Von Investoren übersehen: Chinas Marken drängen an die Weltspitze

13.09.2018

Laurent Saltiel, Chief Investment Officer – Emerging Markets Growth, Sergey Davalchenko, Portfolio Manager AllianceBernstein (AB) / Foto: © AllianceBernstein (AB)

Onlinehandel: Heimische Marken dominieren

Auch Internetmarken grüßen in China von der Tabellenspitze. E-Commerce-Riese Alibaba kontrolliert mehr als 60 Prozent des Online-Endkundenhandels. Der scheidende Alibaba-Chef Jack Ma sagte einmal, das Unternehmen sei deshalb so erfolgreich, weil die Kundengewinnung während seiner Wachstumsphase billig war. Heute dagegen müsste jeder neue Konkurrent Unsummen ausgeben, um eine Kundenbasis aufzubauen. Alibaba führt seine Kunden scheinbar mühelos durch die virtuellen Eingangstüren und finanziert damit die Expansion in neue Geschäftsbereiche wie den stationären Einzelhandel, den Zahlungsverkehr und Cloud-Dienste.

Kweichow Moutai: Alkoholmarke im Wachstumsrausch

Chinas Markenrevolution beschränkt sich jedoch nicht auf den Technologiesektor. Kweichow Moutai, ein führender Spirituosenhersteller, ist mit einem Börsenwert von 128 Milliarden US-Dollar das kapitalstärkste Alkoholika-Unternehmen der Welt – weit vor dem zweitgrößten Hersteller Diageo, der einen Wert von lediglich 90 Milliarden US-Dollar besitzt. Die Ladenpreise für Moutais Premiumschnaps Baijiu erreichen bis zu 280 US-Dollar für eine 0,5-Liter-Flasche.

Bei einem geschätzten Markenwert von 32 Milliarden US-Dollar gibt Moutai nur fünf Prozent seines Umsatzes für Werbung aus, weitaus weniger als die westliche Konkurrenz. Und mit einer Profitmarge von 54 Prozent übertrifft es Diageo um mehr als das Doppelte.

Auch bei Haushaltsgeräten sind chinesische Marken auf dem Vormarsch. Hersteller wie Midea und Haier haben ihre Qualität verbessert, in die Forschung investiert und ihren westlichen Konkurrenten Marktanteile abgerungen. Bereits in 2016 machten chinesische Marken 85 Prozent des Marktes für Kühlschränke und 70 Prozent des Marktes für Klimaanlagen aus. Einige haben sogar ausländische Marken aufgekauft um dort zu expandieren.

Deshalb sind Marken für Anleger wichtig

Außerhalb Chinas wird die Markenstärke dieser Unternehmen unserer Meinung nach unterschätzt. Möglicherweise liegt das daran, dass man Marken erleben muss, um sie gebührend zu würdigen. Die Anleger brauchten Jahre, um die Wandlung von Samsung von einem Hersteller eher minderwertiger Produkte zu einer globalen Top-Marke zu erkennen. Sogar japanische Autos wurden in den USA und Europa zuerst als minderwertig angesehen – bis eine kritische Masse von Fahrern ihre verbesserte Qualität am eigenen Leib erlebte.

Heute liefern viele chinesische Unternehmen qualitativ bessere Produkte und besseren Service, entfernt vom Blickfeld ausländischer Anleger. Viele erkennen möglicherweise nicht in vollem Umfang, wie die Markenstärke zur Preismacht und geringeren Kundenakquisitionskosten beiträgt. Beides wirkt sich positiv auf die Margen aus. Zudem verhelfen diese Attribute zu einem nachhaltigen Gewinnwachstum.

Wir sind der Meinung, dass chinesische Marken angesichts ihres ertragssteigernden Potenzials unterbewertet sind. Zwar liegen die Bewertungen der zehn größten chinesischen Unternehmen bei Verbrauchsgütern um etwa elf Prozent höher als jene der Vergleichsunternehmen aus Industrieländern (Abbildung). Ihre prognostizierte Wachstumsrate ist jedoch mehr als doppelt so hoch.

Aktuell sind viele China-Anleger auf den eskalierenden Handelskrieg mit den USA fokussiert. Für einheimische Verbraucherunternehmen, die mittlerweile entscheidend zu Chinas Wachstum beitragen, ist dieser jedoch weitgehend irrelevant. Mit einem besseren Verständnis für die wachsende Kraft chinesischer Marken können Anleger Unternehmen finden, deren Wachstumspotenzial dauerhaft ist.

Marktkommentar von Laurent Saltiel, Chief Investment Officer – Emerging Markets Growth Sergey Davalchenko, Portfolio Manager, sowie Naveen Jayasundaram und Kate Huang, beide Research Analysten – Emerging Markets Growth beim Asset Manager AllianceBernstein (AB)