Immobilieninvestmentmarkt fasst langsam wieder Tritt
08.07.2024
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Im ersten Halbjahr 2024 verzeichnete der deutsche Immobilieninvestmentmarkt ein Transaktionsvolumen von 14,2 Milliarden Euro. Damit wurde das Ergebnis des ersten Halbjahres 2023 um 15 Prozent übertroffen. Auch im direkten Vergleich des zweiten Quartals 2024 zum ersten Quartal 2024 zeigte sich ein deutlicher Anstieg um 26 Prozent auf knapp acht Milliarden Euro.
Stärkster Nettokäufer war die öffentliche Verwaltung, die knapp 1,9 Milliarden Euro mehr investierte als sie verkaufte. Die Investments flossen vorwiegend in Mehrfamilienhäuser. Das in Value-add- und opportunistische Produkte investierte Kapital kam auf einen Anteil am Transaktionsvolumen von 54 Prozent. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Analyse des globalen Immobiliendienstleisters CBRE. „Der Immobilieninvestmentmarkt kommt langsam wieder in die Gänge“, sagt Fabian Klein, Head of Investment bei CBRE in Deutschland.
„Und auch beim bisherigen Sorgenkind des Marktes – den Büroimmobilien – sehen wir, dass das Interesse der Investoren langsam zurückkehrt. Vorrangig wurde im Segment bis zu 50 Millionen Euro vor allem von Privatinvestoren und Family Offices gekauft, die per se mit wenig oder ohne Fremdfinanzierung am Markt agieren. Im großvolumigen Segment gestaltet sich der Preisfindungsprozess unter Beteiligung institutioneller Investoren noch immer recht schwierig, trotz sich stabilisierender Finanzierungskonditionen und solider Vermietungszahlen am Büromarkt, wo tendenziell weiter steigende Spitzen- und Durchschnittsmieten für moderne, hochwertige Flächen in zentralen Teilmärkten zu verzeichnen sind.“ „Die aktuelle Erholung des Investmentmarktes erfolgt parallel zur Besserung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage in Deutschland“, sagt Dr. Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland. So lag zur Jahresmitte die Inflation in Deutschland bei 2,2 Prozent (in der Eurozone bei 2,5 Prozent) und näherte sich damit dem Inflationsziel der EZB von zwei Prozent weiter an. Dies hat die Europäische Zentralbank Anfang Juni 2024 dazu veranlasst, die geldpolitischen Zügel etwas zu lockern und erstmalig die Leitzinsen zu senken. Dieser Schritt wurde von den Märkten bereits eingepreist. Weitere mögliche Schritte der EZB bleiben aber abzuwarten, zumal die Notenbank ein besonderes Augenmerk auf die Lohn- und Preisentwicklung im Dienstleistungssektor legt. Ende Juni 2024 lag die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe bei 2,6 Prozent und damit auf dem gleichen Wert wie zum Vorjahreszeitraum. Die Finanzierungszinsen (Euro-Swap-Mitte) lagen zur Jahresmitte bei knapp 2,9 Prozent – 0,35 Prozentpunkt unter dem Wert vor einem Jahr.
„Wir sehen, dass Investoren und
Finanzierer ihre Erwartungen und Businesspläne den gegenwärtigen
Markterwartungen anpassen“, erklärt Linsin.
Große Einzeltransaktionen
bestimmten den Markt
Im
Vergleich zum Vorjahreszeitraum wurde rund ein Fünftel mehr im Rahmen von
Paketkäufen investiert, wenngleich deren Anteil am Gesamtvolumen mit 29 Prozent
in etwa auf Vorjahresniveau liegt. Weiterhin dominieren also
Einzeltransaktionen, zunehmend auch wieder im großvolumigen Segment: bei
Transaktionen in der Größenklasse oberhalb von 100 Millionen Euro wurden mit
6,4 Milliarden Euro 40 Prozent mehr angelegt als im ersten Halbjahr 2023. Auch
die Anzahl dieser Transaktionen erhöhte sich von 20 im ersten Halbjahr 2023 auf
aktuell 26, während die Gesamtanzahl aller Deals ähnlich blieb.
