Verteidigungsausgaben entfachen Nachfrage nach Logistikflächen
16.09.2025

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Laut einem Bericht von Savills werden steigende Verteidigungsausgaben und neue NATO-Verpflichtungen zu einem erheblichen Anstieg der Nachfrage nach Industrie- und Logistikimmobilien in ganz Europa und im Vereinigten Königreich führen. Um den steigenden direkten und indirekten Logistikbedarf zu decken, könnte ein Bedarf von bis zu 37 Millionen Quadratmetern zusätzlicher Fläche entstehen – 6 Millionen davon in Deutschland.
Unter Berücksichtigung des auf dem NATO-Gipfel im Juni 2025 beschlossenen neuen Ziels, 3,5 % des BIP für militärische Kernkompetenzen bereitzustellen, kommt Savills zu dem Ergebnis, dass die Nachfrage nach Industrie- und Logistikflächen in Europa deutlich steigen dürfte – konkret um 17 % gegenüber den rund 30 Millionen Quadratmetern im Jahr 2024.
Bereits heute sind in Europa fast eine Million Menschen im Verteidigungssektor beschäftigt. Nach Berechnungen von Savills stützen die aktuellen Verteidigungsausgaben rund 35 bis 40 Millionen Quadratmeter an Logistik- und Produktionsflächen. Sollten die NATO-Staaten ihr neues Ziel innerhalb der kommenden sieben Jahre erreichen, würde dies zusätzliche Nachfrage insbesondere durch Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien entstehen lassen.
In Deutschland wurde dieses Jahr der Verteidigungshaushalt durch ein Sondervermögen von 86 Milliarden Euro ausgeweitet. Die Bundesregierung hat darüber hinaus angekündigt, die Militärausgaben bis 2029 auf bis zu 3,5 % des BIP zu steigern. Dies würde die deutsche Rüstungsindustrie nachhaltig stärken und die Nachfrage nach Produktions- und Logistikflächen erheblich erhöhen.
Angesichts der geplanten Großprojekte, darunter die Beschaffung neuer Eurofighter, die Modernisierung der Taurus-Marschflugkörper sowie Investitionen in Panzer-, Drohnen- und Luftverteidigungssysteme, ist Deutschland einer der Kernmärkte, in denen sich der prognostizierte zusätzliche Flächenbedarf in den kommenden Jahren besonders stark niederschlagen dürfte. Laut dem Infrastrukturbericht 2024 der Bundeswehr lag die Anzahl der durch den Staat verantworteten Infrastrukturbaumaßnahmen im Verteidigungsbereich im Jahr 2024 bei rund 8.000 und umfasste ein Projektvolumen von ca. 1,6 Mrd. Euro. Für das Jahr 2025 wurde ein Investitionsvolumen von 1,7 Mrd. Euro angesetzt.
Neben diesen staatlichen Vorhaben treibt auch die Industrie eigene Projekte voran, etwa durch die jüngsten Produktionsneubauten von Rheinmetall, unter anderem mit einer Munitionsfabrik in Unterlüß, die den Ausbau nationaler Fertigungskapazitäten gezielt vorantreiben.
Bertrand Ehm, Director Investment bei Savills Deutschland, kommentiert: „Der deutsche Verteidigungssektor hat sich im vergangenen Jahr deutlich auf die veränderten politischen Rahmenbedingungen eingestellt und seine Produktionsund Infrastrukturkapazitäten spürbar erweitert. Dazu gehören neue Werke für Munition, Flugzeugkomponenten und optische Systeme ebenso wie der verstärkte Ausbau militärischer Liegenschaften.“
Sam Quellyn-Roberts, Direktor des EMEA Industrial & Logistics Occupational Markets Teams, kommentiert: „Der Verteidigungssektor profitiert wie viele andere Fertigungsindustrien erheblich von Agglomerationsvorteilen. Rüstungsunternehmen und ihre Zulieferer tendieren dazu, sich in ganz Europa zu clustern, um von gemeinsamen Fachkräftepools, spezialisierten Subunternehmern und etablierten Lieferketten zu profitieren. Diese Cluster konzentrieren nicht nur die Beschäftigung, sondern treiben auch die Nachfrage nach Industrie- und Logistikflächen in diesen Gebieten in die Höhe. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der Verteidigungssektor sehr spezielle Anforderungen an Immobilien stellt, was bedeutet, dass die Bedienung dieser erwarteten Nachfrage möglicherweise nicht so einfach ist wie bei traditionelleren Einzelhandels- oder Logistikmietern.“
Für Großbritannien erwartet Savills, dass die Umsetzung des NATO-Ziels von 3,5 % des BIP an Verteidigungsausgaben innerhalb von sieben Jahren rund 45.000 zusätzliche Arbeitsplätze in der Fertigung und 17.000 in der Logistik schaffen könnte. Damit verbunden wäre eine zusätzliche Nachfrage von bis zu 3 Millionen Quadratmetern Industrie- und Logistikflächen, was einer jährlichen Flächenaufnahme von rund 423.000 Quadratmetern entspricht.
Andrew Blennerhassett, stellvertretender Direktor des Industrie- und Logistikresearch bei Savills, fügt hinzu: „Der Bedarf des Verteidigungssektors an spezialisierten Industrie- und Logistikanlagen stellt eine komplexe Herausforderung für den Immobilienmarkt dar. Es gilt, strenge Sicherheitsprotokolle, geopolitische Sensibilitäten und maßgeschneiderte Infrastrukturanforderungen zu berücksichtigen, während gleichzeitig mit dem boomenden E-Commerce- und Fertigungssektor um begrenzte geeignete Flächen konkurriert wird. Letztendlich lässt sich aus der Pandemie die Lehre ziehen, dass gut funktionierende, diversifizierte und robuste nationale Logistikökosysteme für eine funktionierende Fertigungsindustrie von entscheidender Bedeutung sind, und Verteidigung bildet da keine Ausnahme. Internationale, nationale und lokale politische Entscheidungsträger müssen dies erkennen und proaktiv dafür sorgen, dass die Verfügbarkeit von Flächen mit der erwarteten Expansion der Industrie und Logistik Schritt hält.“ (fw)

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