Timo Sven Bauer im Gespräch: „Ohne Selbstdisziplin im Vertrieb geht gar nichts“ – Wie Unternehmen ihre Erfolgsstrategien wiederfinden

15.07.2025

Timo Sven Bauer, Vertriebsexperte und Coach

Wenn der Vertrieb ins Straucheln gerät, wackelt oft das ganze Unternehmen. Der Vertrieb ist nicht nur Umsatzmotor, sondern auch Gradmesser für Marktgespür, Kundenbindung und interne Effizienz. Zu diesem Thema haben wir mit Timo Sven Bauer gesprochen, Vertriebsexperte und Coach, der seit Jahren Unternehmen unterschiedlichster Branchen analysiert, begleitet und neu ausrichtet. Sein Fazit ist klar: Wer im Vertrieb keine Selbstdisziplin zeigt, verliert den Kurs. Unternehmen, die wieder auf Erfolgskurs kommen wollen, brauchen klare Strukturen, messbare Prozesse und vor allem: ein Team, das die Basics nicht aus den Augen verliert.

Herr Bauer, was ist das größte Problem, das Sie aktuell in Vertriebsabteilungen beobachten?

Timo Sven Bauer: Es klingt simpel, aber es ist grundlegend: mangelnde Selbstdisziplin. Viele Vertriebler haben verlernt, ihre Tagesstruktur zu halten. Termine werden verschoben, Follow-ups vergessen, CRM-Systeme nicht gepflegt. Das wirkt sich direkt auf die Abschlussquote aus. Aber es geht noch tiefer: Wenn grundlegende Vertriebsaufgaben nicht mehr konsequent umgesetzt werden, leidet auch das Vertrauen im Team und zum Kunden. Besonders heikel wird es, wenn Führungskräfte hier keine klare Linie vorgeben oder selbst als negatives Beispiel auftreten.

Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Bauer: Es ist eine Kombination aus digitaler Ablenkung, fehlender Führung und einer gewissen Bequemlichkeit, die sich eingeschlichen hat. Viele verlassen sich zu sehr auf spontane Gespräche oder ihre Erfahrung, statt ihre Pipeline aktiv zu managen. Vertrieb braucht eine klare Routine. Erfolgreiche Verkäufer stehen morgens mit einem Plan auf und ziehen diesen durch. Und zwar auch dann, wenn gerade kein Abschluss winkt. Führungskräfte müssen genau hier ansetzen: mit klaren Vorgaben, aktiver Vorbildfunktion und täglichem Sparring.

Wie können Unternehmen gegensteuern?

Bauer: Zuerst muss Klarheit rein: Wer macht was, wann und wie oft? Das heißt nicht Mikromanagement, sondern klare Erwartungshaltung. Dann braucht es ein gutes Coaching-System, das nicht nur Ziele vorgibt, sondern den Weg dorthin begleitet. Das kann durch regelmäßige Feedbackgespräche, Shadowing oder strukturierte Workshops passieren. Und drittens: Disziplin muss eingefordert werden. Das ist nicht autoritär, das ist professionell. Hier kommt die Führungsriege besonders ins Spiel: Sie muss diesen Rahmen nicht nur setzen, sondern selbst leben und regelmäßig kontrollieren, ob das Team auf Kurs bleibt.

Gibt es Tools oder Methoden, die besonders gut funktionieren?

Bauer: Definitiv. Ich arbeite viel mit Tagesplänen, klaren KPIs und regelmäßigen Reflexionen. Zum Beispiel: Wie viele Erstkontakte wurden wirklich gemacht? Wie viele Angebote sind rausgegangen? Vertrieb ist wie Sport: Ohne Training, ohne Feedback, ohne Wiederholung geht nichts. Wer denkt, er kann nur mit Talent verkaufen, irrt sich. Talent bringt dich rein, aber Disziplin hält dich oben. Führungskräfte sollten sich dabei nicht aus der Verantwortung ziehen. Sie müssen diese Systeme nicht nur einführen, sondern täglich mittragen.

Wie lange dauert es, bis man erste Veränderungen sieht?

Bauer: Wenn das Team mitzieht, sieht man nach wenigen Wochen erste Ergebnisse. Anfragen steigen, Gespräche werden zielgerichteter, und plötzlich macht Verkaufen wieder Spaß. Man merkt das oft daran, dass Vertriebler wieder proaktiv werden, statt nur auf Leads zu warten. Aber der Weg dorthin braucht Konsequenz. Einmal ein neues Tool einführen reicht nicht. Es braucht ein gelebtes System und eine Führung, die regelmäßig hinterfragt: Werden die Standards eingehalten? Wird das CRM gepflegt? Ist der Kalender voll?

Und was tun, wenn das Team blockiert?

Bauer: Dann muss man ehrlich sein. Manchmal braucht es neue Impulse von außen, frische Perspektiven oder sogar personelle Veränderungen. Aber oft reicht schon ein klarer Prozess, um das Ruder rumzureißen. Vertrieb ist kein Hexenwerk, aber er verzeiht keine Nachlässigkeit. Wichtig ist auch: Führungskräfte müssen mitziehen. Wer Disziplin verlangt, muss sie auch selbst leben. Sie geben den Takt vor, nicht nur mit Worten, sondern mit ihrem täglichen Handeln.

Was geben Sie Unternehmen mit, die gerade in einer Vertriebskrise stecken?

Bauer: Zurück zu den Basics. Wer wieder lernt, seine Leads sauber zu pflegen, Nachfassgespräche konsequent zu führen und jeden Tag seine Pflicht zu tun, kommt auch wieder raus aus dem Loch. Erfolg ist immer eine Frage der Haltung. Wer bereit ist, sich selbst zu hinterfragen, macht den ersten Schritt. Und dann geht es darum, kleine Schritte konsequent umzusetzen. Jeden Tag. Führungskräfte sollten sich hier nicht als Kontrolleure verstehen, sondern als echte Sparringspartner. Ihre Rolle ist entscheidend, um Disziplin nicht nur einzufordern, sondern als festen Bestandteil der Kultur zu etablieren.