"Wachstumstreiber Onlinehandel"
08.07.2013

Thorsten Kiel
**Der Investmentmarkt für Industrie- und Logistikimmobilien in Deutschland boomt und spiegelt damit die herausragende Stellung Deutschlands als Logistikstandort innerhalb Europas und auf globaler Ebene wider. finanzwelt sprach mit *Thorsten Kiel, Fund Manager German Logistics bei Henderson Global Investors, über die aktuellen Entwicklungen. finanzwelt:* Die Logistikbranche ist gut ins Jahr 2013 gestartet. Welche Gründe gibt es, momentan in Logistikimmobilien zu investieren; was macht sie für Investoren interessant?
Kiel: Erstens die starken Fundamentaldaten: Logistik ist ein Wachstumsmarkt, besonders in Deutschland. Das durchschnittliche Wachstum im Logistiksektor lag in den vergangenen zehn Jahren deutlich über dem gesamtwirtschaftlichen Wachstum. Und die Perspektiven sind unverändert gut. Logistik profitiert nicht nur von dem Wachstum der Nachfrage traditioneller Logistik-Nutzer aus Industrie und Handel, sondern insbesondere auch von der dynamischen Entwicklung des Online-Versandhandels, hier insbesondere die ballungsraumnahen Standorte. Zusätzlich sind Logistikimmobilien eine ideale Beimischung zu Portfolios, um höhere Renditen mit einem gleichzeitig geringen Risiko zu verbinden. Jedoch ist aus unserer Sicht hierfür ein tiefes Verständnis für die Logistik-Nutzer und deren Nachfrageverhalten entscheidend.
*finanzwelt:* Wie ist Deutschland im Rahmen dieser Entwicklungen positioniert und welche Standorte erfreuen sich einer besonders starken Nachfrage?
Kiel: Deutschland ist als Logistik-Standort geradezu prädestiniert: Die Kombination aus einer starken Produktionswirtschaft mit hoher Exportorientierung, einer gut ausgebauten Infrastruktur, hoher Kaufkraft, ausgezeichneter Infrastruktur und der zentralen Lage in Europa ist kaum zu schlagen. Entsprechend zeigt sich der deutsche Logistikimmobilienmarkt 2013 trotz Eurokrise und schwacher Konjunktur sehr robust.
Der deutsche Markt verfügt daher über eine Vielfalt an Logistikstandorten, die jeweils eine ganz unterschiedliche Funktion in der Logistikkette einnehmen und damit eine sehr gute Diversifizierung bezüglich der Nutzertypen erlauben. Man kann dabei etwa zwanzig Top-Logistikstandorte identifizieren, die eine stetig hohe Nachfrage aufweisen. Die Bandbreite reicht von Ballungsraumstandorten, die von handelsgetriebener Nutzung geprägt sind und damit jetzt verstärkt von E-Commerce profitieren, bis zu Clustern rund um die wichtigen Produktionsstandorte, die von Industrienutzern dominiert werden. Für beide Nutzergruppen sind die Infrastrukturstandorte, wie Frankfurt am Main, Bad Hersfeld, Hamburg und Bremen besonders wichtig.
Zwar fehlt es dem deutschen Markt für Logistikimmobilien noch an der Liquidität und Tiefe, wie sie beispielsweise Großbritannien oder die USA aufweisen. Doch genau darin sehen wir eine Chance. Denn aufgrund der auffallenden Stärke der deutschen Logistikdienstleister ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich auch der Logistikimmobiliensektor in Deutschland entsprechend weiter entwickelt.
*finanzwelt:* Was müssen Projektentwickler beachten, wenn sie Logistikimmobilien erfolgreich an den Markt bringen wollen? Was hat sich diesbezüglich in den letzten Jahren geändert?
Kiel: Logistikimmobilien, die modernen Ansprüchen gerecht werden sollen, müssen neben einer attraktiven Lage insbesondere auch eine hohe Flexibilität bezüglich der Teilbarkeit und Nutzung der Flächen, beispielsweise für die Lagerung und Distribution für Industrie und Handel, ermöglichen.
Eine Lagerhalle sollte gute Drittverwendungsmöglichkeiten bieten und darf nicht zu speziell auf einen einzelnen Kunden zugeschnitten sein. Denn was passiert, wenn der Mietvertrag nicht verlängert wird? Beispielsweise wird es ab einer bestimmten Größe in manchen Teilmärkten schwierig, zeitnah Nachmieter zu finden.
*finanzwelt:* Was ist über den Standort hinaus noch wichtig? Welche aktuellen Trends (Online-Shopping etc.) gibt es, die diese Asset-Klasse weiterhin in den Fokus rücken könnten?
Kiel: Wie schon eingangs erwähnt, ist der Online-Handel einer der wesentlichen Wachstums-treiber. Der Versand-Handel erzielt in Deutschland seit einigen Jahren zweistellige Zuwachsraten. Daher wird die Nachfrage nach am Markt verfügbaren Logistikobjekten, insbesondere solchen, die für Online-Handel geeignet sind, weiter steigen. Aus unserer Sicht werden von diesem Trend Umverteilungslager, so genannte Cross-Docks, in den großen Ballungsräumen profitieren, da langfristig auch in Deutschland eine Zustellung an den Kunden innerhalb des gleichen Tages angestrebt wird.
Darüber hinaus erwarten wir positive Impulse von der bereits angelaufenen Diversifizierung der Investorenbasis, die mehr Stabilität am Markt mit sich bringt. Davon profitieren letztlich auch Entwickler, Mieter, Berater und Makler.
*finanzwelt:* Welche Renditen lassen sich mittelfristig erzielen (auch im Vergleich zu Büroimmobilien)?
Kiel: Aufgrund der hohen Nachfrage nach erstklassigen Objekten, hat sich wie in anderen Marktsegmenten auch, die Spitzenrendite leicht reduziert und liegt in den deutschen Top-Standorten Hamburg, München, Frankfurt am Main und Düsseldorf bei rund 6,9 Prozent brutto. Durch den unverändert hohen Spread im Vergleich zu Büro- und Einzelhandelsobjekten bleibt der Sektor also nach wie vor sehr attraktiv. Da sich im Logistiksektor fast die gesamte Rendite aus der Mietrendite speist, ist die Performance auch weniger von der kaum vorher-sehbaren Wertentwicklung abhängig als bei Büroobjekten.
(Das Interview führte Alexander Heftrich)

Stabil in schwierigem Umfeld
