„Eigentlich müsste es auf ELTIFs einen regelrechten Run geben.“

22.03.2023

Dirk Holz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Commerz Real Fund Management S.à r.l / Foto: © Commerz Real

Privatanleger, die in langfristige Infrastrukturprojekte investieren und an deren Erträgen partizipieren möchten, haben seit dem Jahr 2015 über einen European Long-term Investment Fund (ELTIF) die Möglichkeit dazu. Mit ihrem Investment können sie zu Kapitalgebern für vielfältige Projekte in Bereichen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Energiewende oder Innovationen im Mittelstand werden. Doch dem von der Europäischen Union entwickelten Fondsvehikel ist bislang kein echter Durchbruch gelungen. Die Gründe hierfür sind vielschichtig.

Ein entscheidender Grund ist für Dirk Holz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Commerz Real Fund Management S.à r.l „ganz klar die Mindestanlagesumme von 10.000 Euro und ein nachweisliches Vermögen ab 100.000 Euro. Damit ist der ELTIF einer wohlhabenden Klientel vorbehalten.“ André Krüger, Senior Key Account Manager Sales NonBanks bei der Commerz Real, ergänzt: „Hinzu kommt, dass der Vertrieb mit sehr aufwendigen, zum Teil prozessgebundenen Aufklärungs-, Abfrage- und Dokumentationspflichten verbunden ist. Mal abgesehen von der Fleißarbeit für Finanzmakler, muss all das ja auch auf den Depotplattformen abgebildet werden.“ Beide sprechen aus Erfahrung, denn mit klimaVest hat die Commerz Real im Oktober 2020 einen der derzeit größten ELTIFs für erneuerbare Energien in Luxembourg für deutsche Investoren aufgelegt.

Je höher die investierte Summe, desto umfangreicher der Beratungsbedarf

Anfang des Jahres hat das Fondsvermögen des klimaVest die Marke von einer Milliarde Euro überschritten. Das ist angesichts der genannten Hürden als Erfolg zu werten. Gleichzeitig passt es in das Bild, das Scope Fund Analysis in der im Jahr 2022 veröffentlichten „Europäischen ELTIF-Studie“ zeichnete. Demnach hat die Nachfrage seit 2020 deutlich angezogen. Die Studienautoren führen das unter anderem auf Lerneffekte im Vertrieb wie auch bei den Depotplattformen zurück. „Gleichzeitig registrieren wir bei freien Vertrieben und Einzelvermittlern einen großen Unterstützungsbedarf“, weiß André Krüger aus der Erfahrung mit §34f-Vertriebspartnern zu berichten.

Insbesondere bei hohen Investitionssummen ist eine fundierte Beratung gefragt. Das lässt sich für Commerz Real an der digitalen Beratungsstrecke, über den man den klimaVest auch in Eigenregie abschließen kann, gut nachvollziehen. „Die aktuell noch sehr umfangreiche Datenabfrage veranlasst viele, den Vorgang abzubrechen und auf die persönliche Beratung umzuschwenken“, vermutet Krüger. Doch das wird sich durch die überarbeitete, am 20. März 2023 im EU-Amtsblatt veröffentlichte ELTIF-Reform ändern. Schon deshalb wurde sie im Markt förmlich herbeigesehnt.

Die Reform wird für Schubkraft sorgen

Auch Dirk Holz setzt hohe Erwartungen in die Reform: „Selbst wenn der ELTIF in Märkten wie Frankreich, Italien, Luxembourg, Spanien und mittlerweile auch Deutschland an Relevanz gewonnen hat, wird die Reform noch einmal deutlich für Schubkraft sorgen.“ Da mit Inkrafttreten der ELTIF-Reform Ende Dezember dieses Jahres die hohen Untergrenzen für Vermögen und Anlagesumme fallen werden, steigt automatisch die Zahl der potenziellen Zeichner. Finanzvermittler dürften sich nicht nur auf die steigende Nachfrage freuen, sondern auch über den vereinfachten Beratungsprozess. „Der bürokratische Aufwand der ELTIF-Geeignetheitsprüfung wird wegfallen. Stattdessen gelten bei der Beratung die Vorgaben der EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II wie bei jedem anderen Fondsprodukt“, erläutert André Krüger.

Wer mit einem Investment in Sachwerte vor allem einen aktiven Beitrag zur nachhaltigen Transformation leisten möchte, dürfte nach Inkrafttreten der ELTIF-Novelle einer breiteren Auswahl gegenüberstehen. In den Maschinenräumen der Asset-Manager wird bereits kräftig gewerkelt. Wichtig ist dabei zu verstehen, dass ELTIF nicht gleich ELTIF ist: Unter dem Oberbegriff sind ganz unterschiedliche Ausgestaltungen möglich. Daher sollten Interessenten sich das jeweilige Produkt genau ansehen und nur kaufen, was sie verstehen. „Ein Fonds, der wie klimaVest gezielt in erneuerbare Energien investiert, generiert über Einspeisevergütungen und langfristige Stromabnahmeverträge, sogenannte Power Purchase Agreements, stetige Mittelzuflüsse. Das ist vergleichbar mit den langfristigen Mietverträgen eines Immobilienfonds“, erklärt André Krüger.

Aktienfonds schon wieder auf Talfahrt

Gerade die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie sensibel viele Investmentfonds, insbesondere in Aktien, auf die verschiedenen Krisen reagieren. Indizes wie DAX oder Dow Jones befinden sich seit Ausbruch der Corona-Pandemie auf Achterbahnfahrt. Kaum wähnte man Licht am Horizont, schicken die Pleite der Silicon Valley Bank und die Übernahme der Credit Suisse die Kurse erneut auf Talfahrt. Auch aus diesem Gesichtspunkt heraus könnten die künftig leichter zugänglichen ELTIFs auf großes Interesse stoßen. Davon sind auch Dirk Holz und André Krüger überzeugt: „Eigentlich müsste es auf ELTIFs einen regelrechten Run geben.“

Gastbeitrag von Dirk Holz, Vorsitzender der Geschäftsführung Commerz Real Fund Management S.à r.l., und André Krüger, Senior Key Account Manager Sales NonBanks bei Commerz Real