Ein Pladoyer für Immobileninvestments

13.12.2021

Rauno Gierig, CSO der Verifort Capital Group / Foto: © LyonelStief

finanzwelt: Na ja, auf den staatlichen Impuls in Sachen Neubau von Wohnungen und Pflegeheimen warten wir ja auch vergebens. Schon Steuererleichterungen würden viel bringen. Diese könnte man ja an ökologische oder soziale Bedingungen knüpfen. Aber nichts passiert. Gierig» Das finde ich so schlimm. Wir haben in der Politik keine Agenda mehr. Ein Unternehmen führe ich ja, indem ich mir Ziele setze. Die Agenda zu sagen, ich will die Eigentumsquote von Immobilien – wir sind im europäischen Vergleich an letzter Stelle – erhöhen. Nicht nur Eigennutzung, sondern auch anteiliges Eigentum über ein Vehikel. Wenn ich das als Ziel hätte, dann wäre doch die Politik aufgefordert, uns als Enabler zu unterstützen. Zumindest mal weniger Regulierung und ein besseres Image. Die Politik müsste sagen: ‚Ich habe Enabler am Markt, die den Marktzugang schaffen. Und ich will die Eigentumsquote erhöhen, weil es angesichts der Altersarmut sinnvoll ist. Also nehme ich das Thema und verteufle die Enabler nicht!‘ Aber sie verteufeln uns ja.

finanzwelt: Herr Gierig, was bedeutet Leadership für Sie im Immobiliensektor? Gierig» Hier geht es aus meiner Sicht zum einen darum, eine Vorbildfunktion einzunehmen. Ich persönlich stehe für einen modernen Führungsansatz, das läuft unter dem Schlagwort ‚Employer Branding‘ zum Teil sogar über Social Media. Es ist wichtig, ein ambitionierter Teamplayer zu sein, die eigenen Mitarbeiter zu motivieren und ihre Potenziale zu fördern. Denn ein funktionierendes und eingespieltes Team ist das A und O. Seine Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern muss man auch ausdrücken! Wir dürfen nicht vergessen: In der Immobilienbranche sind wir auf gute Mitarbeiter und guten Nachwuchs angewiesen, den wir finden und halten müssen. Auch der Frauenanteil ist ein Thema, denn – gerade bei den Führungskräften – sind Frauen in der Branche leider nach wie vor unterrepräsentiert. Mit Blick auf das allgegenwärtige Thema ESG geben uns Aspekte wie ‚Social‘ und ‚Governance‘ genauso Werte vor, die wir in unsere Unternehmens-DNA übernehmen wollen.

finanzwelt: Sehen Sie da eine Fehlerkultur im Wandel? Gierig» Hier sind zwei Aspekte wichtig. Zum einen ist ein Umdenken von der Innen- auf die Außensicht wichtig. Wir müssen die Bedürfnisse der Kunden noch weiter in den Vordergrund stellen und uns fragen: Wo und wie können wir noch besser werden? Welche Unterstützung brauchen Kunden, aber auch Vermittler und Vertriebspartner? Der zweite wichtige Aspekt: Sich selbst und das Bestehende hinterfragen. Machen wir genug? Was können wir noch besser machen, sowohl nach außen als auch nach innen. Man muss auch bereit sein, Fehler zu machen, um daraus neue Dinge entwickeln zu können. Denn in Fehlern liegt ja immer auch eine Chance, sich zu verbessern. Der Wandel muss also von einer negativen zu einer konstruktiven Fehlerkultur passieren. Das gilt so definitiv auch für uns in der Immobilienbranche.

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