BGH: Nachbearbeitungspflichten bei Widerruf oder Beitragsfreistellung

06.04.2022

Jens Reichow Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Parnterschaft mbB

Widerruf des Versicherungsvertrages

Die Ausübung des Widerrufrecht, durch den Versicherungsnehmer gem. § 8 VVG, löste jedoch Ansicht des BGH keine Nachbearbeitungspflichten des Maklerpools aus. Ein Widerruf durch den Versicherungsnehmer stellt keinen Umstand dar, der von dem Maklerpool zu vertreten war. Vielmehr hat der Maklerpool die Entscheidung des Versicherungsnehmers zu respektieren. Insoweit hat die vorherige Entscheidung des OLG Hamburg der Revision standgehalten.

Beitragsfreistellung des Versicherungsvertrages

Anders wurde die Frage der Nachbearbeitungspflicht, in Bezug auf eine Beitragsfreistellung, bewertet. Ein solcher Antrag kann eine Nachbearbeitungspflicht auslösen.

Einem Antrag auf Beitragsfreistellung liegen regelmäßig geänderte wirtschaftliche Verhältnisse des Versicherungsnehmers zugrunde, infolgedessen er von der Prämienzahlung Abstand nehmen möchte. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherungsnehmers liegen zwar grundsätzlich nicht in dem Risikobereich des Unternehmens. Allerdings bewerte dies der BGH im Fall eines Antrages auf Beitragsfreistellung, mit Blick auf die Interessen des Vermittlers anders. In einem solchen Fall zählen Bemühungen um die Weiterführung des Vertrages zum verantwortenden Pflichtenprogramm des Maklerpools.

Der Inhalt des Telefonats, welches nach schriftlichem Antrag stattgefunden hat, konnte nicht mehr festgestellt werden. Damit konnte aber auch nicht mehr festgestellt werden, dass es einer Nachbearbeitung nicht mehr bedurfte oder dass diese von vornherein aussichtslos war.

Folglich entschied der BGH, dass der Maklerpool nicht berechtigt gewesen ist, unverdiente Courtagevorschüsse für den beitragsfrei gestellten Versicherungsvertrag zurückzufordern.

Fazit

Gerade in Bezug auf die Frage, ob der Widerruf eines Vertrages eine Nachbearbeitungspflicht auslöst bestand bisher gerichtliche Uneinigkeit. So hat beispielsweise das OLG München bisher eine Nachbearbeitungspflicht bejaht (vgl. OLG München: Nachbearbeitungspflicht bei Widerruf des Versicherungsvertrages). Anders hat dies z.B. das OLG Zweibrücken bewertet (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 24.05.2011 (Az.: 8 U 158/08)). Mit dieser Entscheidung des BGH gibt es allerdings eine neue höchstrichterliche Leitlinie, nach welcher bei einem Widerruf keine Nachbearbeitungspflicht entsteht.

Kolumne von Rechtsanwalt Jens Reichow Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Parnterschaft mbB