Emerging Markets – sinnvoller Depotbestandteil?
27.11.2025

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Durch hohes Wirtschaftswachstum werden große Industrialisierungsfortschritte beobachtet, jedoch halten viele soziale Indikatoren wie zum Bewispiel Alphabetisierungsrate, Lebenserwartung, Gesundheitswesen und Stabilität der Rentensysteme mit der wirtschaftlichen Entwicklung nicht Schritt.
Schwellenländer finden kaum Platz in einer standardisierten Anlageberatung, da der Beratungsaufwand in diesem Segment als zu hoch eingeschätzt wird. Insbesondere bei der klassischen Bankberatung wurde in den letzten Jahren die Anzahl der angebotenen Produkte deutlich reduziert. Außerdem wird dabei auf Produkte mit geringeren Schwankungen Wert gelegt.
Privatkunden partizipieren von diesen Märkten daher nur selten. Lediglich bei Kunden im Privat-Banking oder Wealth Management finden sich relevante Beimischungen in den Portfolios. Bei den meisten Kreditinstituten befinden sich auch nur dort qualifizierte Beraterinnen, die den Kunden unterstützen oder das Thema über ein Verwaltungsmandat ins Depot integrieren.
Höhere Schwankungsintensität
Die hohe Volatilität und größere Ausfallrisiken gehören zu diesen Investments ebenso wie die geringere Liquidität und instabilere Währungen. Weiterhin werden diese Märkte eher von ausländischen Investoren dominiert. Häufig ist die Infrastruktur des inländischen Marktes noch nicht so stark entwickelt, sodass stärkere Kursverwerfungen entstehen können.
Durchhaltevermögen gefragt
Hohe Schwankungen wirken sich häufig auf das Verhalten von Anlegern und Beratern aus. Ein klassisches Beispiel aus dem Segment der Schwellenländer ist der Magellan-Fonds. 1977 übernahm Peter Lynch den Magellan-Fonds. 18 Millionen Dollar lagen damals im Portfolio. Als Lynch 1990 das Management abgab, waren es 14 Milliarden Dollar. Er erzielte für seine Anleger eine jährliche Rendite von 29,2 Prozent. Anders als viele Fondsmanager streute Lynch extrem breit und hielt im Jahr 1987 zeitweise 1.500 Titel.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die durchschnittliche Rendite, die Privatanleger mit diesem Fonds seit der Öffnung 1981 erzielten, deutlich niedriger lag – in einigen Fällen sogar negativ. Dieser Effekt entstand dadurch, dass Anleger und auch Finanzberater die Volatilitäten nicht aushielten, positivem Marketing und dem Herdentrieb erlagen und den Fonds fast immer nahe am Höchststand kauften und bei fast vollendeter Abwärtsbewegung verkauften. Bei der Angabe von hohen Durchschnittsrenditen pro Jahr ist daher immer Vorsicht geboten. Die objektive Einschätzung der persönlichen Risikotoleranz und Geduld ist in Anlagesegmenten mit hoher Volatilität daher besonders wichtig.
Alte Narrative und neue Impulse für einen Einstieg
Schwellenländern wird schon seit Jahren ein überproportionales Steigerungspotenzial zugebilligt. Die verwendeten Narrative sind daher auch nicht neu:
• Wachstumspotenzial durch junge Bevölkerungen und steigende Konsumausgaben
• Strukturelle Reformen und Digitalisierung, die Effizienz und Innovation fördern • Attraktive Bewertungen im Vergleich zu entwickelten Märkten
• Grundsätzlich niedrigere Staatsverschuldung als in den Industrieländern
In den letzten Jahren und insbesondere 2025 kamen noch folgende positive Aspekte hinzu:
• Die Anzahl der Patente ist deutlich höher als in Industriestaaten, mit weiter steigender Tendenz
• Trend zur Urbanisierung (Nachfrage nach Infrastruktur)
• Relativ robustes Wachstum
• Erhöhung internationaler Kapitalzuflüsse
• Abschwächung des US-Dollars
Positiv kann man anmerken, dass sich die Abhängigkeit von ausländischem Kapital etwas reduziert hat. Schwellenländer sind meist Netto-Ölimporteure. Durch die seit 2023 sinkenden Ölpreise verbessert sich neben der Leistungsbilanz auch die fiskalische Situation, da in diesen Staaten häufig hohe Subventionen für die Energieversorgung gezahlt werden. Letztere können aktuell eher gesenkt werden, wodurch der Staatshaushalt entlastet wird. Diese Gelder können dann beispielsweise verstärkt in die Entwicklung der Infrastruktur investiert werden.
In den letzten Wochen hat sich die gute Entwicklung von Schwellenländeranlagen fortgesetzt. Die Aktienmärkte werden weiterhin vor allem von Technologieunternehmen getrieben, wovon die drei EM-Schwergewichte China, Südkorea und Taiwan profitieren.
Aktive Fondsanbieter bevorzugen
Für Privatanleger ist die Investition über Einzeltitel eher nicht zu empfehlen, da man insbesondere zu kleineren Unternehmen keinen Zugang hätte. Investmenthäuser, die aktive Fonds mit langer Expertise und Vertretungen in Asien und Lateinamerika anbieten, sind hier vorzuziehen. Internationale Anbieter wie Franklin Templeton, HSBC, T. Rowe Price, Aberdeen oder Fidelity bieten eine gute Auswahl und verfügen auch über Fondsmanagerinnen in den betreffenden Regionen.
Über www.justetf.com kann man natürlich auch entsprechende ETF-Lösungen finden. Allerdings erfolgt hier die Portfoliozusammenstellung oft über Marktkapitalisierung. Dadurch hat man letztlich häufig die größeren Unternehmen übergewichtet, die man meist auch in den bekannten, größeren internationalen Aktienfonds findet.
FAZIT :
Auch wenn man gute Renditen mit US-Unternehmen sowie mit europäischen Investments erzielen kann und es auch bekannte Adressen wie Berkshire Hathaway gibt, die praktisch ausschließlich in den USA investieren und damit sehr hohe Wertsteigerungen erzielten, sollte man in einem gut diversifizierten Portfolio auch das Segment Emerging Markets stärker berücksichtigen als bisher. Viele Investoren sind in Schwellenländern unterinvestiert, obwohl die Fundamentaldaten sich zunehmend verbessern.
Dabei sind Quoten von fünf bis zehn Prozent, verteilt auf verschiedene Fondsanbieter, vorzugsweise mit Managern in der jeweiligen Region, akzeptabel. Die meisten Fondsanbieter haben hierbei ein Übergewicht in Asien. Allein der Asienanteil am weltweiten BIP liegt bei ca. 60 Prozent. In den meisten Depots bewegen sich die Beimischungen aus den Segmenten Emerging Markets bzw. Asien im unteren einstelligen Segment. Diese Quoten kann man sicherlich etwas erhöhen.
Marktkommentar von Andreas Görler, sen. Wealth Manager, zert. Fachmann für nachhaltige Investments, Wellinvest Pruschke & Kalm GmbH.

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