Erschließung und Baurecht: Projektentwickler Christoph Straube von der W&L AG über die Optimierung von Genehmigungsverfahren
18.08.2025

Christoph Straube. Foto: W & L AG
Das Genehmigungsverfahren im Bereich der Erschließung und Baurechtsplanung stellt eine der zentralen Hürden für Projektentwickler dar, die über den Erfolg oder Misserfolg eines Vorhabens entscheiden kann. Verzögerungen oder Fehler in diesem Prozess haben nicht nur Auswirkungen auf den zeitlichen Ablauf, sondern auch auf die Budgetierung und den gesamten Erfolg des Projekts. In einer Zeit, in der die Nachfrage nach Immobilien in urbanen Gebieten wächst und gleichzeitig der Druck auf die Ressourcennutzung steigt, ist es für Entwickler von entscheidender Bedeutung, die komplexen Genehmigungsprozesse zu optimieren. Dabei sind eine frühzeitige Klärung von Baurechtsfragen, eine effiziente Planung und enge Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden unerlässlich, um Risiken zu minimieren und wertvolle Zeit zu gewinnen. In diesem Artikel gehen die Experten der W&L AG auf praxisnahe Strategien ein, wie Projektentwickler durch vorausschauende Planung und den Einsatz moderner Technologien Genehmigungsverfahren effizienter gestalten und so langfristig von verkürzten Prozesszeiten und reduzierten Unsicherheiten profitieren können.
Klare Abstimmung mit Behörden: Frühzeitige Kommunikation und verbindliche Stellungnahmen einholen
Ein zentraler Hebel zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren liegt in der proaktiven, strukturierten Kommunikation mit den relevanten Behörden – insbesondere Stadtplanungsämtern, Bauaufsichtsbehörden, Umweltämtern und gegebenenfalls Denkmalschutz- oder
Straßenverkehrsbehörden. Statt auf die formale Einreichung von Unterlagen zu warten, empfiehlt sich eine frühzeitige, informelle Kontaktaufnahme, idealerweise bereits während der Vorplanung. In diesem Stadium können potenzielle Konfliktfelder erkannt, Erwartungshaltungen abgeglichen und erste Einschätzungen zur grundsätzlichen Genehmigungsfähigkeit eingeholt werden.
Besonders wirkungsvoll ist es, in frühen Gesprächen belastbare, wenn möglich schriftliche, Stellungnahmen oder Scoping-Unterlagen zu erhalten. Diese geben Planungssicherheit und verhindern spätere Nachforderungen oder Richtungswechsel im Verfahren. Entwickler, die frühzeitig konsistente Unterlagen mit klarer Argumentation vorlegen und gezielt Fragen stellen, erhalten oft schneller qualifizierte Rückmeldungen und können so Stolpersteine im Genehmigungsprozess rechtzeitig aus dem Weg räumen. Ein weiterer Vorteil: Behörden honorieren strukturiertes Vorgehen häufig mit erhöhter Kooperationsbereitschaft und kürzeren Bearbeitungszeiten. Ein erfahrener Projektsteuerer oder juristischer Berater kann hier wesentlich zur Qualität und Wirkung der Kommunikation beitragen.
Optimierung der Planungsphase: effiziente Genehmigungsplanung
Eine präzise und auf das Genehmigungsverfahren abgestimmte Planungsphase ist entscheidend, um spätere Verzögerungen und Nachbesserungen zu vermeiden. Hierbei geht es nicht allein um architektonische oder technische Qualität, sondern um die gezielte Ausrichtung der Planung auf rechtliche, verfahrensspezifische und formale Anforderungen der Genehmigungsbehörde. Wer zu früh mit nicht genehmigungsfähigen Entwürfen in das Verfahren geht, riskiert nicht nur zeitaufwändige Nachforderungen, sondern auch den Verlust strategisch günstiger Verfahrenszeitfenster – etwa, wenn Sitzungen des Planungsausschusses nur in größeren Abständen stattfinden.
Zentrale Elemente einer effizienten Genehmigungsplanung sind die Einhaltung der Vorgaben aus Bebauungsplänen oder städtebaulichen Verträgen, die Vermeidung offensichtlicher Konflikte (z. B. hinsichtlich Lärm-, Arten- oder Immissionsschutz) sowie die frühzeitige Integration von Fachplanungen wie Erschließung, Entwässerung oder Brandschutz. Bereits in der Entwurfsphase sollten alle notwendigen Gutachten (z. B. Schall-, Artenschutz-, Verkehrs-, Entwässerungsgutachten) initiiert und deren Ergebnisse in die Planung integriert werden. Dabei zahlt sich eine enge Abstimmung zwischen Architekten, Fachplanern, Juristen und Behörden aus – idealerweise moderiert durch einen erfahrenen Projektkoordinator. Ziel ist es, mit der ersten Einreichung ein inhaltlich und formal konsistentes Genehmigungspaket vorzulegen, das in der Prüfung keine fundamentalen Rückfragen aufwirft – denn jeder ungeklärte Aspekt kann das Verfahren unverhältnismäßig verzögern.
