Alte Liebe rostet nicht

11.06.2015

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Die Entscheidung ist gefallen, eine Immobilie soll es werden – aber was für eine? Wer in eine Einzelimmobilie investieren will, landet häufig beim Eigenheim oder bei realgeteilten Immobilien. Ist der Neubau, der Altbau oder eine steuerlich optimierte Denkmalschutzimmobilie der für den jeweiligen Anleger lohnende Weg?

„In Deutschland gibt es aktuell rund 19 Millionen Gebäude für Wohnzwecke. Insgesamt beläuft sich das Bruttoanlagevermögen in Immobilien sowie Grundstücken auf rund 13 Billionen Euro. Damit ist der Immobilienbestand die größte reale Assetklasse in Deutschland", so die Wohnimmobilien Studie 2015 der IREBS im Auftrag der Deutschen Bank. Das muss nicht verkehrt sein: „Die Wohnimmobilie in der richtigen Lage ist eine Anlageform mit stabilen und sicheren Cashflows", erklärt Marcus Kraft, Vertriebsvorstand der ZBI Zentral Boden Immobilien AG. Die Nachfrage nach Wohnungen an attraktiven Standorten ist inzwischen häufig wesentlich größer als das Angebot und daneben treiben höhere Preise für Bauland, strengere Gesetzesvorschriften und schärfere Vorschriften hinsichtlich Energieeffizienz die Kaufpreise, so Dr. Andreas Mattner, Präsident des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e. V.

Denkmalschutzimmobilien – Der Charme der „alten" Bauten.

Laut statistischem Bundesamt sind mehr als die Hälfte des Bestandes über 40 Jahre alt, rund ein Viertel sogar über 60 Jahre alt. „Der Immobilienboom der vergangenen Jahre hat dafür gesorgt, dass auch diese älteren Häuser Abnehmer finden", erklärt Wolfgang Dippold, Geschäftsführer der PROJECT Investment Gruppe. Den kontinuierlichen Wertverlust älterer Gebäude unterschätzen laut Dippold viele Käufer „gebrauchter" Immobilien. Michael Held, Geschäftsführer des Immobilienentwicklers Terragon, bringt es auf den Punkt: „Egal, ob Eigenheim oder Zinshaus: Ich muss mich um eine Immobilie kümmern, manchmal ein Leben lang." Das fällt vielen Hauskäufern leichter, wenn die Immobilie ihren ganz eigenen Charme besitzt. Denkmalschutzimmobilien bieten bei verantwortungsbewusster Sanierung moderne Wohnqualität im historischen Gewand und lassen darüber hinaus Wertstabilität erwarten, weil sie nicht beliebig reproduzierbar sind, haben die Experten der DGG Deutsche Gesellschaft für Grundbesitz AG erfahren. Sie setzen außer auf attraktive Objekte aus der Jahrhundertwende auch auf Wohnsiedlungen aus den 30er Jahren, die durch günstige Aufteilbarkeit und große Fensterflächen nach der kompetenten Sanierung hohe Wohnqualität bieten können. Für Jörg Walter, Geschäftsführer der IVM GmbH, ist der Altbau mit modernem Ausstattungsstandard die Devise der Zukunft. „Viele Altbauten haben bereits optimale Grundrisse, die marginal verändert werden. Die Lage und Ausstattung sind ausschlaggebend. Das Leben findet in der Zukunft in urbanen Lagen statt. Unsere sanierten Objekte sind für Jung und Alt ausgestattet. In Görlitz haben wir z. B. die ersten innerstädtischen barrierefreien Altbauwohnungen ins Leben gerufen und die Nachfrage ist besonders groß." Die IVM ist Exklusivvertrieb der Thamm & Partner GmbH, die sich mit mehr als 30 Jahre Projekterfahrung auf Baudenkmäler und Sanierungsobjekte spezialisiert hat. Sven Herbst, Vorstand der VALERUM Invest AG, Spezialist für Denkmalimmobilien, ergänzt: „Die Menschen wollen Raum zur Entfaltung. Früher war Wohnen ein Dach über dem Kopf, ausgestattet mit allem Notwendigen. Heute ist es Ausdruck des eigenen Lifestyles, ein Ort der Entspannung, der Arbeit und der Kreativität. Kurzum: Wohnen ist Ausdruck des Selbstbildes – und das muss hohen Ansprüchen gerecht werden. All das macht großzügige Grundrisse gepaart mit hochwertiger Ausstattung unverzichtbar."

Bei Denkmalimmobilien lockt vielfach auch

die steuerliche Förderung.

Kapitalanleger können ihre Modernisierungskosten acht Jahre lang mit jeweils 9 und die nächsten vier Jahre mit jeweils 7 % steuerlich geltend machen. Die Anschaffungskosten werden über 40 Jahre mit 2,5 % (für Objekte bis zum Baujahr 1924) bzw. über 50 Jahre hinweg mit 2 % (für spätere Baujahre) abgesetzt werden, allerdings nur insofern, als sie das Gebäude betreffen. Selbstnutzer einer denkmalgeschützten Immobilie können Sanierungskosten sogar 10 Jahre lang 9 % jährlich steuerlich geltend machen. Diese unbestreitbaren Vorteile, die zu einer deutlichen Aufwertung der Mietrendite führen, können sich jedoch leicht ins Gegenteil verkehren, wenn die Sanierungskosten aus dem Ruder laufen. „Im Altbau sind die Kosten meist schlechter planbar als im Neubau, auch wenn der aktuelle Zustand der Immobilie und der Sanierungsbedarf noch so verantwortungsvoll begutachtet werden", warnt Dippold. Kommt zu unliebsamen bauseitigen Überraschungen im Laufe der Jahre noch eine Änderung in der Einschätzung des Finanzamtes zur Sonderabschreibung, resultieren daraus Bewertungsänderungen, die der Renditeprognose die Kalkulationsgrundlage entziehen können.

Auch bei einer Denkmalschutzimmobilie ist die

Lage eines der entscheidenden, wenn nicht das

wichtigste Kriterium beim Kauf.

Steuervorteil hin oder her. Selbstnutzer müssen sich die Frage stellen. „Möchte ich in diesem Objekt die nächsten zehn oder zwanzig Jahre wohnen? Was stört mich an der Lage, was gefällt mir gut?", fasst Karsten Jungk von Wüest & Partner Deutschland die relevanten Fragen zusammen. Erst recht muss sich der Investor diesen Fragen stellen, denn der Anleger muss eine Immobilie noch kritischer analysieren als der Selbstnutzer, so Dippold.

Eine Anlageimmobilie muss gut vermietbar und verkäuflich sein, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Ein denkmalgeschützter und perfekt sanierter Altbau hat sicherlich mehr Charme als ein Neubau, bietet jedoch weniger Flexibilität – die Grundrisse sind häufig fix vorgegeben und können nicht immer einfach so an zeitgemäße Wohnbedürfnisse angepasst werden. Wer jedoch „seinen" Altbau gefunden hat, sei es eine charmante Gründerzeitvilla oder der denkmalgeschützte Bauernhof auf dem Dorf, dem können solche Überlegungen herzlich egal sein – der Erwerb eines alten Hauses ist nie eine reine Kopf-, sondern immer eine Herzensentscheidung. (sk)

finanzwelt Special 03/2015 Sachwertanlagen und Immobilien