Ungewohnte Töne aus China

06.09.2023

Christoph Mertens. Foto: Fürst Fugger Privatbank Aktiengesellschaft

Dass das chinesische Wirtschaftswachstum seit geraumer Zeit an Geschwindigkeit eingebüßt hat, ist mittlerweile bekannt. Die OECD geht davon aus, dass diese Entwicklung anhält und Chinas exorbitantem Wachstum der letzten Jahre ein Ende setzt. Galten in den letzten Jahren Wachstumsraten unter 7 Prozent bereits als Rückschlag, wird das mittelfristige jährliche Wachstumspotential auf 3 Prozent geschätzt.

Für Christoph Mertens, Mitglied des Managementgremiums des FFPB Dividenden Select der Fürst Fugger Privatbank, sind die dafür verantwortlichen Themenfelder vielfältig. Der gigantische Immobiliensektor trage jedenfalls großen Anteil am schwächelnden chinesischen Wachstum. „Spätestens seit den Zahlungsschwierigkeiten der Konzerne Evergrande und Country Garden hat die einstige Boom-Branche eine harte Landung hingelegt“, so Mertens. Die chinesische Regierung versuche, das Schlimmste zu vermeiden. Er gehe daher davon aus, dass ein Kollaps im Immobiliensektor und dem eng verbundenen Bankensektor mit allen Mitteln abgewendet werde, jedoch mit einem „Aber“: „Die Rettungsmaßnahmen der chinesischen Regierung drücken massiv auf die Wirtschaftskraft der gesamten Volkswirtschaft.“

Zu den Problemen im Immobiliensektor kämen nicht nur die Technologie-Sanktionen der USA und der Rückzug einiger westlicher Industriestaaten hinzu, sagt Christoph Mertens: „China kämpft mit hausgemachten Problemen: hohe Jugendarbeitslosigkeit, ein rasanter demographische Wandel, der zur Vergreisung in Rekordtempo führt, und eine massiv angestiegene Staatsverschuldung.“ Erschwert werde der Überblick durch die mangelnde Transparenz im Reich der Mitte. Den Finanzmärkten sei diese Gemengelage bewusst. Die Reaktionen fielen bislang moderat aus, aber die Risiken würden genau beobachtet. Zumindest hätten die westlichen Nationen öffentlichkeitswirksam mit einem „China De-Risking“ begonnen, so Mertens: „Umsicht ist angebracht, nicht Panik. Man will es sich ja nicht mit einer der größten Volkswirtschaften verscherzen - mit vielen bestehenden und potenziellen Kunden für westliche Unternehmen.“

Gerade deutsche Unternehmen könnten ein Lied davon singen, was ein Nachfrageausfall aus China bedeuten würde. Auch aus diesen Situationen habe man gelernt und an Alternativen gearbeitet. Sei lange Zeit die chinesische Wirtschaft quasi gleichbedeutend mit ganz Asien gewesen, würden sich derzeit viele Nachbarstaaten an großem Interesse und entsprechenden Zuflüssen aus dem Ausland erfreuen. (fw)