionen – Environment, Social und Governance – zeigen Fortschritte. Die größten Verbesserungen wurden im Bereich Governance erzielt, gefolgt von leichten Zuwächsen im Environment- und Social-Score. Insgesamt steigt der Gesamtwert der Branche um rund 9 Prozent. Elf Unternehmen gehören in diesem Jahr zur Spitzengruppe.

CSRD: Viele Vorreiter – einige Nachzügler

Unsere Analyse zeigt zudem, welche Unternehmen weiterhin nicht gemäß dem CSRD-Rahmenwerk berichten. Insgesamt handelt es sich um elf Versicherer (22 %), die – basierend auf öffentlich verfügbaren Informationen – bislang keine Berichterstattung nach den europäischen Nachhaltigkeitsanforderungen vornehmen. Die Mehrheit der Branche folgt jedoch bereits – oft mit hohem Engagement – den neuen Offenlegungspflichten. 

Qualität der Berichte: Von hervorragendem Storytelling bis zu methodischen Schwächen

Die Studie zeigt erhebliche Unterschiede in der Tiefe und Konsistenz der Nachhaltigkeitsberichte: Einige Versicherer überzeugen mit klar strukturierten Nachhaltigkeitsberichten, in denen die ESRS-Anforderungen schlüssig mit einer nachvollziehbaren narrativen Darstellung verknüpft werden. Besonders positiv fällt dabei auf, wenn ein detailliert ausgearbeiteter  Transitionsplan die langfristige strategische Ausrichtung untermauert. Andere Unternehmen berichten solide über ihre Klimastrategien, setzen dabei jedoch stark auf Ausschlusskriterien, wodurch die jeweiligen Transitionspläne teilweise noch ausbaufähig wirken. Eine weitere Gruppe zeichnet sich durch sehr strukturierte Darstellungen klimabezogener Risiken aus und nutzt innovative Bewertungsansätze, etwa modellbasierte Risikomessungen. Es gibt zudem Versicherer, deren Berichte zwar formal gut aufgebaut sind, jedoch an Stringenz in der narrativen Führung verlieren, was die Lesbarkeit erschwert. Wiederum andere richten ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung deutlich als Risikobericht aus, insbesondere im Hinblick auf Kundenbeziehungen und operative Risiken. Auffällig ist auch, dass einige Unternehmen soziale Aspekte sichtbar in ihre strategische Ausrichtung integrieren – etwa durch Maßnahmen für benachteiligte Kundengruppen oder Programme zur Gesundheitsförderung. Gleichzeitig konzentriert sich ein Teil der Branche nahezu ausschließlich auf den Klimabereich, wodurch soziale und governancebezogene Themen nur eine untergeordnete Rolle spielen.Auffällig ist zudem: Einige Versicherer verorten ihre Inhalte unpassend innerhalb der ESRS-Struktur – etwa indem umfangreiche Umweltinformationen noch unter ESRS 2 statt unter E1 platziert werden.

Regulatorische Wirkung: CSRD schafft tiefere Wertschöpfungstransparenz

Die Analyse zeigt auch, dass die CSRD eine klare Wirkung entfaltet: Viele Versicherer gewinnen durch die doppelte Wesentlichkeitsanalyse erstmals ein tieferes Verständnis über Risiken und Wechselwirkungen in ihrer Wertschöpfungskette. Dies stärkt ihre Fähigkeit zu wertorientierter Steuerung – und damit auch zu besseren Risiko- und Chancenanalysen. Vor dem Hintergrund laufender Debatten zur Rücknahme von Berichtspflichten betont die Studie: Eine Abschaffung könnte den Wert für Anteilseigner mindern. Die CSRD fungiert zunehmend als Steuerungsinstrument, nicht als reine Berichtspflicht.

Drei Gruppen entstehen

Die Studie identifiziert drei strategische Gruppen im Markt:

1. Werttreiber – Unternehmen, die Nachhaltigkeitsberichterstattung als strategischen Vorteil begreifen.

2. Pflichterfüller – Unternehmen, die Berichterstattung eher als Hygienemaßnahme sehen.

3. Risikoträger – Unternehmen, die weder strategisch noch kommunikativ nachziehen und potenziell höhere Risiken übernehmen. 

Ausblick

Mit dem neuen ISO-Standard 32212 zu Net-Zero-Transition-Plänen erhalten Finanz- und Versicherungsunternehmen künftig eine weitere Orientierung für eine strukturierte Transformation. (mho) 

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