Wettbewerbsverhältnis zwischen Vermittlern und Versicherern? (EuGH)
21.07.2025

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke. Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
Check24 könne die konkreten Versicherungsdienstleistungen folglich weder selbst erbringen noch eigenständig verwalten. Dementsprechend seien die Dienstleistungen nicht substituierbar. Check24 und die HUK-Coburg sind somit nach der Entscheidung des EuGH auf unterschiedlichen Dienstleistungsmärkten tätig und vorliegend sei kein Wettbewerbsverhältnis zwischen Vermittlern und Versicherern ersichtlich.
Dadurch ergäbe sich, dass Check24 kein Mitbewerber der HUK-Coburg war und das Vergleichsportal nicht unter die Kategorie der „vergleichenden Werbung“ fiel, dessen Voraussetzungen andernfalls hätten eingehalten werden müssen. Gleiches gilt für Versicherungsvermittler, die zwar Abschlüsse von Versicherungsverträgen ermöglichen, diese konkreten Versicherungsdienstleistungen hingegen nicht selbst anbieten.
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof hat eine große Relevanz praktische Relevanz für Versicherungsvermittler, insbesondere Versicherungsmakler. Denn letztere werden nicht selten von Versicherungen abgemahnt mit der Begründung, es bestünde ein Wettbewerbsverhältnis. Ein solche besteht nach dieser Entscheidung des EuGH jedenfalls nicht, was dazu führt, dass Versicherungen Versicherungsmakler in der Regel nicht (mehr) abmahnen können.
Der EuGH stellte vorliegend ausdrücklich fest, dass die getroffene Entscheidung grundsätzlich auch für Versicherungsvermittler gelte. Ebenso wie Check24 bieten Versicherungsvermittler die Versicherungsdienstleistungen nicht selbst an, sondern beraten lediglich und ermöglichen den Vertragsabschluss. Durch diese Feststellung grenzt der EuGH die unabhängige Vermittlung durch Versicherungsvermittler eindeutig von der Risikoträgerschaft und der Produktgestaltung des Versicherers ab, was ein starkes Indiz für die Unabhängigkeit von Versicherungsvermittlern darstellt.
Obgleich sich die Entscheidung des EuGH nicht konkret auf die Irreführung und das Verhältnis zwischen Versicherungsvermittlern und Verbrauchern bezieht, stellt sie die klare Abgrenzung zwischen Versicherungsvermittlern und Versicherern fest, was wiederum eine erhebliche Bedeutung für die Unabhängigkeit und Marktstellung der Versicherungsmakler hat. Denn regelmäßig streiten sich Versicherungsvermittler und sogar Verbraucherzentralen über die Bezeichnung des „unabhängigen“ Versicherungsmaklers, wie vor dem OLG Köln in seinem Urteil vom 07.02.2023 (Az.: 6 U 103/23; siehe auch: Verurteilung von Makler nach Abmahnung des Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) bestätigt (OLG Köln)).
Diese Streitigkeiten befassen sich ebenfalls mit dem Wettbewerbsverhältnis zwischen Vermittlern und Versicherern und dem Verbraucherschutz. Grundlegend vertreten die Verbraucherzentralen die Auffassung, die Bezeichnung als „unabhängiger“ Versicherungsmakler sei irreführend und aus dem Grund wettbewerbsrechtlich nicht zulässig. Diese Auffassung wurde bislang auch von den meisten Gerichten, wie dem OLG München in seinem Urteil vom 16.01.2020 (Az.: 29 U 1834/18) vertreten (dazu auch: Darf ein Versicherungsmakler mit „neutral und unabhängig“ werben? (OLG München)).
Auch wenn der EuGH die finale Entscheidung in der Sache dem vorlegenden Gericht überließ, machte er eindeutig klar, in welche Richtung die Entscheidung ausfallen sollte. Durch dieses Urteil des EuGH und das zugunsten des Versicherungsmaklers ausgegangene Urteil des Landgericht Leipzig vom 04.12.2024 mit dem Aktenzeichen 05 O 1092/24 (siehe auch: Unabhängigkeit? Versicherungsmakler obsiegt gegen den Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände vor dem LG Leipzig) ist eine Änderung der bisherigen „Stellung des Versicherungsmaklers“ hin zur „unabhängigen Instanz“ denkbar und in Aussicht. Der Versicherungsmakler wird klar und deutlich als nicht von einer Versicherung abhängige Person dargestellt, so dass es auf eine „Bezahlung des Versicherungsmaklers“ durch eine Versicherung nicht ankommen kann.
Besonders das Urteil des EuGH könnte diesbezüglich große Veränderungen nach sich ziehen, welche sich positiv auf die Position der Versicherungsvermittler auswirken könnten. Die Positionierung der Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofs bleibt jedoch zunächst abzuwarten. Dementsprechend sollte weiterhin genauestes darauf geachtet werden, womit genau geworben wird und die möglichen Konsequenzen sollten weiterhin präsent sein.
Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke, Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht.

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