Warum Verteidigungstechnologie jetzt ins Portfolio gehört
13.06.2025

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Die sicherheitspolitische Lage Europas hat sich grundlegend gewandelt. Nach Jahrzehnten relativer militärischer Zurückhaltung und Abhängigkeit von der US-amerikanischen Unterstützung vollzieht der Kontinent nun eine Neuausrichtung seiner Sicherheitspolitik.
Diese Entwicklung, angetrieben durch zunehmende geopolitische Spannungen und Veränderungen in der US-Verteidigungspolitik, eröffnet erhebliche Investitionschancen – insbesondere im Bereich der Verteidigungstechnologie.
Echter struktureller Wandel statt einmaliger Finanzspritzen
Die europäischen Verteidigungshaushalte erleben eine historische Expansion – mit Verteidigungsausgaben von 326 Mrd. Euro im Jahr 2024 und erwarteten Zuwächsen von weiteren 100 Mrd. Euro bis 2027. Diese Entwicklung geht weit über einen kurzfristigen Aufschwung hinaus. Europa durchläuft einen Strukturwandel. Langfristig wird sich das nicht nur bei konventionellen Rüstungsgütern bemerkbar machen, sondern auch eine digitale Transformation im Verteidigungssektor bewirken. Ein markantes Beispiel ist die im März 2025 vorgestellte Initiative „Rearm Europe“ der Europäischen Union. Diese hat ein Volumen von 800 Mrd. Euro. Unter anderem sieht der Plan 150 Mrd. Euro an Darlehen für Mitgliedstaaten vor, außerdem sollen private Investitionen in Verteidigungstechnologien mobilisiert werden.
Nationale Verteidigungsbudgets im Aufwind
Auf nationaler Ebene vollziehen sich ähnlich signifikante Veränderungen. Deutschland, mit dem mittlerweile weltweit drittgrößten Verteidigungshaushalt hinter den USA und China, hat sein Militärbudget für 2024 um 25 % auf rund 86 Mrd. Euro erhöht. Auch künftig dürfte diese Entwicklung anhalten. Mit der Verabschiedung von zwei milliardenschweren Finanzpaketen für Verteidigung und Infrastruktur im März 2025 hat Deutschland ein klares Signal gesetzt. Künftige Verteidigungshaushalte dürften entsprechend höher ausfallen. Auch Großbritannien hat eine neue Abteilung im Verteidigungsministerium geschaffen, welcheMilitärausgaben in Höhe von 20 Mrd. Pfund beaufsichtigen soll. Daneben hatte Premier Keir Starmer die größte Erhöhung der britischen Verteidigungsausgaben seit dem Kalten Krieg angekündigt, mit dem Ziel, 2,5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erreichen. Diese Entwicklungen sind Teil eines breiteren Trends innerhalb der NATO. Neben Deutschland stehen auch Frankreich und Polen an der Spitze dieser Ausgabenwelle: Bis Ende 2025 werden voraussichtlich mindestens 20 NATO-Mitglieder das ZweiProzent-Ziel erreichen oder übertreffen – ein deutlicher Anstieg gegenüber nur neun Mitgliedern im Jahr 2021.
Fokus auf technologische Modernisierung
Ein wesentlicher Treiber der Verteidigungsinvestitionen in Europa ist die technologische Entwicklung. Im Jahr 2024 flossen über 90 Mrd. Euro in neue Ausrüstung – fast 50 % mehr als im Vorjahr und rund 27 % des Gesamtbudgets. Gleichzeitig stiegen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung um 18 % auf 13 Mrd. Euro. Dennoch bleibt der Verteidigungssektor einer der am wenigsten digitalisierten Industriezweige. Weltweit wird weniger als 1 % der globalen Militärbudgets für Software und digitale Fähigkeiten bereitgestellt. Die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten haben jedoch die strategische Bedeutung technologischer Überlegenheit verdeutlicht – insbesondere datengestützter Echtzeit-Entscheidungen. Das lässt eine massive Aufrüstung bei Verteidigungssoftware erwarten. Neben der operativen Überlegenheit könnte die Digitalisierung auch Kostenvorteile auf dem Schlachtfeld bringen. Europäische
Unternehmen als Gewinner
Mehrere europäische Unternehmen profitieren von dem Wandel:
- Rheinmetall AG, Deutschlands größter Munitionshersteller, hat in den letzten Jahren ein erhebliches Wachstum verzeichnet und kürzlich seinen bisher größten Rahmenvertrag mit der Bundeswehr zur Digitalisierung von Infanteriesystemen abgeschlossen. Der Vertrag hat ein Volumen von bis zu 3,1 Mrd. Euro und läuft bis Ende 2030.
- Thales SA, ein französischer Elektronikkonzern im Verteidigungsbereich, dürfte ebenfalls von den erhöhten Verteidigungsausgaben in der EU profitieren. Das Verteidigungsgeschäft des Unternehmens macht über 50 % seines Umsatzes und fast 60 % seines Gewinns aus. Thales sicherte sich kürzlich einen 250-Millionen-Pfund-Auftrag für die Flottenkommunikation der Royal Navy und hat seine Cybersicherheitsabteilung durch die Übernahme von Imperva verstärkt.
- BAE Systems, Großbritanniens führendes Verteidigungsund Luftfahrtunternehmen, meldete im Jahr 2024 einen Rekordumsatz von 28,33 Mrd. Pfund, ein Anstieg von 14 % gegenüber dem Vorjahr. Mit Neuaufträgen im Wert von 33,7 Mrd. Pfund und einem Auftragsbestand von 77,8 Mrd. Pfund ist BAE Systems für nachhaltiges Wachstum gut aufgestellt.
Verteidigungstechnologie als Investmentchance
Für Anleger, die von diesem generationenübergreifenden Wandel in der globalen Verteidigungsordnung profitieren möchten, dürfte ein diversifizierter globaler Ansatz mit einem starken Fokus auf Verteidigungstechnologie interessant sein. Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Verteidigungstechnologie – von Software und Komponenten bis hin zu Hardware, Drohnen, autonomen Systemen und Sensortechnologie – scheinen gut positioniert für nachhaltiges Wachstum in den kommenden Jahren. Mit steigender geopolitischer Unsicherheit dürften die Verteidigungsausgaben in diesem Jahrzehnt weiter steigen, während die USA ihre strategischen Prioritäten neu ausrichten und Europa zu größerer militärischer Autonomie drängen.
Fazit
Die strukturelle Neuausrichtung der europäischen Verteidigungspolitik eröffnet erhebliches langfristiges Renditepotenzial, getragen von der steigenden Nachfrage nach fortschrittlichen Verteidigungssystemen und moderner technologischer Infrastruktur. Europa steht am Beginn eines tiefgreifenden Modernisierungsprozesses seiner Streitkräfte. Davon dürften insbesondere spezialisierte Rüstungsunternehmen profitieren, die auf innovative Technologien setzen – ein Segment, das sich klar am Anfang eines mehrjährigen Wachstumszyklus befindet. Für langfristig orientierte Anleger ergibt sich damit die Chance, frühzeitig in einen strategisch relevanten Zukunftsmarkt zu investieren.
Ein Beitrag von Andrew Ye, Investment Strategist, Global X

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