Heile Welt

10.10.2022

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Es war einmal, dass sich InsurTechs auf der einen und Makler wie Versicherer auf der anderen Seite total über Kreuz lagen. Das ist mittlerweile anders. Man respektiert sich gegenseitig und profitiert voneinander. Wahre Liebe muss das nicht sein. Doch der Zugang zum Kunden und hohe Technologisierungsgrade machen allen Seiten das Leben einfacher.

Ein rhetorisch begabter Märchenerzähler sei dieser, sagt der Vorstandschef eines deutschen Versicherers im vertraulichen Gespräch über den Gründer eines InsurTechs. Dennoch sammelt der bei Investoren die Millionen, als würden sie auf den Bäumen wachsen und man brauche daran bloß zu rütteln. Während Venture Capital in Deutschland nur unter schwersten Bedingungen erhältlich ist, wissen Investoren vornehmlich in den USA und Asien offenbar nicht wohin mit ihrem Geld. Selbst wenn sie es auf blumige Fantasien setzen. InsurTechs sind auch in Deutschland längst eine feste Größe geworden, auch wenn sie in der Regel nur wenige Policenarten anbieten. Etliche von ihnen streben – finanziell bestens gebettet – neuerdings verstärkt ins europäische Ausland. Inwieweit hat sich in den vergangenen Jahren die Welt der InsurTechs tatsächlich verändert?

Chance erkannt

Dr. Christopher Oster, CEO und Co-Founder von CLARK, sag: „Digitalisierung ist eines der Kernthemen unserer Zeit und hat in den letzten Jahren auch vor der Versicherungswelt nicht Halt gemacht. Allerdings hatte die Branche lange die Augen vor den massiven Möglichkeiten verschlossen und in über 40 Jahren kaum Innovationen hervorgebracht. 2015 haben wir bei CLARK die Chancen der Digitalisierung für die Versicherungsbranche erkannt und einen Wandel in Gang gebracht“. InsurTech habe heute in der Wirtschaft und Gesellschaft einen höheren Stellenwert und sei als Begriff mittlerweile für viele Leute ähnlich bekannt wie „FinTech”. Die Beziehung zwischen Versicherern und Kunden hat sich nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen nachhaltig verändert. Wer da nicht mitgeht, wird langfristig am Markt nicht bestehen können. Dr. Oster: „Wir konnten mit unserem Geschäftsmodell in der Krise weiter wachsen: Die Anzahl unserer Kunden hat sich im letzten Jahr verdoppelt. Insgesamt betreuen wir über 500.000 Menschen in Deutschland und Österreich.“ Anders als der traditionelle Versicherungsmarkt lege man den Fokus auf die Kunden und nicht auf die Produkte. Wir bieten ein ganzheitliches Versicherungserlebnis, das es so auf dem Markt nicht noch einmal gebe. Dank datengesteuerter Technologie kenne man die Kunden gut und könne sich entlang ihrer Wünsche weiterentwickeln.

Stephen Voss ist Gründer und Vorstand Marketing und Vertrieb der Neodigital Versicherung AG und damit direkter Konkurrent. Er stellt fest: „Die letzten Jahre haben gezeigt, dass gera­de in unserem Markt die CAC, also die Kunden-Akquisitionskosten, eine zen­trale Herausforderung für junge Insur­Techs dargestellt haben. Kein Wunder, denn gerade die jungen Unternehmen mussten wachsen, um zu überleben, Marktanteile zu gewinnen und Ge­schäfts- und Privatkunden von ihren innovativen Konzepten zu überzeugen. Währenddessen konnten sich die etab­lierten Markt-Player auf einen weitest­gehend stabilen Bestand verlassen und Gelder in andere Bereiche investieren.“ Diejenigen unter den InsurTechs, die sich dabei nur auf den direkten Zugang zu Endkunden konzentriert hätten, sei­en dadurch in Bedrängnis geraten.

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