„Verflixt, mein bzw. unser Auftragsbuch für 2026 ist noch leer“

07.11.2025

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Ein gewisses Kunden-Sterben ist normal

Deshalb sehen wir die verstärkte Nachfrage nach unseren Leistungen – alle Jahre wieder – gegen Jahresende und zu Jahresbeginn (bevor viele Dienstleister wieder in einen Marketing-Tiefschlaf versinken) mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Mit einem lachenden Auge, weil es uns selbstverständlich freut, wenn unsere Leistungen nachgefragt werden. Mit einem weinenden Auge, weil diese Anfragen meist nur ein Ausdruck der grundlegenden Defizite im Marketing vieler B2B-Dienstleister sind.

So fehlt zum Beispiel vielen Dienstleistern das Bewusstsein, dass ein gewisses Kundensterben im B2B-Bereich, selbst wenn ein Anbieter für seine Kunden eine Top-Leistung erbringt, normal ist – und zwar nicht nur in Marktumbruch-Zeiten. Denn immer wieder wechseln die Entscheider in den Unternehmen. Oder diese setzen andere Prioritäten. Deshalb ist es für B2B-Dienstleister auch in „normalen Zeiten“ existenzgefährdend, sich auf einer Handvoll Stammkunden auszuruhen und aufgrund der aktuell guten Auslastung die Marketing- und Vertriebsaktivitäten einzustellen. Und in den Zeiten, in denen viele, gerade größere Unternehmen darüber nachdenken, wie sie mit Hilfe der Digitaltechnik, wozu auch die KI zählt, Zeit und Geld sparen können? In ihnen zeugt es von einer gewissen Naivität, wenn Dienstleister glauben „Dieser Kelch geht an mir (bzw. uns) spurlos vorüber“.

Neukunden und Aufträge lassen sich nicht über Nacht akquirieren

Viele B2B-Dienstleister verdrängen zudem, dass sie keine „Schnelldreher“ verkaufen, die Kunden spontan kaufen – zum Beispiel, weil sie gerade Lust darauf haben. Vielmehr erstreckt sich die Akquise von Neukunden und Aufträgen zum Beispiel im Beratungsmarkt in der Regel über Monate oder gar Jahre. Deshalb sollte gerade bei B2B-Dienstleistern die Marktbearbeitung (also Kombination von Marketing und Vertrieb) ein kontinuierlicher Prozess bzw. ein integraler Bestandteil der Alltagsarbeit und kein „Saisonjob“ sein, damit sie, wenn überraschend Kunden wegbrechen, zumindest bereits einige angewärmte potenzielle Neukunden in der Pipeline haben und nicht mit dem Kontakt- und Beziehungsaufbau sozusagen ganz am Anfang stehen.

Der wichtigste und entscheidende Punkt ist jedoch: Viele B2B-Dienstleister wie selbstständige Berater haben, obwohl sie Unternehmer sind, noch nicht verinnerlicht, dass das Marketing und der Vertrieb Kernprozesse in jedem Unternehmen sind.

Deshalb ist und bleibt es ihr Job als Unternehmer, sich darum zu kümmern. Das heißt, die Verantwortung für das Marketing und den Vertrieb – bzw. die Marktbearbeitung – lässt sich weder an externe Dienstleister noch an irgendwelche administrativen Mitarbeiter delegieren. Diese können sie maximal beim Wahrnehmen dieses Jobs unterstützen und ihnen gewisse Teilaufgaben – wie das Versenden von Mailings, das Platzieren von Presseartikeln, das Optimieren der Webseite – abnehmen. Die Verantwortung für die Kernaufgabe Marketing und Vertrieb – also dafür, dass letztendlich ausreichend Geld in der (Firmen-)Kasse klingelt – tragen jedoch sie.

B2B-Dienstleister brauchen eine gewisse Marketing- und Vertriebskompetenz

Deshalb sollten B2B-Dienstleister gleich welcher Couleur im Marketing- und Vertriebsbereich auch zumindest so viel Kompetenz und Erfahrung haben, dass sie bezogen auf die Vorschläge ihrer (potenziellen) externen Unterstützer zumindest eine Bewertungskompetenz haben – also beurteilen können, inwieweit deren (Werbe-)Versprechen realistisch und Marketing-Vorhaben zielführend sind. Ansonsten lassen sie sich (speziell, wenn sie in Panik geraten) von diesen jeden gerade gehypten „Müll" aufschwatzen. Mit der Konsequenz, dass ihre stets begrenzten Werbemittel zwar rasch aufgebraucht sind, ihre Auftragsbücher aber weiterhin große Löcher aufweisen.

Ein Beitrag von Bernhard Kuntz, Inhaber der PR- und Marketing-Agentur Die PRofilBerater, Darmstadt