Nur kleine Zinsschritte

13.08.2021

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In Amerika dreht sich die Zinsschraube zwar im Gegensatz zu Europa jedoch nur sehr langsam. Eine eventuelle Beschleunigung könnte auch Folgen für den Immobilienmarkt haben.

Auch wenn sich die USA bereits seit vielen Jahren ebenfalls im Zinstief befinden, ist dort noch deutlich mehr Bewegung zu vernehmen als in Europa: Während die EZB den Leitzins seit mittlerweile fünf Jahren bei 0 % hält, hat ihr US- Pendant Fed in den vergangenen Jahren immer wieder an der Zinsschraube gedreht. Von früheren Zeiten ist das Zinsniveau aber auch in den USA noch weit entfernt – und wird es wohl auch in absehbarer Zeit bleiben. „Die Fed hat sich dazu verpflichtet, die Zinsen niedrig zu halten. In der Juni-Sitzung hat sie diese Strategie erneut bestätigt“, so Allan Boyd Simpson, Präsident der TSO. „Die US-amerikanische Notenbank erwartet für 2021 den stärksten Wirtschaftsaufschwung seit den 70er Jahren und hat angekündigt, die Leitzinsen bis 2023 unverändert im Korridor von 0 bis 0,25 % zu belassen – ungeachtet eines möglichen temporären Anstiegs der Inflationsrate, wie er von manchen Experten aufgrund des über- durchschnittlichen Wachstumsschubs in diesem Jahr erwartet wird“, ergänzt Christian Dürr, Geschäftsführer der BVT Holding. Bezüglich der Preissteigerungen sieht Simpson ebenfalls keine langfristigen Veränderungen. „Die höhere Inflation wird nur für einen kurzfristigen Zeitraum erwartet. Wir erwarten ebenfalls, dass die hohe Inflation nur vorübergehend ist, und glauben, dass wir über eine längere Periode niedrigere Zinsen sehen werden.“ Laut Christian Dürr ist für die Fed ohnehin die Inflationsrate eher zweitrangig. Vielmehr stünde ein beschäftigungspolitisches Ziel für US-Notenbank im Vordergrund. „Die Zinspolitik richtet sich insbesondere an der Arbeitslosenrate aus, angestrebt wird die Rückkehr zur Vollbeschäftigung in etwa auf Vorkrisenniveau.“ Dem von BVT bedienten Segment würde die aktuelle Strategie zugutekommen. „Angesichts dieser sehr positiven Perspektiven für die US-Wirtschaft und damit verbunden auch den Arbeitsmarkt, sehen Branchenspezialisten im Mietwohnimmobilienmarkt bereits um die Jahresmitte 2021 mindestens das Vorkrisenniveau erreicht“, so Dürr weiter.

Was wäre wenn…

Volker Arndt sieht die kleinen Zinsschritte von Seiten der Fed nicht als Vorboten einer Zinswende an, jedoch sei eine weitreichende Prognose zu dem Thema schwierig: „Der Einfluss der Notenbank auf den langfristigen Zins jedoch ist nur bedingt vorhanden“, erläutert der Geschäftsführer der US Treuhand. Allan Boyd Simpson sieht langfristig einen Anstieg der Zinsen, um die Kreditaufnahme zu bewältigen, die im Rahmen der beispiellosen Anreize für Unternehmen und Familien während der Corona-Zeit erfolgen. Wenn es zu einer Zinssteigerung kommt, hätte das Konsequenzen für den US-Immobilienmarkt. „Die Folge wäre u. a. ein Anstieg der so genannten Cap-Rates (Anfangsrendite eines Immobilienobjektes, die sich aus den Netto-Mieteinnahmen in Relation zum Kaufpreis ergibt Anm. d. Red.). Immobilienhalter müssten dann unter Umständen einen Abschlag auf die Bewertung ihrer Immobilien vornehmen“, erläutert Volker Arndt. Allan Boyd Simpson zufolge sollte die Entwicklung deshalb genau verfolgt werden: „Für die Immobilienfinanzierung ist eine Beobachtung und rechtzeitige Antizipation der Zinsschritte wesentlich, um entweder günstig neu zu finanzieren oder vorteilhaft zu refinanzieren.“ Laut Volker Arnd würde sich eine potenzielle Zinssteigerung regional sehr unterschiedlich auswirken. „Je nach der wirtschaftlichen Entwicklung der einzelnen Regionen könnten sich diese Abschläge zusätzlich erhöhen, wenn die Mieter-Nachfrage nachlässt.“ Profitieren könnten dann Gebiete, die weit weg vom Hauptsitz der Fed in Washington liegen: „Aus unserer Sicht sollten die Regionen im Südwesten der USA am geringsten hiervon betroffen sein, denn der Zuzug von Unternehmen und Menschen aus anderen Regionen der USA ist unglaublich hoch. Hier sind insgesamt die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen am günstigsten“, so Arndts Prognose für eine potenzielle Zeit, wenn sich die Zinsschraube in den USA wieder schneller drehen würde. (ahu)