Naturgefahren soweit möglich managen

28.02.2023

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Die Diskussionen über die Pflichtversicherung für Überschwemmungsschäden sind zu Ende. Das Nein der Bundesregierung erfolgte mit einer Ballübergabe an die Bundesländer, welche weiter über eine Pflichtversicherung nachdenken dürfen.

Damit ist die seit 20 Jahren stetig wiederkehrende Diskussion erst einmal vom Tisch bzw. liegt auf anderen Tischen. 2002 setzte die Elbe weite Ufergebiete in Nord- und Ost-deutschland unter Wasser. Dresden versank in den Fluten. Gut eine Dekade später standen Passau sowie andere Orte in Bayern tief unter Wasser. Zuletzt verschaffte das Ahrtal vielen Hauseigentümern die erschreckende Klarheit: beschauliche Gewässer können zur Sintflut mutieren.

Die Nachfrage nach Elementarversicherungen für Objekte in Wassernähe nimmt zu. Viele Versicherer bieten Tarife differenziert nach der regionalen Gefährdung an. Zum Teil mit gemischten Gefühlen, da etliche die jüngsten Stürme und Überschwemmungen in unguter Erinnerung haben. Glaubt man den Klimaexperten und Rückversicherern, wandeln sich die Risikoumstände künftig nicht zum Besseren.

Wenn Wasser und Wellen wüten

Während Naturgefahren wie Blitzschlag, Frost, Sturm oder Hagel zum Standard der herkömmlichen Gebäude-, Hausrat- oder Inhaltversicherungen gehören, entwickelt sich die Schutzsuche für Natur- bzw. Elementargefahren wie beispielsweise Überschwemmung und Rückstau manchmal zur Sisyphusarbeit. Für Elementarschutz an der Wasserkante wünschen Versicherer Beitragszuschläge oder lehnen aufgrund zu hoher Gefährdungsklasse ab. Ähnlich verhält es sich mit den Überschwemmungsfolgen nach Starkregen. Die Bauten auf Hügeln erhalten den Schutz günstiger als die talwärts liegenden Gebäude.

Bleiben die Hausbesitzer standortbedingt ohne den begehrten Elementarschutz, können sie dennoch Überschwemmungen entgegenwirken. Bestehen Wahlmöglichkeiten zwischen Baugrundstücken und Häusern, versprechen auf Anhöhen gelegene Objekte in weiterer Entfernung zum nächsten Gewässer mehr passive Sicherheit. Nutzungs- und Bebauungspläne geben Hinweise auf Hochwasserschutz und Bodenverhältnisse. Bauexperten empfehlen einen Einsatz von Drainagen, um feuchte Grundstücke zu entwässern und Regenwasser abzuleiten.

Versagen Versicherer den Elementarschutz in puncto Wasserbedrohung, wäre noch die Versicherung weiterer Gefahren wie Schneedruck, Eislasten, Erdbeben, Erdrutsch oder Erdsenkung zu prüfen. In Baden-Württemberg regeln z. B. Baubestimmungen die Erstellung von erdbebensicheren Gebäuden. Der Grund: die Erdkruste unter dem Oberrheingebiet ist tektonisch aktiv. Massivere Wintereinbrüche sind quasi überall möglich. Halten die Dächer den Schnee- oder Eisschichten nicht stand, drohen am Gebäude sowie an dem Gebäudeinhalt erhebliche Schäden.

Elementares absichern

In der technischen Versicherung und der Transportversicherung sind Elementargefahren enthalten. Bauleistungen, Hardware, Maschinen oder Transportgüter sind abgesichert. Gebäude, Hausrat und Betriebseinrichtungen bleiben oftmals schutzlos. Der Betriebsinhalt ist nach Überschwemmung ohne Versicherungsersatz verloren, die Hardware wird erstattet. Dass ein Bau vor Bauherrenabnahme geschützt ist und danach für das Gebäude aufgrund der Gefährdung keine Elementarversicherung erhält, erscheint aus Kundensicht schwer verständlich. Knapp 40 % der Gebäude im Bundesgebiet verfügen über die Erweiterungen einer Elementarversicherung. Nach Expertensicht fallen weniger als 1 % aller Gebäude in die höchsten Gefahrenklassen und sind nur unter Auflagen versicherbar. Rechnerisch wären rund 60 % der Gebäude ohne Elementarversicherung. Um den Betriebsinhalt und den Hausrat steht es nicht besser. Ein Lichtblick ist der Trend zu All- und Vielgefahrendeckungen, in denen Elementarschutz eingeschlossen wird.

Elementarversicherungen fordern heraus

Die Bundesregierung begründet die Abkehr von einer Pflichtversicherung unter anderem mit einer unzumutbaren Kostenmehrbelastung für Hausbesitzer. Vermutlich wären die Geschädigten froh über solche Zumutungen, wenn dafür zig- oder hunderttausende Euro als Ersatz zurückfließen. Für Versicherungsmakler gilt die Elementarversicherung als ein guter Anlass, die Hauseigentümer im Bestand sowie im Neukundengeschäft darauf anzusprechen. Der Kundenverzicht auf elementaren Schutz ist kein Beinbruch. Die Beratungsdokumentation sollte dann möglichst wasserdicht und die Erinnerungsroutinen an die Versicherungslücken eingerichtet sein. Manche Anbieter raten aus Kostengründen zu einem selektiven Schutz. Entweder werden Objekte in exponierter Wasserlage oder lediglich das Gebäude ohne Hausrat oder Inhalt abgesichert. Allerdings stoppen Erdsekungen, heftige Schneefälle oder ungewöhnliche Niederschläge nicht vor der Haustür und richten sich ebenso wenig nach Gefährdungsgebieten. (gg)

Fazit: Die Elementarversicherung gehört zu den existenziellen Deckungen. Meterhohe Schneewehen oder Fluten sind Naturgewalten, die wie ein Großbrand wirken können. Die öffentliche Diskussion um die Versicherungspflicht schien endlos. Die Diskussionsbeendigung seitens der Bundesregierung ist der Startschuss, um endlich die Deckungslücken bei Privat- und Unternehmenskunden zu schließen.