Vermeidung typischer Stolpersteine
Viele Genehmigungsverfahren verzögern sich nicht durch komplexe Sachverhalte, sondern durch vermeidbare formale oder kommunikative Fehler. Eine der häufigsten Ursachen ist eine unzureichende oder verspätete Einbindung relevanter Fachbehörden. Wird etwa der Brandschutz erst im Nachgang eingebracht oder das Entwässerungskonzept nicht mit dem zuständigen Tiefbauamt abgestimmt, drohen Nachforderungen, die den Zeitplan kippen lassen. Auch fehlerhafte oder unvollständige Antragsunterlagen – etwa fehlende Unterschriften, veraltete Formulare oder nicht beigefügte Nachweise – führen regelmäßig zu Rückfragen, Fristunterbrechungen oder gar zur Zurückweisung des Antrags.
Ein weiteres Problem liegt in der mangelnden Kenntnis lokaler Standards und ungeschriebener „Spielregeln“. Gerade in komplexeren Verfahren (z. B. bei Vorhaben im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB oder bei Abweichungs- bzw. Befreiungsanträgen) ist es essenziell, die behördliche Erwartungshaltung frühzeitig zu verstehen. Dazu gehört auch das Wissen um den politischen Kontext: Wenn etwa das Einvernehmen einer Gemeinde erforderlich ist, kann ein vorab nicht abgestimmtes Vorhaben auf Widerstand in Ausschüssen oder beim Bürgermeister stoßen – und damit zur Ablehnung oder Verzögerung führen. Wer die informellen Kommunikationswege ignoriert, riskiert also strategische Fehltritte.
Letztlich scheitern Projekte oft auch an internen Schnittstellen: Planungs- und Rechtsabteilungen, Architekten und externe Gutachter arbeiten nicht abgestimmt oder geben Informationen verspätet weiter. Ein zentrales Projektcontrolling mit klarem Zeit- und Dokumentenmanagement, verbindlichen Fristen und regelmäßigem Abgleich mit dem Bauordnungsamt ist daher kein formaler Luxus, sondern operatives Muss für jedes zügige Genehmigungsverfahren.
Rechtliche Absicherung und Haftungsfragen im Genehmigungsverfahren
Die Komplexität bauplanungs- und bauordnungsrechtlicher Vorgaben bringt ein erhebliches rechtliches Haftungspotenzial mit sich – insbesondere bei verzögerten oder versagten Genehmigungen. Projektentwickler tragen die Verantwortung, alle Voraussetzungen für eine genehmigungsfähige Planung zu schaffen. Kommt es im Rahmen des Verfahrens zu Fehlern – etwa durch unvollständige Unterlagen, eine unzureichende Beteiligung von Fachplanern oder versäumte Fristen – kann das nicht nur Zeit kosten, sondern auch zu finanziellen Ansprüchen von Investoren oder Erwerbern führen. Auch planungsrechtliche Widersprüche oder fehlerhafte Auslegungen kommunaler Vorgaben bergen Haftungsrisiken, die im Projektvertrag rechtssicher geregelt sein sollten.
Zur rechtlichen Absicherung empfiehlt es sich, frühzeitig spezialisierte Baurechtsanwälte einzubeziehen – insbesondere bei komplexen Vorhaben mit mehreren Genehmigungsstufen, öffentlich-rechtlichen Verträgen (z. B. städtebauliche Verträge, Erschließungsverträge) oder Abweichungsanträgen. Ein weiteres zentrales Element ist die sorgfältige Dokumentation aller Verfahrensschritte und Abstimmungen mit Behörden. Sie dient im Streitfall als Beweismittel und schützt vor dem Vorwurf der Fahrlässigkeit. Auch bei der Veräußerung von Projekten sollten Genehmigungsrisiken klar offengelegt und durch entsprechende vertragliche Regelungen (z. B. Gewährleistungsausschlüsse oder Freistellungen) abgesichert werden.
Eine vorausschauende Steuerung von Erschließung und Baurecht ist ein zentraler Erfolgsfaktor für jede Projektentwicklung. Wer Genehmigungsprozesse strategisch plant, Behörden frühzeitig einbindet und rechtliche sowie technische Risiken proaktiv adressiert, kann nicht nur Zeit und Kosten sparen, sondern auch die Projektqualität und Marktfähigkeit nachhaltig sichern. Gerade in einem zunehmend komplexen regulatorischen Umfeld entscheidet nicht allein die Idee, sondern vor allem die präzise und abgesicherte Umsetzung darüber, ob ein Projekt wirtschaftlich tragfähig wird. Ein professioneller Umgang mit Baurecht, Erschließung und Behördenkommunikation ist daher längst kein formaler Schritt mehr – sondern ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.

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