KryptoKlartext Episode 7 - NTFs im Wandel: Von Spekulation zur Anwendung
18.08.2025

Philip Fihol und Philipp Sandor / Foto: © Melek - stock.adobe.com
Zuerst gepriesen, dann verspottet, nun fast vergessen: Nicht-Fungible Token, oder auch NFTs, weisen im Endkundenmarkt eine eher holprige Erfolgsbilanz auf. 2017 berichtete die Tagesschau erstmals über Bitcoin, welcher damals mit einem im Rückblick bemerkenswert günstigen Preis von 20.000 Euro für großes Aufsehen sorgte. Gleichzeitig erhielten die ersten NFT-Projekte, darunter die bekannten CryptoKitties, außerhalb der KryptoCommunity vergleichsweise wenig Beachtung. Zwar berichteten Medien vereinzelt amüsiert über absurde Preise einzelner NFTs oder die Überlastung der EthereumBlockchain durch das hohe Transaktionsaufkommen, doch blieben sie lange im Schatten der dominierenden Krypto-Narrative – die sich damals vor allem um ICOs und Chinas siebten Bitcoin-Bann drehten. 2021 erlebten NFTs dann einen immensen Hype, bevor die Blase platzte und sie bis heute im Endkundenmarkt drastisch an Relevanz verloren haben. Heute schauen wir noch einmal auf NFTs – und erklären, warum hinter dem Hype echte Technologie mit langfristigem Potenzial steckt.
ERC-Standards erklärt: Fungibel versus Nicht-fungibel
Kryptowährungen auf der Ethereum Blockchain basieren auf dem ERC-20 Standard, welcher die Rahmenbedingungen einer Tokenemission steckt. Auch NFTs bewegen sich auf einem eigenen Standard – dem ERC-721. Dies ist wichtig, da die geläufigen Kryptowährungen, die auf dem ERC-20 Standard basieren, austauschbar und identisch miteinander sind. Somit sind 10 USD Coins auf Wallet A zum Beispiel genauso viel Wert wie 10 USD Coins auf Wallet B. Sie weisen die gleichen identischen Eigenschaften auf und sind daher fungibel. Smart Contracts, welche auf dem ERC721 Standard basieren, können dagegen Token mit einzigartigen Werten erstellen, die in den Metadaten des Tokens gespeichert sind. So hat ein NFT eine einzigartige Identifikationsnummer und einen eigenen Namen samt Beschreibung, wodurch er nicht fungibel wird.
Mehr als nur Affen und Steine
Während des NFT-Booms schossen die Preise einzelner Projekte dank starker Spekulation, begrenzter Verfügbarkeit und der Begeisterung einer wachsenden Community explosionsartig in die Höhe. So erzielten einfache digitale Kunstwerke wie Bored Apes oder Ether Rocks Millionenwerte. Der teuerste Einzelverkauf bleibt „Everydays“ von Beeple mit 69,3 Mio. US-Dollar. Gleichzeitig gibt es jedoch auch Projekte, die NFTs nicht nur als Spekulationsobjekte sehen, sondern deren einzigartige Eigenschaften gezielt nutzen, um die digitale Transformation aktiv mitzugestalten. Besonders in Zeiten von Künstlicher Intelligenz, in denen Echtheitsprüfungen komplexer werden, bieten unverfälschliche digitale Token einen verlässlichen Anker der Authentizität und eröffnen neue Wege für eine nachhaltige digitale Zukunft.
Bald Schluss mit der Zettelwirtschaft?
Auch im Jahr 2025 ist der Begriff Digitalisierung ein prägendes Schlagwort in Deutschland. Zum Beispiel gibt es mittlerweile einen Pilot-Anwendungszweck der sogenannten „i-Kfz-App“, welche den Fahrzeugschein digital zugänglich und die physische Mitführpflicht nichtig macht; eine Entwicklung, die andere Staaten bereits vor Jahren erfolgreich implementiert haben. Der Fahrzeugbrief, welcher als Nachweis des Besitzes gilt, verbleibt paradoxerweise weiterhin in physischer Form, in der er diversen Risiken wie Brand, Diebstahl oder Fälschungen ausgesetzt ist. Mithilfe von NFTs könnten diese und etliche weitere physische Besitznachweise digital und fälschungssicher abgebildet werden. Die Voraussetzung: Zugang bzw. breitgefächerte Bereitstellung digitaler Wallets, um die NFTs zu verwahren. Neben der Eigenverwahrung können regulierte und unabhängige Drittverwahrer die Infrastruktur stellen und somit nahtlosen Zugang bieten, ohne dass die Endnutzer großes Vorwissen oder tiefe technische Affinität dafür mitbringen müssen.