Einzelhandel vor Logistik
Mir
einem Transaktionsvolumen von 3,6 Milliarden Euro waren Einzelhandelsimmobilien
im ersten Halbjahr 2024 die dynamischste Assetklasse (plus 115 Prozent im
Vergleich zum ersten Halbjahr 2023). Davon entfielen rund zwei Milliarden Euro
auf drei Einzeltransaktionen – inklusive einer Milliarde für das KaDeWe in
Berlin. Auf Platz zwei folgten Industrie- und Logistikimmobilien mit 2,9
Milliarden Euro (plus 22 Prozent), gefolgt von Wohnimmobilien mit 2,8
Milliarden Euro (minus zehn Prozent). Büroimmobilien lagen knapp dahinter – mit
2,6 Milliarden Euro (minus sieben Prozent). Entwicklungsgrundstücke erreichten
knapp 900 Millionen Euro (minus vier Prozent). Dahinter lagen Hotelimmobilien
(plus 44 Prozent auf 517 Millionen Euro) und Gesundheitsimmobilien (minus 44
Prozent auf 316 Millionen Euro).
Jeder vierte Euro wurde in
der Hauptstadt investiert
Auf
die Top-7-Standorte entfiel wieder mehr als die Hälfte des Transaktionsvolumens
– nach 42 Prozent im ersten Halbjahr 2023 waren es im ersten Halbjahr 2024 54
Prozent. Von diesen knapp 7,7 Milliarden Euro entfielen allein auf Berlin 3,6
Milliarden Euro (plus 71 Prozent). Den zweiten Platz belegte München mit 1,5
Milliarden Euro (plus 20 Prozent), gefolgt von Düsseldorf mit 809 Millionen
Euro (plus 101 Prozent). In Hamburg war ein Transaktionsvolumen von 619
Millionen Euro zu verzeichnen (plus vier Prozent) – knapp vor Frankfurt am Main
(plus 28 Prozent auf 541 Millionen Euro) und Köln (plus 215 Prozent auf 531
Millionen Euro). Auf Stuttgart entfielen lediglich 94 Millionen Euro (minus 73
Prozent).
Weitere Stabilisierung bei
den Spitzenrenditen
Die
Spitzenrenditen am deutschen Immobilieninvestmentmarkt blieben im Vergleich zum
ersten Jahresviertel überwiegend stabil. So lag die durchschnittliche
Spitzenrendite für Büroimmobilien in den Top-Städten bei 5,01 Prozent.
Lediglich im Lager- und Logistiksegment erhöhte sich der Wert leicht um 0,1
Prozentpunkte auf nunmehr 4,40 Prozent.
Internationale Investoren
vermehrt aktiv
Internationale
Investoren steigerten ihr Engagement gegenüber dem Vorjahr deutlich und
zeichneten mit 3,2 Milliarden Euro für 39 Prozent des Gesamtvolumens
verantwortlich, 22 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2023. Besonders
asiatische und ost-/zentraleuropäische Investoren erhöhten ihren Einsatz am
deutschen Investmentmarkt – wobei das asiatische Kapital fast ausschließlich
aus dem Kauf des Berliner KaDeWe durch die Central Group aus Thailand
resultierte. Investoren aus dem europäischen Ausland investierten dagegen mit
1,8 Milliarden Euro leicht weniger als im Vorjahreszeitraum (minus sechs
Prozent).
Ausblick auf den weiteren
Jahresverlauf
„Wir
erwarten in der zweiten Jahreshälfte eine graduelle Verbesserung der
Aktivitäten am Immobilieninvestmentmarkt – zumal wir größere
Einzeltransaktionen und Portfolios in der Vermarktung beziehungsweise in der
Vorbereitung für eine Ansprache am Markt sehen. Zunehmend wird es zu
Notverkäufen kommen, da es weiterhin Akteure, Immobilien und Portfolios gibt,
die anderweitig nicht refinanziert werden können“, erwartet Klein. „Für das
Gesamtjahr rechnen wir mit einem Transaktionsvolumen bei Wohn- und
Gewerbeimmobilien von gut 30 Milliarden Euro.“ (ah)