Wie Investitionen in Automatisierungslösungen von Reshoring-Trends profitieren können

18.04.2023

Julian Beard, Fondsmanager bei der Credit Suisse / Foto: © Credit Suisse

Entsteht ein neuer, automatisierungsgesteuerter Superzyklus für Kapitalausgaben? Julian Beard, Fondsmanager bei der Credit Suisse, führt in seinem Marktkommentar aus, wie Investitionen in Automatisierungslösungen von Reshoring-Trends profitierenkönnen.

Wir sind der Ansicht, dass ein neuer, automatisierungsgesteuerter Superzyklus für Kapitalausgaben im Gange ist, wobei mehrere Branchen im Fokus stehen. Aufgrund geopolitischer Spannungen und der Erfahrungen mit COVID-19 sehen sich Industrieländer dazu veranlasst, Produktionsbereiche, die seit Jahrzehnten ausgelagert waren, wieder im Inland anzusiedeln. Dabei werden sie mit hohen Grundstückskosten, Mindestlöhnen, einem schwachen Bevölkerungswachstum sowie einem Mangel an Arbeitskräften mit spezifischen Fertigungskompetenzen konfrontiert. Diese Faktoren könnten unserer Meinung nach zu einer zunehmenden Einführung von Fertigungsautomatisierung beitragen. Julian Beard, Fondsmanager bei der Credit Suisse, beleuchtet drei Branchen, die wahrscheinlich im Fokus stehen werden.

Ausgaben- und Steuervergünstigungen, die US-Unternehmen im Rahmen des Inflation Reduction Act angeboten werden, bereiten europäischen Staats- und Regierungschefs Sorgen. Es ist daher anzunehmen, dass es Gegenmaßnahmen geben wird, um Unternehmen zu veranlassen, heimatnah zu produzieren. Gleichzeitig verschieben sich die Erwartungen und Präferenzen der Verbraucher zugunsten lokal und nachhaltig produzierter Waren. Unseren Schätzungen nach hat Asien in vielen Produktionsbereichen einen Kostenvorteil von rund 30 % gegenüber dem Westen. Dies wird unserer Meinung nach jedoch durch neue Anreize für Unternehmen in Kombination mit den ökologischen Vorteilen von Reshoring und anderen Vorteilen wie Liefersicherheit und Time-to-Market ausgeglichen. Auch wenn staatliche Zuschüsse und Anreize den ersten Impuls für die Rückverlagerung von Produktionsstätten bieten könnten, glauben wir, dass erst die Einführung von Automatisierungslösungen in der Fertigung den Erfolg bringen kann.

Chips, Chips und nochmal Chips

Halbleiter sind ein wichtiger Faktor für den technologischen Fortschritt und werden selbst mithilfe komplexer, hochautomatisierter Anlagen hergestellt. Handelsspannungen, COVID-19-bedingte Lieferkettenunterbrechungen und Krieg haben die strategische Bedeutung der Halbleiterindustrie deutlich gemacht und Regierungen dazu veranlasst, Gesetze zu erlassen, welche die inländische Herstellung von Mikrochips fördern, um eine angemessene Versorgung sicherzustellen. Ein prominentes Beispiel aus den USA ist der im August 2022 in Kraft getretene CHIPS and Science Act, der Anreize für Halbleiterherstellung und Forschungsfinanzierung schaffen wird. Die BCG(1)schätzt, dass die Gesamtkosten über zehn Jahre, Front-End-Fertigungsanlagen in den USA zu finden, um rund 30 % höher waren als in Taiwan, Südkorea und Singapur und um 50 % höher als in China. Der CHIPS Act unterstützt die US-Industrie dabei, diese Lücke zu schlieẞen, und hat überdies umfangreiche Zusagen von Privatkapital angeregt. Aber die Ambitionen der EU sind ebenfalls enorm. Laut EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich die Region zum Ziel gesetzt, den globalen Marktanteil der Chipproduktion, der gegenwärtig bei 9 % liegt, auf 20 % zu steigern.

Produktion à la mode

Auch wenn die Herstellung von Textilien und Bekleidung nicht ohne Weiteres mit Technologie verbunden ist, steigt die Nachfrage nach Automatisierungslösungen rasant. Die Etiketten unserer Bekleidung weisen heutzutage aufgrund des groẞen Angebots und der günstigen Arbeitskosten in diesen Ländern am häufigsten die Ländernamen China, Bangladesch und Vietnam auf. Die weichen Materialien, aus denen unsere Kleidung besteht, sind für Robotik- und Automatisierungssysteme bekanntermaẞen schwierig zu handhaben. Das Nähen ist derzeit immer noch ein weitgehend manueller Prozess. Wir sind jedoch der Ansicht, dass sich dies mit zunehmender Verlagerung der Produktion ändern wird, da die Kundschaft immer stärker Wert legt auf recycelte Materialien, faire Arbeitsbedingungen und lokal hergestellte Kleidung. Darüber hinaus könnten höhere Produktionspreise für Bekleidung zu einer stärkeren Akzeptanz von Automatisierungslösungen führen. Vielleicht ist dies ein Hinweis auf eine Zukunft mit hochgradig maẞgeschneiderter Kleidung, Maschinen, die täglich Tausende verschiedener Formen schneiden können, eine schnellere und qualitativ hochwertigere Produktion und einen ausgeprägten Fokus auf die Kreislaufwirtschaft.

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