Ticketing neu gedacht
Auch die Veranstaltungsindustrie ist bereits auf NFTs aufmerksam geworden. Ein immer wiederkehrendes Problem mit Tickets sind unbeabsichtigte Zweitmarkt-Transaktionen. Diese führen nicht nur zu erheblichen Preismanipulationen, sondern verzerren auch ein faires Pricing der Veranstalter und Künstler. Auch der Vertrieb von Tickets wirft Bedenken bezüglich der Nachhaltigkeit und Sicherheit von physischen Tickets auf. Mittlerweile gibt es diverse Ticketingsysteme, die deshalb auf digitale Systeme umgestiegen sind. Aufgrund der angestrebten Personalisierung können für den Nutzer solche Systeme allerdings relativ kompliziert und aufwendig sein. Nicht-fungible Token stellen eine technische Lösung für all diese Probleme dar. NFTs erlauben es dem Veranstalter, den Token so zu programmieren, dass ein Weiterverkauf sogenannte Royalty-Gebühren, oder auch Lizenzgebühren, abwirft. Das bedeutet, dass der Veranstalter weiterhin auch von Zweitmarkttransaktionen profitiert. Außerordentlich hohe Lizenzgebühren, wie z. B. über 50 % des Wiederverkaufspreises, könnten dazu vom Weiterverkauf abschrecken. Ein weiterer Vorteil von NFTs ist, dass sie, wenn richtig programmiert, nicht nur Zugangsmedium zum Event sein können, sondern auch weitere Vorteile wie VIPPrämien oder Vergünstigungen bei Merchandise-Käufen ermöglichen. Der Fakt, dass das NFT über das Event hinaus ohne Ablaufzeit auf ewig bestehen wird und als Collectible erfasst werden kann, ist neben den technischen Aspekten eine weitere erwähnenswerte Besonderheit.
Künstliche Intelligenz und das wachsende Problem des Identitätsbetruges
Zwar gab es Identitätsbetrug bereits lange vor KI, jedoch ist es nicht von der Hand zu weisen, wie stark insbesondere der digitale Identitätsbetrug in den letzten Jahren aufblüht. Die gravierende Regulierungslücke zwischen KI-Technologie, sozialen Medien und existierenden Auflagen für Plattformen, auf denen bzw. durch welche vermehrt Identitätsbetrug stattfindet, ist dafür ausschlaggebend. Fakt ist, dass es einer fälschungssicheren Lösung für dieses Problem bedarf, da die souveräne Identität einer Person argumentativ das höchste persönliche Gut ist. Auch hier können NFTs glänzen; denn ihre fälschungssichere Programmierung in Kombination mit der kompletten Kontrolle in den Händen des Besitzers minimiert die Risiken rund um Identitätsbetrug. Im digitalen Zeitalter können Bürger einfach selbst entscheiden, welche Website, App oder Dienstleistung Zugriff auf die persönlichen Daten erhält und ab wann der Zugriff auf die persönlichen Daten nicht mehr erlaubt ist. Auch der Verifizierungsprozess ist einfacher und sicherer. Wenige Klicks genügen, um sich mit seinem NFT zu verifizieren. Dies gilt sowohl für digitale Anwendungszwecke im Internet als auch vor Ort, z. B. via Scan eines QR-Codes. Es gibt bereits viele Firmen, die proaktiv an einem möglichen Universalmodell arbeiten, um die Identitätssicherheit zu erhöhen und lästige Verifizierungsverfahren samt Papierkram zu eliminieren. Die „Decentralized Identity Foundation“ (DIF) erschließt in Kooperation mit Firmen wie Microsoft und Auth0, aber auch mit Regierungsbehörden verschiedener Nationen, einen universellen Standard für Identitäts-NFTs, so dass Interoperabilität und Sicherheit, aber auch Qualitätsstandards gesichert sind. Je mehr KI in der Lage ist, individuelle Persönlichkeiten vorzutäuschen, sei es in Bild-, Video- oder Textform, desto stärker steigt die Nachfrage nach einer einfachen, sicheren Alternative zum physischen Identitätsdokument.
Die stille Revolution – ein Ausblick
Auch wenn NFTs nicht ansatzweise so sehr im Gespräch sind wie noch zur Hypezeit im Jahr 2021, so sind sie dennoch ein immer wachsender Pfeiler der Transition hin zu einer digitalen, sicheren Zukunft. Besonders in Bereichen, in denen keine zeitnahe digitale Alternative von etwaigen Regierungsbehörden erwartet werden kann, müssen Blockchainfirmen den steigenden Bedarf decken. Projekte rund um Besitz- oder Identitätsnachweise können so innovativ durch die Technologie von NFTs echte Probleme lösen. Immer mehr Firmen, auch in Industrien wie Sport oder Musik, nutzen bereits die Vorteile der Tokens, die vor einigen Jahren noch als kurzlebige Anomalie des Kryptomarktes gesehen wurden. Heute setzen sie neue Standards für digitale Sicherheit. Ein festes Zeitfenster für diese Entwicklung gibt es hierbei nicht. Allerdings lohnt es sich, die Augen vor den stillen Entwicklungen nicht zu verschließen, und gegebenenfalls sogar die Nutzung Blockchain-basierter Nachweisfunktionen für eigene unternehmerische Aktivitäten zu erwägen. Damit NFTs aber auch in der breiten Bevölkerung für die oben genannten Anwendungszwecke Anklang findet, bedarf es einer Senkung der Nutzerbarrieren und einem leicht bedienbaren Ökosystem.

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