Naturgefahren als Stresstest
11.09.2025

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Starkregen, Hochwasser, Waldbrände: Extreme Wetterereignisse nehmen weltweit zu. Die Flutkatastrophen im Ahrtal oder auch in Valencia haben einmal mehr eindrucksvoll gezeigt, wie sehr auch europäische Regionen von Naturgefahren betroffen sein können. Steigende Schadensummen erhöhen nicht nur den finanziellen Druck auf Versicherer, sondern verlangen zugleich mehr strategische Anpassungsfähigkeit. Im Ernstfall tragen sie die Hauptlast bei der finanziellen Bewältigung solcher Katastrophen.
Umso wichtiger sind in diesem Zusammenhang fundierte, unabhängige Einschätzungen, die zeigen, welche Versicherer auch in stürmischen Zeiten verlässlich bleiben. Für Kunden, Geschäftspartner und Investoren sind solche Bewertungen heute mehr denn je ein unverzichtbarer Kompass, um in einem komplexer werdenden Umfeld nicht die Orientierung zu verlieren.
Die klassische Versicherungslogik lebt vom Ausgleich: Risiken werden über Zeit, Kollektive und Regionen verteilt, wodurch Ergebnisschwankungen geglättet werden können. Doch diese Grundidee stößt an Grenzen, wenn Risiken zunehmend systemisch werden und sich kaum noch diversifizieren lassen. Dann entscheidet vor allem die Anpassungsfähigkeit. Besonders Wohngebäude- und Sachversicherer bekommen diese Entwicklung zu spüren. Sie müssen nicht nur aktuelle Schäden schultern, sondern ihr Geschäftsmodell rechtzeitig auf neue Risikomuster ausrichten. Eine solide Kapitalausstattung allein reicht dabei nicht mehr, entscheidend ist, wie flexibel, vorausschauend und robust ein Unternehmen agiert.
In diesem Umfeld suchen Marktteilnehmer nach Anhaltspunkten, wie stabil und zukunftsfähig ein Versicherer tatsächlich aufgestellt ist. Unabhängige Unternehmensanalysen, die neben harten Finanzkennzahlen auch weiche Faktoren wie Risikomanagement, Rückversicherungskonzepte oder Nachhaltigkeitsstrategien (Stichwort: Prävention) einbeziehen, sind hier von zentraler Bedeutung. Sie zeigen, wie solide ein Anbieter aktuell wirtschaftet und wie gut er für kommende Herausforderungen gerüstet ist. Für Kunden, Vertriebspartner und Kapitalgeber sind sie ein starkes Signal der Verlässlichkeit.
Wirklich aussagekräftig wird eine Stabilitätsbewertung erst dann, wenn sie über klassische rückschauende Bilanzkennzahlen hinaus geht. Entscheidend ist, ob ein Versicherer Risiken aktiv steuert, Rückversicherungslösungen regelmäßig überprüft und seine Tarife an veränderte Gefahrenlagen anpasst. Auch der Umgang mit regulatorischen Anforderungen, etwa zu Klimastresstests oder Offenlegungspflichten, spielt dabei eine Rolle. Erst diese ganzheitliche Betrachtung macht die Qualität eines Unternehmens sichtbar, insbesondere in einer Zeit, in denen sich Risiken nicht mehr ausschließlich aus der Vergangenheit ableiten lassen.
Mit den wachsenden Naturgefahren steigt auch der Erwartungsdruck von Stakeholdern. Regulierungsbehörden rücken Themen wie Klimastresstests, Nachhaltigkeitsberichterstattung und Szenarioanalysen stärker in den Fokus. Aufsichtsinstitutionen wie EIOPA oder BaFin fordern belastbare Informationen darüber, wie Versicherer klimabezogene Risiken identifizieren, bewerten und steuern. Genau hier kann eine fundierte unabhängige Unternehmensbewertung eine Brücke schlagen. Sie ordnet die Vielzahl an Informationen und bewertet deren Relevanz und Umsetzungsqualität aus neutraler Sicht. Damit bietet sie eine wertvolle zweite Meinung, nicht nur für Marktteilnehmer, sondern auch für interne Entscheidungsprozesse.
Der Klimawandel stellt die Versicherungswirtschaft vor eine Zeitenwende. Die Frage lautet längst nicht mehr, ob extreme Naturereignisse eintreten, sondern wie gut man darauf vorbereitet ist. Wer in diesem Umfeld bestehen will, braucht mehr als nur eine solide Kapitalbasis. Gefragt sind Unternehmen, die Risiken frühzeitig erkennen, aktiv managen und in ihre strategische Planung einbeziehen. Verlässliche Bewertungen zur Unternehmensqualität sind dabei weit mehr als nur ein schmückendes Label: Sie sind ein strategisches Instrument. Sie schaffen Vertrauen, geben Orientierung und stärken die Widerstandskraft von Marktteilnehmern. In stürmischen Zeiten kann genau das zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden.
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